Helgoländer Feuerstein

Helgoländer Feuerstein

Helgoländer Feuerstein ist eine variantenreiche Form eines roten Feuersteins, der an der Düne von Helgoland gefunden wird. Helgoländer Feuerstein ist selten, feinkörnig und wenig durchscheinend. Die meisten Stücke sind faustgroß. Kleine oder sehr große Stücke sind selten.

Inhaltsverzeichnis

Farbe

Die Farbpalette reicht von burgunderrot über fleisch- und violettrot bis rosa. Im Allgemeinen ist der Farbton einheitlich. In einigen Fällen ist der Feuerstein unter der Rinde der Feuersteinknolle braun bis orangebraun. Derart gefärbte Kreise, Linien oder Punkte unter der dünnen, milchweißen Rinde sind für viele Stücke signifikant. In manchen Stücken findet man meist grobkörnige Einschlüsse, die völlig weiß oder braun bis orangebraun sind. Farb- und Strukturunterschiede zwischen dem Inneren und dem Äußern sind auch bei anderen Varietäten zu finden.

Maserung

Polierter roter Feuerstein von Helgoland

Das Merkmal der Helgoländer Feuersteine ist der braunrote Kern, der von einem schwarzen Hof umgeben ist, um den sich eine weiße Rinde legt. Diese schwarz-weiß-rote Zonierung ist jedoch variabel. Zugunsten des roten Kerns kann der schwarze Hof zurücktreten oder völlig ausfallen. Andererseits finden sich Stücke, in denen der rote Kern so klein ist, dass der Feuerstein fast nur aus dem schwarzem Hof und der hellen Rinde besteht.

Beim schwarzen Hof handelt es sich um sekundäre Einflüsse. In Friesland sind von verschiedenen Stellen Feuersteinwerkzeuge mit "schwarzem Hof" bekannt. In der Archäologie ist das Kennzeichen unter dem Namen "Unterwasserpatina" bekannt.

Andere Vorkommen

Es gibt auch in Friesland und Norddeutschland roten Feuerstein. Fast immer handelt es sich dabei jedoch um eine Patinierung durch Eisen oder eine beschränkte Verbrennung, die vor der Dehydration stattfand. In solchen Fällen kann die Ähnlichkeit mit Helgoländer Flint täuschen, denn die Patinierung ist niemals einheitlich. Eine Verbrennung verursacht oft Risse und so genannte „Potlids“, die eine Erkennung ermöglichen.

Geologie

Das Auftreten von rotem Helgoländer Feuerstein ist an die Umgebung der einst größeren Insel gebunden. Seeigel-Steinkerne (Echiniden) aus dem braunroten Feuerstein ermöglichten die biostratigrafische Einstufung vom Mittel-Turonium bis ins Ober-Turonium. Diese Einordnung wird durch Coccolithen (Kalkalgen-Funde) beglaubigt.

Die potentiellen Feuersteinschichten in den Oberkreide-Schichten Helgolands haben eine Mächtigkeit von etwa 250 m. Die oberflächennahe Lagerung der Schichten lässt sich durch den Aufstieg des von Buntsandstein-, Kreide- und Muschelkalkschichten überlagerten, Zechstein-Salzes im Tertiär erklären. Damals wölbte das Salz die darüber liegenden Schichten auf. Buntsandstein (Mittlerer Buntsandstein) bildet die Hauptinsel, während die Düne und das Gebiet nordöstlich davon aus Kreide- und Muschelkalkschichten bestehen. Der Name „Witte Klippe“ deutet an, dass es noch in historischer Zeit Kreidefelsen gab.

Archäologisch interessant ist, ob helgoländer Material im Glazial transportiert worden ist. Ein Auftreten von Helgoländer Buntsandstein in den nördlichen Niederlanden würde ein Hinweis darauf sein. Buntsandstein wird hier aber nicht gefunden, womit ein Vorkommen von Helgoländer Flint im Norden der Niederlande letztlich ausschließen ist. Belege dafür findet man auch in der Archäologie. In paläo- und mesolithischem Kontext sind Gerätschaften aus Helgoländer Feuerstein bisher unbekannt, obwohl die untersuchte Materialmenge beträchtlich war. Wäre der rote Feuerstein von hier, dann hätten nicht nur die Menschen des Neolithikums und der Bronzezeit das Material verwendet.

Die meisten Gegenstände aus rotem Feuerstein sind größere Objekte, wie Beile, Dolche und Sicheln. Wäre das Material an Land zu finden, wäre es lokal verarbeitet worden und es würden sich zumeist kleinere Werkzeuge finden. Glazial transportierter Feuerstein ist überdies oft von schlechter Qualität und eignet sich kaum zum Anfertigen größerer Gegenstände.

Der Depotfund von Een

Seit 1940 ist das Provinzialmuseum der Drenthe (Niederlande) im Besitz eines Depotfundes aus Een, Gemeinde Norg (1940/X 1a-t). Er besteht aus vier Feuersteinknollen, einer roh bearbeiteten Beilplanke und zwei großen Beilen. Die Beilplanke führte zur Entdeckung, dass Helgoland bei der Ausfuhr von Feuerstein in die umliegende Küstenregionen eine Rolle spielte, obwohl auf Helgoland nichts an eine Feuersteingewinnung erinnert. 1983 zeigte F. Schmid (Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung) bei einem Vortrag in Brighton (England) eine rote Feuersteinart auf, die nur auf Helgoland gefunden wird. Es wurde schnell klar, dass dies jene Spielart war, aus der die Beilplanke von Een besteht. Bei der systematischen Inventur des roten Feuersteins wurden in den Niederlanden von 24 Fundorten 31 Stücke registriert. Davon stammen 26 aus der Provinz Drenthe. Aufgrund der Lage ist klar, dass in Deutschland und Dänemark mehr Funde zu erwarten sind. Da bis 1988 eine systematische Erfassung aber noch nicht vorgenommen waren nur 14 Stücke registriert.

Datierung

Ein Teil der Funde ist aufgrund technischer und typologischer Merkmale zu datieren. Es liegen ausreichende Hinweise auf den Zeitraum vor, in dem die Verwendung von Helgoländer Feuerstein stattfand. Er ist von der mittelneolithischen bis in die späte Bronzezeit vielleicht sogar bis in die frühe Eisenzeit exportiert worden. Der Schwerpunkt liegt während der mittelneolithischen Periode der Trichterbecherkultur (3500-2800 v. Chr.).

Deutschland

Die deutschen Funde sind gut zu datieren. Einige stammen aus der späten Bronz- oder der früheren Eisenzeit. E. Lomborg gibt für Dolche vom Typus I eine Datierung in die späte Glockenbecherkultur an, für Typus II eine Datierung in die anschließende Periode. Bei Dolchen kommen vor allem die frühen Typen vor. Ein Fund fällt ins späte Neolithikum oder in die frühe Bronzezeit. Mehrere Funde gehören wahrscheinlich in die Zeit der Einzelgrabkultur und einer in die Trichterbecherkultur. Ein Fund ist ans Ende der Kupfersteinzeit zu datieren. Einige Funde sind aufgrund des Zusammenhanges mit spätneolithischem Material vom selben Ort einzuordnen. Zwei Funde wurden zusammen mit Material aus dem Neolithikum und der frühen Bronzezeit gefunden.

Niederlande

Einige Funde sind grob der Trichterbecherkultur und der Einzelgrabkultur zuzuordnen. Eine bessere Datierung gibt es für die Beilplanke aus Een. Aufgrund der Beile des Depotfundes gibt O. H. Harsema eine Datierung in die Trichterbecherkultur an; entweder in die letzte frühneolithische Stufe (C) oder in die älteste mittelneolithische Stufe (I), also etwa 3500 v. Chr. Dass ein Beil in einer Megalithanlage der Trichterbecherkultur gefunden wurde, lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass der Fund zur Trichterbecherkultur gehört. Ein Fund ist typisch für die Einzelgrabkultur, weitere Funde können zur Glockenbecherkultur gehören.

Verbreitung

Die Verbreitung der Funde aus rotem Helgoländer Flint wird noch völlig von der Intensität der einzigen erfolgten Erfassung bestimmt. Das Resultat ist eine Scheindichte in der Drenthe. Merkwürdig ist zunächst, dass Querbeile, egal welcher Feuersteinsorte, in der Drenthe nicht gefunden werden. Die Verbreitung innerhalb der Drenthe beschränkt sich zum größten Teil auf den Osten (Hondsrug) und Norden. Eine Erklärung dafür ist, dass die Besiedlung während des Neolithikums und in der Bronzezeit auf den Osten und Norden der Provinz konzentriert war.

Transport

Eine Rekonstruktion der Gewinnung ist schwierig, da der größte Teil Helgolands im Meer versunken ist. Die Insel soll ziemlich bergig gewesen sein, mit einer Länge von etwa acht und einer Breite von fünf Kilometern (heute nur noch 1,7 km²). Der östliche Teil war ein Kalkplateau. Im Jahre 1640 hatte dieses Plateau noch eine Größe von 10 ha. F. Schmid glaubt dass Helgoland noch vor 2500 v. Chr. mit dem Festland verbunden war. Erst 500 Jahre später sei die Verbindung durch den Meeresanstieg abgerissen. Von der ursprünglichen Verbindung zum Festland blieben Inseln übrig. Diese Inseln dürften hoch gelegene Stellen des Südstrander Rückens, deren Reste im "Steingrund", in der „Loreley-Bank" und bei „Oldensworth“ bei Eiderstedt erkennbar sind, gewesen sein,

Die Meinungen über den Zeitpunkt, wann Helgoland zur Insel wurde, gehen allerdings auseinander. C. Ahrens nimmt an, dass die Verbindung schon vor 6000 Jahren abriss. Er glaubt dass sich die Geschwindigkeit der Flandrischen Transgression zu diesem Zeitpunkt verringerte. Eine Verminderung der Geschwindigkeit seit dem späten Atlantikum - von manchen Autoren sogar als geringfügige Regression gedeutet - lässt es möglich erscheinen, dass eine Inselkette bis an die Zeitenwende dem Angriff des Meeres Widerstand geleistet hat. Während der jüngeren Steinzeit bestand jedoch keine Landverbindung mit dem Festland. Vielleicht kann die von O. Pratje bei etwa -10 m NN festgestellte Abrasionsterrasse um Helgoland mit dieser Angelegenheit in Beziehung gebracht werden.

Die Frage, wann Helgoland zur Insel wurde, ist für die Rekonstruktion des Transportes wichtig. Zunächst kann das Material über die Landzunge in Richtung Eiderstedt transportiert worden sein, Später war der Transport über das Meer aber unvermeidlich. Nach C. Ahrens war der Transport nach Eiderstedt bereits im Neolithikum nur entlang einer Inselkette möglich. Wenn ein Transport übers Meer erfolgte, so ist er in alle Richtungen möglich.

Die Besiedlung Helgolands

Helgoland war für die Träger von Ackerbaukulturen kein besonders attraktiver Lebensraum, daher war die Insel kaum permanent besiedelt. Aus dem Neolithikum sind jedoch sowohl aus der älteren und jüngeren Phase der Trichterbecherkultur als auch aus der Zeit der Einzelgrabkultur Funde bekannt. Mit Blick auf eine kleine Felsgesteinaxt der Einzelgrabkultur sagte C. Ahrens: „Bemerkenswert ist dabei, dass derartige Äxte in Schleswig-Holstein relativ selten sind, jedoch im niedersächsisch-holländischen Gebiet eine geradezu dominierende Rolle zu spielen scheinen. Es ist daher mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die Einzelgrabkultur Helgolands mehr nach Süden, nach Niedersachsen, orientiert ist als nach Schleswig-Holstein."

Eine bronzezeitliche Anwesenheit von Menschen auf Helgoland ist nicht nur durch Funde, sondern auch durch mehrere große Grabhügel belegt. Obwohl die Hügel verschwunden sind, konnten drei mit Sicherheit als bronzezeitlich nachgewiesen werden. Von den anderen ist die gleiche Zeitstellung anzunehmen. C. Ahrens vermutete aufgrund einiger Funde aus der älteren Bronzezeit und der Grabhügel, dass Helgoland in der älteren Bronzezeit eine bedeutende Rolle spielte. Durch Funde aus Schleswig-Holstein ist auch belegt, dass Helgoland bei der "Lieferung" von Kupfer (und Bronze) in der frühen Bronzezeit eine Rolle spielte. In Zusammenhang mit einer kultischen Bedeutung der Felseninsel könnte das Vorkommen großer Grabhügel erklärt werden.

Literatur

  • Jaap E. Beuker: Die Verwendung von Helgoländer Flint in der Stein- und Bronzezeit. In: Die Kunde NF 39 Hannover 1988
  • F. Schmidt & C. Späth: Feuerstein-Typen der Oberkreide Helgolands, ihr stratigraphisches Auftreten und ihr Vergleich mit anderen Vorkommen in N.-W. Deutschland. In Staringia 6 S. 35-39 1979

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