Einzelgrabkultur

Einzelgrabkultur

Die Einzelgrabkultur (Kürzel EGK) gehört zu den schnurkeramischen Gruppen des Neolithikums und dauerte von etwa 2800 bis 2300  v. Chr. Schnurkeramik und Einzelgrabkultur sind Kulturen des Endneolithikums und werden wegen ihrer ähnlichen Merkmale auch als Streitaxt-Kulturen zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitungsgebiet

Hauptverbreitungsgebiete der EGK sind neben Polen und dem Baltikum, Südskandinavien und die Nordhälfte Deutschlands.

Chronologisch kulturelle Einbindung

Im südlichen Bereich gehört die EGK zu der Übergangsphase zwischen dem späten Neolithikum und der frühen Bronzezeit, dem Endneolithikum. Im Norden geht sie in das Spätneolithikum (SN) über. Sie folgt auf die nördliche Gruppe der Trichterbecherkultur (TRB) (etwa von 4200 bis 2800 v. Chr.).

Die EGK tritt zeitgleich mit der älteren Saaleschnurkeramik der Schönfelder Nordgruppe und der Glockenbecherkultur (GBK) (2500 bis 2000 v. Chr.) auf. Dabei wird sie von örtlich angrenzenden Kulturen beeinflusst. Becherformen mit einem Hängebauch weisen auf den Zapfenbecher der Aunjetitzer Kultur (AK) hin. Gedrungene Becher, Linienbündelverzierungen und Fischgrätenmuster lassen auf Einflüsse der Glockenbecherkultur schließen.

Im Nordosten schließen sich mit der Oderschnurkeramik im Odermündungsgebiet und der Bootaxtkultur im südlichen Schweden weitere schnurkeramische Gruppen an.

Forschungsgeschichte

Benennung

Der Name Einzelgrabkultur wurde 1892 von Johanna Mestorf eingeführt. In ihm wird die Abgrenzung der EGK, mit ihren Einzelbestattungen in oder unter Grabhügeln, von der vorhergehenden Trichterbecherkultur (TRB) mit ihren Kollektivbestattungen in Megalithgräbern deutlich.

Gliederung

Für den Jütländischen Bereich erfolgt eine Gliederung in drei Phasen, Untergrab- Bodengrab- und Obergrabzeit. In der ersten Phase sind die Gräber eingetieft, in der zweiten ebenerdig und in der dritten über Bodenniveau angelegt. Durch regelmäßige Nachbestattungen in den Hügeln sind horizontalstratigrafische Aussagen möglich. Den einzelnen Phasen sind bestimmte Typen von Streitäxten zugeordnet. Ihre Gliederung in zwölf Typen durch den späteren dänischen Rigsantikivar P. V. Glob im Jahre 1944 wird auf den gesamten Bereich der Schnurkeramik angewandt.

Wirtschaftsweise

Bei den Vertretern der Einzelgrabkultur handelt es sich um Bauernkulturen, die von Ackerbau und Viehzucht bestimmt sind. Es wurden vorwiegend Emmer, Einkorn und Gerste angebaut.

In einem Becher der ältesten Einzelgrabkultur aus einem geschleiften Hügel von Refshojgard in Ostjütland ist eine unverkohlt erhalten gebliebene Kruste mittels Pollenanalyse, konventioneller Mikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie untersucht worden. Die identifizierten Stärkekörner weisen auf Bier hin. Da in der frühen EGK dominierend Gerste angebaut wurde, ergibt sich somit, dass das Trinkgefäß aller Wahrscheinlichkeit nach ein aus Gerste gebrautes Bier enthalten haben dürfte. Das Analyseresultat deutet darauf hin, dass dem Bier kein Honig bzw. Met beigemischt war.[1]

Materielle Kultur

Keramik:

  • Geschweifte Becher meist gleichmäßig schnurverzierter oder rillenverzierter Hals
  • Wulstleistentöpfe
  • Riesenbecher
  • Amphoren
  • Näpfe

Streitäxte:

  • Klassische A Axt Typen A1 und A2, herabgezogener Nacken
  • Degenerierte A Äxte Typen A3 und A4
  • C Äxte
  • G Äxte
  • H Äxte
  • K Äxte
  • Facettenäxte
  • Zapfenkeile

Feuersteingeräte:

  • Pfeilspitzen
  • Feuersteinbeile

Grab und Bestattungssitten

Fast nur Einzelbestattungen, ganz im Gegensatz zur vorausgehenden Trichterbecherkultur. Es kommen Körper- und seltener Brandbestattungen vor. Am häufigsten für das norddeutsche Gebiet ist das in die Erde eingetiefte von einem flachen Hügel überwölbte Grab, daneben auch hügellose Flachgräber. K. W. Struve (Die Einzelgrabkultur in Schleswig-Holstein) stützt sich für seine Chronologie auf eine Einteilung der Gräber in Untergrabzeit, Bodengrabzeit und Obergrabzeit. Er geht davon aus, dass die Gräber im Laufe der EGK immer weiter oben (bezogen auf das Bodenniveau) angelegt wurden.

Es kommen oft seitliche Hocker und selten Gestrecktbestattungen vor. Die vorherrschende Grabausrichtung ist Ost-West. Meist Becher als Beigabe und Amphoren sowie fast immer eine Steinaxt.

Bestattungen in Baumsärgen? - Wahlitz Kreis Burg

Literatur

Für die EGK liegen keine das Gesamtgebiet umfassenden Bearbeitungen vor, sondern lediglich regionale Studien:

Dänemark:

Erste Herausarbeitung der Kulturerscheinung in Jütland durch

  • Sophus Müller (1898).

Spätere Bearbeitung durch

für den inseldänischen Bereich durch

  • C. J. Becker (1936)

Schleswig-Holstein:

Erste Bearbeitung und Benennung der Kultur durch

  • Johanna Mestorf: Aus dem Steinalter. Gräber ohne Steinkammer unter Bodenniveau. in: Mitteilungen des Anthropol. Vereins in Schleswig-Holstein. Lipsius & Tischer, Kiel 1892, 9-24. ISSN 0179-9703

Umfassende Darstellung mit überregionaler Bedeutung durch

  • K. W. Struve: Die Einzelgrabkultur in Schleswig-Holstein und ihre kontinentalen Beziehungen. K. Wachholtz, Neumünster 1955.

Mecklenburg:

  • Jörn Jacobs: Die Einzelgrabkultur in Mecklenburg-Vorpommern. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns. Schwerin 24.1991. ISSN 0138-4279

Mittelelbegebiet:

  • 1905/10 wissenschaftliche Auswertung p. Kupkas.
  • 1920er Ausgrabungen Ende der 20er durch H. Lies in Gerwisch Kreis Burg
  • 1949 Untersuchungen der Gräber auf dem Taubenberg bei Wahlitz Kreis Burg

Einzelnachweise

  1. Klassen, L.: "Zur Bedeutung von Getreide in der Einzelgrabkultur Jütlands". In: Umwelt-Wirtschaft-Siedlungen im dritten vorchristlichen Jahrtausend Mitteleuropas und Skandinaviens. Offa Bücher N. F. 84, Neumünster 2008, S. 49-65.

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