Megalith

Megalith
Der Spellenstein in Rentrisch/St. Ingbert
Menhir in den Cevennen
Megalithreihen bei Carnac, Bretagne, Frankreich
Steinkreis der Merry Maidens in Cornwall
Der Menhir von St. Uzec in der Bretagne wurde durch das Anbringen verschiedener Symbole christianisiert
Verbreitungskarte
Konstruktion der Megalithbauten
Einer der größten jemals von Menschenhand bewegte Stein: Der eherne Reiter (1768-1769)

Als Megalith (von griechisch μέγας (mégas) „groß“ und λίϑος (líthos) „Stein“) bezeichnet man einen großen, oft unbehauenen Steinblock, der als Baustein für Grab- und Kultanlagen benutzt oder als Monolith aufgerichtet und in Steinsetzungen positioniert wurde. Die west- und nordeuropäischen Megalithbauten wurden alle in der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit errichtet.

Die verschiedenen Megalithbauwerke Europas lassen nicht auf eine gemeinsame Kultur schließen (siehe Megalithkultur). Die Ausstattung dieser Gräber gehört keiner einheitlichen Kultur an, die durch Keramik oder andere Artefakte definiert ist, und auch die Unterklassen der Megalithen, wie Dolmen, Ganggräber (dolmens á galerie) oder Steinkisten, zeigen keine solche an [1].

Inhaltsverzeichnis

Definition

Als megalithisch wurden in Nord- und Westeuropa ursprünglich Megalithgräber (Dolmen) und aufrecht stehende Steine bezeichnet, die entweder als Menhir oder Monolith einzeln stehen konnten oder Steinkreise (Cromlechs) bildeten.[2]

Bereits 1867 einigte man sich im 2. Congrès International d'Anthropologie et d'Archéologie Préhistoriques darauf, nur Monumente aus nahezu unbehauenen Steinen als Megalithen zu bezeichnen, also beispielsweise nicht die ägyptischen Obelisken, die maltesischen Tempel oder die Pariser „Halle aux blés“. Die Mauern von Tyrins wurden als zyklopisch, nicht megalithisch bezeichnet.[2] Diese Definition würde allerdings zum Beispiel die Trilithen von Stonehenge ausschließen, die bearbeitet sind. Glyn Daniel folgend, bezeichnet man inzwischen nur neolithische Bauwerke aus großen Steinen als Megalithen, denn sonst wären, wie Daniel bemerkt, auch einige walisische Schweineställe als megalithisch zu bezeichnen.

Gordon Childe[2] schlug 1946 vor, weitere Bauten einzuschließen:

  • Gräber, die aus kleineren Steinen gebaut sind und ein Dach aus Kraggewölbe haben
  • Felsgräber
  • kollektive Steinkisten, wie die Steinkisten von Attika und Antiparos
  • geschlossene Steinkisten für Einzelbestattungen werden dagegen nicht eingeschlossen, auch wenn sie aus großen Steinen bestehen wie einige Dolmen in Nordafrika und Palästina.
  • Eingangssteine mit Seelenloch (Porthole slabs) sind zulässige Anzeichen megalithischer Architektur.
  • Megaxyle Architektur wird nicht als megalithisch klassifiziert ("Timber architecture was translated into stone - in England, Etruria, India - and such translation need not imply a megalithic complex.")
  • Steinkreise können Teil einer megalithischen Bestattung sein oder unabhängig davon existieren.

Für Childe sind nur Kollektivbestattungen als megalithisch zu klassifizieren.[2]

Megalithbauweisen

Die Forschung hat bei den Megalithanlagen zahlreiche Bauformen unterschieden, die man nach differenzierenden Kriterien verschiedenen Typen zuordnete. Denkmäler mit vergleichbaren Strukturen sind weltweit bekannt. Sie können aus allen Epochen der letzten Jahrtausende vor der Zeitenwende stammen, und sind nicht miteinander verwandt. In Europa bestehen zwischen den langlebigen und oft umgebauten megalithischen und verwandten Stätten (Holzkreise etc.) vielfältige Beziehungen, innerhalb derer man meist vergeblich nach einem Schema der Abhängigkeiten, der Chronologie und der geographischen Verbreitung sucht; dies ist nur auf regionaler Ebene möglich. Die Frage, ob die verschiedenen regionalen Typen voneinander unabhängige Ursprünge oder eine gemeinsame Wurzel haben, ist noch offen. In Europa sind verschiedene Bauweisen bekannt, bei denen (zumindest teilweise) Megalithen eingesetzt wurden:

In Europa sind in einigen Regionen auch Megalithen einzeln (dann Monolithe oder Menhire genannt) oder mit anderen Megalithen in Steinsetzungen aufgestellt, also nicht in Bauwerken verarbeitet worden:

Die Schalensteine („Teufelssteine“) des Alpenraums zählen nicht zu den Megalithen, da sie von Menschenhand weder transportiert noch aufgerichtet wurden. Aus der Eisenzeit oder dem Frühmittelalter stammende „Menhire“ wie Oghamsteine, Piktischer Symbolstein, Runensteine, Gotländische Bildsteine, Bautasteine, schwedische Schiffssetzungen, Maskensteine, Cross Slabs und die eisenzeitlichen kannelierten Menhire der Bretagne sind nicht zu den Megalithen zu rechnen.

Herkunft des Baumaterials

Die Steine der nordeuropäischen Megalithen stammen von den Ablagerungen der Eiszeit (erratische Blöcke), (Granite, Gneise und andere Gesteine). Viele der übrigen Megalithen wurden aus relativ weichen Sedimentgesteinen gebrochen.

Vorkommen in Mitteleuropa

Der Bau mit Megalithen erfolgte in Europa etwa zwischen 4500 (Bretagne) und 800 v. Chr., als die letzten auf Sardinien verbaut wurden.

Über 900 Megalithbauten liegen in Deutschland in den drei großen Küstenländern, sowie in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, einige wenige im südlichen Baden-Württemberg. 53 Anlagen sind in den Niederlanden erhalten und drei von nur fünf Megalithanlagen bei Wéris. Die Zahlen für Polen sind nicht verlässlich bzw. in den deutschen Vorkriegszahlen enthalten. Dänemark hat noch über 2000 von einst etwa 5000 und Schweden mehr als 450 (von etwa 650). Größere Megalithenanlagen in der Schweiz finden sich in Bonvillars, Clendy, Falera, Lutry und Sion. Die Menhire finden sich primär in Süd- und Westeuropa; in Deutschland zwischen dem Saarland und Thüringen.

Viele Megalithanlagen wurden seit der Industrialisierung zerstört. Megalithen fielen Flurbereinigungen, landschaftlichen Projekten oder dem Kirchen- und Hafenbau zum Opfer. In Norddeutschland wurden sie zum Deichbau und – zerkleinert – als Straßenpflaster verwendet.

Osteuropa

In Lopaičiai, nicht weit von Rietavas in Niederlitauen gibt es einzelne Großsteingräber, die auf die Schamaiten zurückgeführt werden.

Vorkommen außerhalb Europas

Megalithen finden sich in der Türkei, in Südrussland, Georgien, Nordafrika, Madagaskar, Indien, Korea, Palästina, Syrien, Indonesien und Indochina, ohne dass eine genetische Verbindung zwischen den Standorten besteht.

Zur Verbreitung siehe auch: Megalithkultur.

Deutung

Oft weiß man nicht genau, welchem Zweck Megalithbauten dienten und warum sie errichtet wurden. Mit der Christianisierung entstanden Legenden über das Entstehen von Megalithen durch Teufels Hand. Einige tragen den Teufel im Namen (Teufelssteine, Devils Arrows, Devils Circles etc.).

Im 18. und 19. Jahrhundert interessierte man sich wieder für die Megalithanlagen. Damals glaubten viele, die Bauwerke seien auf die Druiden der Kelten zurückzuführen, wie etwa der englische Antiquar William Stukeley.

Etymologie der Bezeichnung „Hinkelstein“: Die Größe der Steine verleitete die Menschen früher dazu, an Hünen (Riesen) zu glauben, welche die Steine transportiert haben mussten. Durch einen Verständnisfehler kam es dann von „Hünenstein“ zu „Hühnerstein“, und da im südwestdeutschen Raum anstelle des Wortes Huhn das Dialektwort „Hinkel“ gebraucht wird, kam es so zu dem Wort „Hinkelstein“.

Nichtmegalithische Traditionen in Europa

Megalithanlagen konnten nur dort entstehen, wo Steine mit den Mitteln der jeweiligen Zeit zu bearbeiten waren. Im Gebiet der Trichterbecherkultur (TBK) waren das im Wesentlichen die erratischen Blöcke der Eiszeit, die nur zu transportieren oder ggf. zu spalten waren. Wo Findlinge nicht in ausreichender Menge und Größe vorhanden waren, entstanden andere Bauten, z. B. im Bereich der südlichen TBK die Totenhütten und die Kammeranlagen in der Mittelgebirgszone (südlich des Mittellandkanals) in Deutschland, im Wesentlichen zwischen Weser und Saale.

Siehe auch

Literatur

  • Karl W. Beinhauer u. a. (Hrsg.): Studien zur Megalithik. Forschungsstand und ethnoarchäologische Perspektiven. Reiss-Museum Weissbach, Mannheim 1999, ISBN 3-930036-36-3.
  • Julian Cope: The Modern Antiquarian. The Pre-Millennial Odyssey Through Megalithic Britain. Harper-Collins, London 1998, ISBN 0-7225-3599-6 (Reiseführer zu Megalithanlagen in Großbritannien)
  • Julian Cope: The Megalithic European. The 21st Century Traveller In Prehistoric Europe. Harper-Collins, London 2004, ISBN 0-00-713802-4 (Reiseführer zu Megalithanlagen in „Resteuropa“)
  • Deutsches Archäologisches Institut: Probleme der Megalithgräberforschung. Vorträge zum 100. Geburtstag von Vera Leisner. Verlag de Gruyter, Berlin 1990, ISBN 3-11-011966-8.
  • John D. Evans u. a. (Hrsg.): Antiquity and Man. Essays in honour of David Glyn. Thames & Hudson, London 1981, ISBN 0-500-05040-6.
  • Mamoun Fansa: Großsteingräber zwischen Weser und Ems. Verlag Isensee, Oldenburg 2000, ISBN 3-89598-741-7.
  • Joachim von Freeden: Malta und die Baukunst seiner Megalith-Tempel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-11012-9.
  • Glyn Daniel Glyn: The megalith builders. Greenwood Press, Westport, Conn. 1985, ISBN 0-313-24836-2.
  • Evert van Ginkel u. a.: Hunebedden. Monumenten van een Steentijdcultuur. Uitgeverij Uniepers, Abcoude 1999 (die Megalithgräber in den Niederlanden)
  • Johannes Groht: Tempel der Ahnen. Megalithbauten in Norddeutschland. AT-Verlag, Baden 2005, ISBN 3-03800-226-7.
  • Roger Joussaume: Dolmen for the dead. Megalith building through the world. (Des dolmens pour les morts.) Batsford Books, London 1989, ISBN 0-7134-5369-9.
  • Raiko Krauß: Die frühgeschichtlichen Megalithgräber Tunesiens. Zeitschrift für Archäologie. Außereuropäische Kulturen 2, 2007, S. 163-181.
  • Raiko Krauß: Wie alt sind die nordafrikanischen Megalithen? In: H.-J. Beier, E. Classen, Th. Doppler, B. Ramminger (Hrsg.): Neolithische Monumente und neolithische Gesellschaften. Varia neolithica VI. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 56, Langenweißbach 2009, S. 153-159.
  • Johannes Müller: Zur absolutchronologischen Datierung der europäischen Megalithen. In: Barbara Fritsch (Hrsg.): Tradition und Innovation. Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft; Festschrift Christian Strahm. Verlag Marie Leidorf, Rahden 1998, ISBN 3-89646-383-7, S. 63–105.
  • Michael Schmidt: Die alten Steine. Reisen zur Megalithkultur in Mitteleuropa. Hinstorff Verlag, Rostock 1998, ISBN 3-356-00796-3.
  • Ernst Sprockhoff: Atlas der Megalithgräber. Teile 1–3, Rudolf Habelt Verlag, Bonn, 1966–1975
  • Ernst Sprockhoff: Die nordische Megalithkultur. Handbuch der Urgeschichte Deutschlands Band 3, W. de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig 1938
  • Sibylle von Reden: Die Megalithkulturen. Zeugnisse einer verschollenen Urreligion. DuMont, Köln 1989, ISBN 3-7701-1055-2.
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultstätten der Steinzeit. Band 36 der Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.
  • Detert Zylmann: Das Rätsel der Menhire. Probst-Verlag, Mainz 2003, ISBN 3-936326-07-X.
  • Michael Balfour: Megalithic Mysteries. An Illustrated Guide to Europe's Ancient Sites. Dragon's World, Limpsfield 1992, ISBN 1-85028-163-7.

Weblinks

 Commons: Dolmen – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Quellen

  1. „No single 'culture' as defined by types of pottery and other artifacts is represented by the furniture of these tombs in general, nor yet by that of the more widely distributed subclasses thereof-simple dolmens, passage graves (dolmens á galerie), and cists.“ V. Gordon Childe, The Distribution of Megalithic Cultures, and their Influence on Ancient and Modern Civilizations. Man 46, 1946, 97
  2. a b c d V. Gordon Childe, The Distribution of Megalithic Cultures, and their Influence on Ancient and Modern Civilizations. Man 46, 1946, 97

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