Jungmannschaft

Jungmannschaft

Die Jungmannschaft war zwischen 1933 und 1939 eine elsässisch-autonomistische Organisation.

Der Name Jungmannschaft bezeichnete 1931 zunächst eine von Hermann Bickler herausgegebene Beilage zur Elsässischen Landeszeitung (ELZ). 1933 entwickelte Bickler aus dieser Beilage mit Unterstützung durch Friedrich Spieser ein eigenständiges Publikationsorgan, das elsässisches Volkstum und elsässischen Partikularismus vertrat und sich strikt gegen eine Assimilation der Elsässer in das Frankreich der Dritten Republik aussprach. Unter dem Namen dieses Presseorgans und mit den gleichen politischen Zielen baute Bickler in den folgenden Jahren eine politische Organisation auf.

Die Jungmannschaft entwickelte sich unter Bicklers Führung allmählich von einer autonomistischen zu einer separatistischen Gruppierung und wurde von der französischen Polizei bald als pro-nationalsozialistisch eingeschätzt. Die Jungmannschaft war eine nach dem Führerprinzip organisierte Kaderpartei mit Vertrauensleuten, Zellen, Ortsgruppen und einem „Rat der Leitung“ mit Bickler als Führer. Ihre Mitglieder trugen eine braune Uniform mit schwarzer Armbinde und roter Wolfsangel, vergleichbar dem Wappen der Nationaal-Socialistische Beweging in Nederland (NSB), die etwa zur gleichen Zeit wie die Jungmannschaft entstanden war. Wahlspruch war „Freies Volk – im eigenen Land“ und als Marschlied wurde „Treu dem Elsaß sollst Du bleiben“ gesungen. Protestantische Theologie-Studenten und Pfarrer gehörten zum Führungskreis. Trotz des Namens waren die Mitglieder der Jungmannschaft ganz überwiegend zwischen 18 und 45 Jahren, teilweise auch noch älter. Um sich den gesetzgeberischen Maßnahmen der französischen Regierung gegen die Gruppierungen der extremen Rechten (die sog. ligues) zu entziehen, gab sich die Jungmannschaft 1936 ein Parteistatut und nannte sich Elsaß-Lothringische Partei. Man verstand sich aber weiterhin als Bewegung und beteiligte sich deshalb auch nicht an Wahlen. Seit März 1937 erschien zunächst 14-täglich, dann wöchentlich das Kampfblatt „Frei Volk“, in dem das Deutsche Reich gegen Angriffe in der französischen Presse verteidigt und dessen Rassenideologie auf die politische Situation im Elsass angewandt wurde. Ein Unterschied zum Nationalsozialismus fand sich lediglich in der unbedingt positiven Einstellung des Blattes zur christlichen (und insbesondere protestantischen) Religion. In den Jahren 1937 und 1938 erregten Mitglieder der Gruppierung durch anti-französische Provokationen (Einholen der Trikolore, Absingen des Deutschlandliedes) öffentliches Aufsehen. Nach einem Bericht der Sûreté Nationale vom April 1938 umfasste die Jungmannschaft 116 Ortsgruppen mit ca. 1000 Mitgliedern.[1]

Während der Sudetenkrise kam es nach einer Versammlung in Straßburg, auf der Bickler wiederum separatistische und antifranzösische Positionen vertreten hatte, am 3. Oktober 1938 zu einer polizeilichen Durchsuchung des Hauptquartiers der Jungmannschaft. Am 21. April 1939 wurde die Organisation in Anbetracht der zunehmenden Spannungen mit dem nationalsozialistischen Deutschland von der französischen Regierung verboten.[2]

Nach der Besetzung durch deutsche Truppen 1940 kam die Mehrzahl der neu ernannten NSDAP-Kreisleiter im Elsass aus den Reihen der Jungmannschaft.[3]

Literatur

  • Lothar Kettenacker: Nationalsozialistische Volkstumspolitik im Elsaß. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1973 (Studien zur Zeitgeschichte. Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte), ISBN 3-421-01621-6.
  • Karl-Heinz Rothenberger: Die elsaß-lothringische Heimat- und Autonomiebewegung zwischen den beiden Weltkriegen (Europäische Hochschulschriften Bd. 42). Frankfurt/M.-München, Peter Lang-Verlag 1976. ISBN 3-261-01485-7.
  • Philip Charles Farwell Bankwitz: Alsatian autonomist leaders 1919—1947. The Regents Press of Kansas, Lawrence 1978, ISBN 0-7006-0160-0.

Anmerkungen

  1. Kettenacker 1973, S. 26-32; Rothenberger 1976, S. 216 sowie S. 322 (Anm. 698 und 701); Bankwitz 1978, S. 52-53.
  2. Bankwitz 1978, S. 55.
  3. Kettenacker 1973, S. 126.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jungmannschaft — Jụng|mann|schaft 〈f. 20; bes. Sp.〉 Mannschaft (bes.) aus jungen Sportlern, Nachwuchsmannschaft * * * Jụng|mann|schaft, die: Mannschaft aus jungen, jugendlichen Sportlern …   Universal-Lexikon

  • Hermann Bickler — Christian Hermann Bickler (auch Armand Bickler, * 28. Dezember 1904 in Hottviller damals Reichsland Elsaß Lothringen, heute Département Moselle; † 8. März 1984 am Lago Maggiore) war ein elsässischer Rechtsanwalt und autonomistischer Politiker,… …   Deutsch Wikipedia

  • Artur von Machui — (* 5. August 1904 in Ocklitz/Eichwall (Schlesien); † 6. April 1971 in Hamburg) war ein deutscher Agrarexperte und Publizist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Machui — Artur von Machui (* 5. August 1904 in Ocklitz/Eichwall (Schlesien), † 6. April 1971 in Hamburg) war ein deutscher Agrarexperte und Publizist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Sturmschar — Die Sturmschar war ein Bund der katholischen Jugendbewegung, der 1929 aus Teilen der Deutschen Jugendkraft (DJK) und des Katholischen Jungmännerverbands (KJMV) gegründet wurde und bis zum allgemeinen Verbot der katholischen Jugendverbände im… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiener SC — Der Wiener Sport Club (kurz: WSC) ist einer der ältesten Sportvereine Österreichs. Der Verein ging aus dem am 24. Februar 1883 gegründeten Wiener Cyclistenclub hervor. Die vom WSC bekannteste Fußballabteilung selbst besteht seit der Fusion mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiener Sport-Club — Klassisches Vereinswappen des WSC Der Wiener Sport Club (kurz: WSC) ist einer der ältesten Sportvereine Österreichs. Der Verein ging aus dem am 24. Februar 1883 gegründeten Wiener Cyclistenclub hervor. Die vom WSC bekannteste Fußballabteilung… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiener Sportclub — Der Wiener Sport Club (kurz: WSC) ist einer der ältesten Sportvereine Österreichs. Der Verein ging aus dem am 24. Februar 1883 gegründeten Wiener Cyclistenclub hervor. Die vom WSC bekannteste Fußballabteilung selbst besteht seit der Fusion mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Collaboration des mouvements régionalistes — Régionalisme durant la Seconde Guerre mondiale Devant les bouleversements de la Seconde Guerre mondiale, et notamment l’Occupation, un nouveau cadre émerge, les régions. L’Allemagne nazie, tout d’abord, découpe les anciennes nations, qui perdent… …   Wikipédia en Français

  • Nanziger — Les Nanziger (aussi appelés Nancéiens ) étaient un groupe de prisonniers autonomistes alsaciens lorrains. Sommaire 1 Incarcération 2 Transfert 3 Le manifeste des Trois Epis 4 Sources …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”