Jahangir-Mausoleum

Jahangir-Mausoleum
Jahangir-Mausoleum, Lahore (Pakistan). Der breite Grabbau mit seinen vier Eckminaretten liegt im Zentrum einer großen Gartenanlage im persischen Stil (Char-Bagh).

Das Grabmal für den 4. Mogulherrscher Nuruddin Shah Jahangir Padshah Ghazi (reg. 1605-1627) ist eins der flächenmäßig größten Mausoleen der Mogulzeit.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Mausoleum liegt nahe der Stadt Lahore (Pakistan) in einer ausgedehnten Parkanlage (Shahdara Bagh) im persischen Stil (Char-Bagh). Unweit des Jahangir-Mausoleums erhebt sich der − ebenfalls nur eingeschossige − Grabbau für seine Hauptfrau Nur Jahan. Angeblich waren beide Mausoleen durch einen unterirdischen Tunnel miteinander verbunden.

Geschichte

Der Bau wurde in den Jahren 1627 bis 1637 von seiner Witwe Nur Jahan und seinem Sohn und Nachfolger Shah Jahan erbaut. Die Bausubstanz ist permanent durch Erdbeben und Hochwasser des nahegelegenen Flusses Ravi gefährdet und wurde bereits mehrfach restauriert.

Park und Moschee

Vor dem Eingangsportal zum eigentlichen Mausoleumsbezirk liegt ein großes, quadratisches und von unzähligen Arkadenbögen gesäumtes Geviert, an dessen Westseite eine Moschee mit großem Mittelportal und zwei kleineren Seitenportalen steht; in dieser konnten die Gläubigen bei ihren üblicherweise länger dauernden Besuchen ihre − vom Koran vorgeschriebenen − Gebete verrichten.

Architektur

In ihrem Kern bestehen alle Bauten des Jahangir-Mausoleums aus vor Ort gebrannten und vermauerten Ziegelsteinen. Sichtbar sind jedoch nur die Verkleidungen aus roten Sandstein- und weißen Marmorplatten, die über eine Entfernung von ca. 700 km aus Rajasthan herbeitransportiert werden mussten.

Torbau

Jahangir-Mausoleum, Torbau

Der Torbau des Mausoleums − mit seinem großen zentralen Portal (Iwan) und den vier seitlichen Begleitemporen − ist in ähnlicher Weise gestaltet wie in der Mogularchitektur üblich. Auf dem Dach fehlen allerdings die sonst üblichen Chhatri-Aufsätze − stattdessen finden sich kleine Türmchen in den Ecken des Bauwerks. Der sonst bei Torbauten übliche Zinnenkranz ist durch rote Steinplatten mit einem zinnenähnlichen Ornament aus weißen Marmorintarsien ersetzt. Aus der Ferne scheint der Bau lediglich aus rotem Sandstein zu bestehen − erst in der Nähe tritt das Dekor deutlicher hervor: Die seitlichen Schmuckfelder des Torbogens beinhalten geometrische Steinintarsien aus weißem Marmor − die oberen enthalten dagegen Vasen- und Blumenmotive. Der Grabbau ist von vier Seiten über breite − gegenüber dem Gartenniveau erhöhte − Wege mit eingebetteten geradlinigen Wasserkanälen und seitlichen Blumenbeeten erreichbar.

Grabmonument

Die − wie eine Plattform ohne Aufbauten wirkende − Architektur des Jahangir-Mausoleums orientiert sich sowohl am Grabbau seines Vaters Akbar in Sikandra (Indien) als auch am Grabmal seiner Schwiegereltern, dem Itimad-ud-Daula-Mausoleum in Agra (Indien).

Außenbau

Jahangir-Mausoleum, Lahore (Pakistan). Ein ursprünglich vorhandener zentraler marmorner Dachpavillon wurde im 19. Jh. entfernt. Der den Grabbau umgebende Garten mit seinen geradlinig verlaufenden Wasserkanälen und Blumenbeeten ist als irdisches Abbild des den Gläubigen vom Koran in Aussicht gestellten Paradieses zu verstehen.

Auf den ersten Blick auffällig ist die enorme Breitenausdehnung des Bauwerks (ca. 84 × 84 Meter) mit vier begrenzenden Minaretten mit Chhatri-Aufsätzen in den Ecken. Die Mitte des Baus wurde ursprünglich betont durch einen − im 19. Jahrhundert entfernten − marmornen Pavillon, von dem keine Abbildungen mehr existieren, der sich jedoch wahrscheinlich an ähnlichen Konstruktionen auf dem Akbar-Mausoleum und dem Itimad-ud-Daula-Mausoleum orientierte. Die ansonsten in der Mogularchitektur obligatorischen Pavillonaufsätze (Chhatris) fehlen jedoch − stattdessen ist die riesige Dachfläche flachgedeckt und hat lediglich eine aus weißen Marmor-Gittern (Jalis) bestehende umlaufende Brüstung.

Das Grabmal ist flächendeckend mit roten Sandsteinplatten verkleidet, in die jedoch eine Vielzahl von Dekorfeldern mit geometrischen und floralen Motiven aus weißen Marmorintarsien eingearbeitet ist. In den Bogenzwickeln über den 11 großen Arkadenöffnungen finden sich plastisch gearbeitete Rosetten aus weißem Marmor.

Die Dekoration der oberen drei Geschosse der oktogonalen Minarette unterscheidet sich deutlich vom Unterbau: Auf den Turmschäften sind Zackenornamente aus gelbem, weißem und rotem Stein angebracht, wodurch sich optisch − vor allem in Untersicht − eine beinahe plastische Wirkung ergibt.

Innenraum

Innenraum mit dem reich dekorierten Kenotaph Jahangirs

Der Vorraum (Vestibül) zum eigentlichen Grabraum ist überreich mit floralen Stuckarbeiten und Malereien geschmückt. Der Grabraum selbst − nur mit dem Kenotaph des verstorbenen Herrschers in der Mitte − ist dagegen weitaus zurückhaltender gestaltet: Die Wände und die großen Wandnischen sind durchgängig mit weißen Marmorplatten verkleidet, in die eher einfache Dekormotive aus schwarzem Marmor eingelegt sind.

Der Fußboden des Grabraums und der seitlichen Nischen ist mit einem geometrischen − potentiell unendlichen − Muster ausgelegt. Der Kenotaph selbst − einer der schönsten der Mogulzeit − ruht auf einer leicht erhöhten und mit Arabeskenmotiven geschmückten Plattform; mit seinem überreichen Dekor in Form von Inschriften, Blumengirlanden und kleinen Flechtbandornamenten − allesamt in Pietra dura-Technik − weist er voraus auf die beiden Sarkophage des Taj Mahal. Das eigentliche Grab Jahangirs liegt jedoch unterhalb des Bodenniveaus.

Bedeutung

Das Jahangir-Mausoleum ist − abgesehen von dem in der Nähe gelegenen Grabmal seiner Lieblingsfrau Nur Jahan − das einzige bedeutende Mogul-Grabmal im heutigen Pakistan. Durch die fehlende Betonung der Mitte erscheint das Bauwerk − nach dem Abriss des marmornen Dachaufsatzes − gegenüber seinen Vorgänger- und Nachfolgebauten eher unausgewogen und unharmonisch.

Erstmals bei einem Mogul-Grabmal werden jedoch vier Minarette in den Ecken des Bauwerks platziert; eine Idee, die voraus weist auf das nur wenige Jahre später begonnene Taj Mahal.

Siehe auch

Andere bedeutende Mausoleen der Mogulzeit sind:

Literatur

  • Bamber Gascoigne: Die Großmoguln - Glanz und Größe mohammedanischer Fürsten in Indien. Prisma-Verlag, Gütersloh 1987 ISBN 3-570-09930-X
  • Ebba Koch: Mughal Architecture - An Outline of Its History and Development (1526-1858), Prestel-Verlag, München 1991
  • Catherine B. Asher: Architecture of Mughal India Oxford University Press, Oxford 1995
  • Hermann Forkl, Johannes Kalter u. a. (Hrsg.): Die Gärten des Islam. Stuttgart, London 1993
  • Alfred Renz: Geschichte und Stätten des Islam von Spanien bis Indien. Prestel-Verlag, München 2001, S. 689 u. 709 ISBN 3-7913-0360-0
  • Markus Hattstein, Peter Delius (Hrsg.): Islam. Kunst und Architektur. Könemann-Verlag, Köln 2000, S. 479. ISBN 3-89508-846-3
  • A. S. Bhalla: Royal Tombs of India. 13th to 18th Century. Mapin Publishing 2009. ISBN 978-0-944142-89-9

Weblinks

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