- Jale (Musik)
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Jale ist eine Unterrichtskonzeption, die der Musikpädagoge Richard Münnich 1930 vorlegte.[1] Diese Unterrichtskonzeption sollte die Vorteile der Tonika-Do-Lehre und des eitzschen Tonworts zusammenfassen; sie umfasste die Verwendung von Tonsilben ähnlich der relativen Solmisation, die Verwendung von Handzeichen in der Tradition des Tonic-sol-fa-Systems und die Verwendung von Rhythmussilben in der Tradition der Galin-Paris-Chevé-Methode. In allen drei Bereichen versuchte Münnich, die Vorgänger zu übertreffen. Im Musikunterricht der DDR spielte Jale eine wichtige Rolle.[2]
Inhaltsverzeichnis
Die Tonsilben
Richard Münnichs raffiniertes Tonsilbensystem basierte auf der diatonischen Leiter und war zugleich vollständig chromatisiert. Die Silben der Durtonleiter bestanden aus den sieben klingenden Konsonanten und den fünf Vokalen des Alphabets. Die Reihenfolge der Konsonanten j, l, m, n, r, s und w sowie der Vokale a, e, i, o und u folgte dem Alphabet; an den Stellen mi-ni und wa-ja wurden die Vokale zweifach verwendet, um die Halbtonschritte der diatonischen Leiter abzubilden und somit musiktheoretische Sachverhalte bereits im Silbenklang darzustellen. Die resultierende Tonsilbenreihe für die aufsteigende Durtonleiter hieß:
ja, le, mi, ni, ro, su, wa, ja
Die Tongeschlechter wurden als Paralleltonarten gedacht; die reine Molltonleiter begann folglich eine kleine Terz tiefer als die Durtonleiter:
su, wa, ja, le, mi, ni, ro, su
Wie in der relativen Solmisation bezeichneten auch in Jale die Tonsilben keine festen Tonhöhen, sondern Orte im Tonsystem: Nicht nur die C-Dur-Leiter, sondern auch A-Dur oder Es-Dur hießen ja, le, mi, ni, ro, su, wa, ja; nicht nur die a-Moll-Leiter, sondern auch fis-Moll oder c-Moll hießen su, wa, ja, le, mi, ni, ro, su.
Diatonische Halbtonschritte wurden durch Konsonantenwechsel angezeigt, wobei Inseln gleicher Vokale entstanden. Im C-Dur-Kontext hieß die Tonfolge cis-d-es je-le-me, die Tonfolge fis-g-as no-ro-so und die Tonfolge gis-a-b ru-su-wu. Chromatische Halbtonschritte wurden durch Vokalwechsel angezeigt, wobei Inseln gleicher Konsonanten entstanden. Im C-Dur-Kontext hieß die Tonfolge des-de-dis la-le-li, die Tonfolge ges-g-gis ri-ro-ru und die Tonfolge as-a-ais so-su-sa.[3]
Die Handzeichen
Auch in seiner Handzeichenwahl versuchte Münnich, sich von seinen Vorgängern zu emanzipieren. Seiner Meinung nach war die Richtungsqualität der Tonic-sol-fa-Handzeichen nicht in allen Fällen logisch. So sei der aufwärts weisende Zeigefinger für die siebte Stufe der Durtonleiter, den Leitton, nur in aufwärts führenden Tonfolgen sinnfällig, nicht aber in abwärts führenden Tonfolgen.[4]
Münnichs neues Handzeichensystem war hochkomplex und setzte ohne Abstrich die Eigenheiten seiner Tonsilben um. Den sieben Konsonanten entsprachen sieben verschiedene Stellungen der Innenhand (Daumen und Zeigefinger), den fünf Vokalen fünf verschiedenen Stellungen der Außenhand (Mittelfinger, Ringfinger und kleiner Finger). Offenbar erwies sich Münnichs System aber als wenig anwenderfreundlich; jedenfalls griff die Jale-Arbeit nach 1960 auf die Tonic-sol-fa-Handzeichen zurück und integrierte diese in die Jale-Unterrichtskonzeption.[5]
Die Rhythmussilben
Die Rhythmussprache Richard Münnichs orientierte sich (wie die Rhythmussprachen der Galin-Paris-Chevé-Methode, des Tonic-sol-fa-Systems, der Tonika-Do-Lehre und der Music Learning Theory, aber anders als die Rhythmussprache der Kodály-Methode) am Metrum. Auch dieses System war hochkomplex. Beispielsweise hießen die Viertelwerte in einem Dreivierteltakt kai, pau, teu, die Achtelwerte kai, kä, pau, pü, teu, tö.[6]
Informationsbasis
Literatur
- Fritz Bachmann, Siegfried Bimberg, Christian Lange: Vom Singen zum Musikverstehen. Hofmeister, Leipzig 1957.
- Siegfried Bimberg, Rolf Lukowsky: Sing-Eule Heft 4. Gehör- und Stimmbildung im Chor. Blaue Eule, Essen 2000, ISBN 3-89206-557-8.
- Malte Heygster, Manfred Grunenberg: Handbuch der relativen Solmisation. Schott, Mainz 1998, ISBN 3-7957-0329-8.
- Richard Münnich: Jale. Ein Beitrag zur Tonsilbenfrage und zur Schulmusikpropädeutik. 1. Auflage: Schauenburg, Lahr 1930. 2. Auflage: Möseler, Wolfenbüttel 1959.
Weblinks
- Thomas Buchholz: Jale. Geschichte – Methode – Praxis. PDF-Datei auf buchholz-komponist.de, Stand 8. Dezember 2010.
- Thomas Phleps: Die richtige Methode oder Worüber Musikpädagogen sich streiten. Anmerkungen zur Funktion und zum Funktionieren von Solmisationssilben und ihren Produzenten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. PDF-Datei auf uni-giessen.de, Stand 8. Dezember 2010.
Einzelnachweise
- ↑ Auf dem Titel der 1. Auflage 1930 findet sich die Schreibweise JALE, auf dem Titel der 2. Auflage 1959 die Schreibweise Jale.
- ↑ Buchholz, S. 20.
- ↑ Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musiklexikon. Sachteil. Schott, Mainz 1967, Stichwort „Jale“.
- ↑ Heygster/Grunenberg, S. 156.
- ↑ Buchholz, S. 19.
- ↑ Heygster/Grunenberg, S. 157.
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