Jura-Cement-Fabriken

Jura-Cement-Fabriken

Die Jura-Cement-Fabriken (abgekürzt JCF) waren ein Portland-Zementhersteller aus der Schweiz. Das Unternehmen hatte seinen Hauptsitz in Aarau auf der Zurlindeninsel neben dem Kraftwerk Rüchlig. Seine erhaltene Zementfabrik befindet sich allerdings in Wildegg. Die Jura-Cement-Fabriken wurden 1996 in eine Holding umgewandelt, die verschiedenen Werke sind seitdem ein Teil der Jura-Holding.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen entstand 1882 als Zementfabrik Zurlinden & Co in Aarau. Diese war als Kollektivgesellschaft organisiert. Sie gehörte zur Hälfte Rolf Zurlinden, und zu je einem Viertel Daniel Schmutzinger-Oberlin und Carl Fischer. Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Werkes in Wildegg wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und in Jura-Cement-Fabriken Aarau und Wildegg umbenannt. Im Jahr 1903 wurde die Zement- und Kalkfabrik Fleiner & Co übernommen und deren Produktion stillgelegt. Im Gegenzug wurde die Produktionspalette um hydraulischen Kalk erweitert. In den Jahren 1927 bis 1929 wurde das Werk in Wildegg massiv ausgebaut, dafür aber das Werk in Aarau stillgelegt. Im Jahr 1920 erwarb die Firma die Kalk und Steinfabrik in Beckenried. Über die Tochtergesellschaft und Steinfabrik in Beckenried beteiligte sich die Firma im Jahr 1933 an der Sand + Kies AG Alpnach und Sand + Kies AG Horw. Diese drei Gesellschaften wurden auch als Seegesellschaft bezeichnet, wobei 1969 als vierte Gesellschaft noch die Wabag Kies AG Beckenried dazukam. Per 1. Januar 1962 übernahm die JCF die Aktienmehrheit der Richner AG in Aarau. Im Jahr 1966 wurde das Werk in Cornaux eröffnet, dieses war als Tochtergesellschaft als Juracime S.A. organisiert. Von der Juracime S.A. wurde 1972 die Baumaterialhandelsfirma A. Michel S.A. in Freiburg erworben. 1973 folgten die Matériaux de Construction S.A. und 1974 die Convert, Muller & Cie S.A., die beide von der Juracime S.A. erworben und Ende 1974 zur Matériaux S.A. Cressier zusammengeführt wurden. Da die Tochtergesellschaften schon immer viel Eigenverantwortung hatten, wurde beschlossen, die Firma in eine Holding umzuwandeln; aus dieser Idee entstand 1996 die Jura-Holding.

Produktionsbetriebe

Neben den Zementwerken besitzt die Firma in Aarau und in Wildegg noch zwei Wasserkraftwerke.

Werk Aarau

Das Werk Aarau befand sich unterhalb der Kettenbrücke in Aarau im Scheibenschachen. Es wurde 1882 eröffnet. Zur Deckung der benötigten Energie wurde das Wasserkraftwerk Rüchlig erbaut. Anfänglich erfolgte die Übertragung über Transmissionsriemen, erst später wurde auf elektrische Kraftübertragung gewechselt. Der benötigte Kalkstein wurde von einem eigenen Steinbruch in Küttigen bezogen. Das Land für den Steinbruch wurde durch den Baumeister und Mitinhaber Schmutzinger-Oberlin 1881 gekauft. Der Transport der Steine erfolgte anfänglich mit einer Rollbahn, ab 1907 mit einer Seilbahn. Die drei Schachtöfen lieferten 1883, 2160 Tonnen Portlandzement, später wurden zwei weitere Schachtöfen errichtet. Die Schachtöfen arbeiteten nach dem System „Frühling“, und das Mahlwerk war mit Champagnerstein ausgerüstet. Nachdem man sich 1905 im Amerika von der Zuverlässigkit des System überzeugen konnte, wurde 1906 eine Rotierofenanlage erbaut, die im Trockenverfahren arbeitete. Der erste Smidth-Ofen hatte eine Länge von 30 Metern und eine Tageskapazität von 65-70 Tonnen Klinker. Im Jahr 1907 wurden die Ringöfen abgestellt, nachdem sich der Rotierofen eingearbeitet hatte. Der Rotierofen im Trockenverfahren hielt sich nicht lange in Aarau, denn schon 1911 und 1912 wurden neue Öfen erbaut, die im Nassverfahren arbeiteten. Für das Nassverfahren wurden zwei Smidth-Nassrehöfen eingebaut, die 1911 und 1912 in Betrieb genommen wurden. Diese Öfen hatten eine Länge von 50 Metern und einen Tagesausstoss von je 140 Tonnen Klinker. Dazu musste noch eine Schlammmühle gebaut werden. Die alten Rotieröfen wurden von Aarau nach Wildegg verlegt. Das Werk Aarau wurde 1929 stillgelegt und anschliessend abgebrochen. Anfänglich wurde die Kohle und der Zement mit Pferdefuhrwerken zwischen dem Werk und dem Güterbahnhof Gais befördert. Da dieser Weg mitten durch die Stadt führte, war dieser Zustand unbefriedigend. Deshalb wurde 1891 im Torfeld Land gekauft, damit dort eine Verladestation mit Gleisanschluss errichtet werden konnte. Die Verladestation war mit einer Seilbahn mit dem Werk verbunden. Der Geschäftssitz verblieb in Aarau, dieser wurde zwischen 1960 und 1962 durch einen Neubau ersetzt und ist seit 1966/67 auch der Konzernsitz der heutigen Jura-Holding.

Werk Wildegg

Das Werk in Wildegg konnte im September 1890 den Betrieb aufnehmen. Auch hier wurde zur Energiegewinnung ein Wasserkraftwerk erstellt. Dabei wurde über den Oberwasserkanal des Kraftwerkes Wildegg die erste Eisenbeton-Brücke der Schweiz erstellt. Die Brücke wurde 1983 abgebrochen, wurde aber vorgängig noch von der EMPA untersucht. Anfänglich wurden vier Schachtöfen errichtet, die nach dem System „Kavalesky“ arbeiteten. Dazu kamen sechs Mahlgänge, die mit Champagnersteinen ausgerüstet waren. Die Schachtöfen wurden schon 1893-95 durch eine Ringofenanlage ersetzt. Auch hier wurde 1907 eine Rotierofenanlage eingebaut, die im Trockenverfahren arbeitete. 1912 wurden die Trockenverfahren-Öfen von Aarau übernommen und zusätzlich ein neuer Ofen errichtet. Damit konnte 1912 der alte Ringofen ausser Betrieb genommen werden. Zwischen 1927 und 1929 wurde auch das Werk Wildegg auf Nassverfahren umgestellt und dabei grundlegend umgebaut. Hier wurde 1929 wurde auch der erste Unax-Ofen erbaut. Es handelte sich ebenfalls um einen Smidth-Drehofen, der zusätzlich mit Rostvorwärmer ausgestattet war, dieser arbeitete im Halbtrockenverfahren und wird auch Lepol-Ofen genannt. Dieser Ofen hatte eine Länge von 84 Meter und einen garantierten Tagesausstoss von 270 Tonnen Klinker (24 Stunden-Betrieb). Er war bei der Errichtung der grösste Zementofen der Schweiz. Während des 2. Weltkrieges wurden Versuche unternommen, um den Zement mit elektrischer Energie zu brennen. Diese Art des Brennens blieb im Versuchsstadium und wurde infolge der Unwirtschaftlichkeit nach der Normalisierung der Rohstoffversorgung abgebrochen. Die Versorgungsengpässe mit Kohle drosselten das Werk am Ende auf 30 % der Gesamtkapazität (300'000 statt 1 Mio. Tonnen Jahresausstoss). Der Unax-Ofen 2 wurde 1946/47, der Unax-Ofen 3 1954 in Betrieb genommen. Die alten Rotationsöfen im Nassverfahren wurden 1973-75 stillgelegt und 1980/81 abgebrochen. Die Befeuerung der Öfen erfolgte anfänglich mit Kohle. Die Öfen wurden zwischen 1857 und 1958 auf Schweröl umgebaut. Diesen Umbau machte man allerdings zwischen 1977 und 1981 rückgängig, so dass heute wieder die Kohle als Hauptenergieträger für denn Brennvorgang gebraucht wird.

Die beiden ersten Steinbrüche befinden sich in Auenstein und Veltheim. Der Transport des Steine erfolgte anfänglich mit einer Seilbahn. 1954 konnte der Steinbruch Jakobsberg in der Gemeinde Auenstein erschlossen werden. 1968 wurde der Steinbruch Oberegg eröffnet, der zusammen mit der Zementfabrik Holderbank betrieben wurde. Hier kam eine mobile Brechanlage mit Schreitwerk zum Einsatz, so dass der Abtransport des gebrochenen Kalksteins auf gedeckten Transportbändern erfolgen konnte. Auf dem Gemeindegebiet von Thalheim konnte 1975 eine gemeinsame Abbaugenehmigung für den Steinbruch Hard erwirkt werden. Die Abbaugenehmigung für den Steinbruch Hard gilt bis 2070. Die beiden letzten Steinbrüche wurden infolge der sich abzeichenden Knappheit an guten Rohstoffen von den eigentlich konkurrierenden Zementfabriken zusammen beschlossen. Sie war auch der Auslöser für den Bau des Zementwerkes in Cornaux, da eine Kapazitätzsteigerung im Werk Wildegg zu absehbaren Engpässen in der Materialversorgung geführt hätte.

Werk Cornaux

Durch die Erkenntnis, dass das Werk Wildegg nicht beliebig ausbaufähig sei und dass auch die Verteilung auf dem Markt durch zwei Werke besser wäre, entstand die Idee, im Bereich des Bieler und des Neuenburger Sees ein zweites Zementwerk zu errichten. Der Verwaltungsrat beschloss am 7./8. November 1960, diese Idee umzusetzen. In der Folge wurde am 21. Dezember 1961 die Juracime S.A. (JC) in Cornaux gegründet. Der Grundstein für das Werk konnte am 11. Juni 1964 gelegt werden und das Werk im Frühjahr 1966 in Betrieb genommen werden. Das Werk bestand aus einem Drehofen des Systems Lepol mit einer vorgelagerten Rohmehlmühle und einer nachgelagerten Zementmühle. Das Werk hatte bei der Erbauung eine Kapazität von 275 000 Tonnen. Der Drehofen konnte wahlweise mit Schweröl, Gas oder Kohle befeuert werden. Nach der Kapitalerhöhung auf 15 Millionen Franken hielt die JCF 80% und die Société Suisse de Ciment Portland S.A in Neuenburg 20% der Aktien. Für das Werk wurde ein Steinbruch für Kalkstein oberhalb des Dorfs Cornaux und ein Tonmergelbruch in der Ebene südwestlich von Cornaux angelegt.

Kraftwerk Rüchlig (Aarau)

Das Kraftwerk Rüchlig wurde 1883 erstellt und bezieht sein Wasser aus der Aare. Es befindet sich im linken, nördlichen Arm der Aare bei der Zurlindeninsel (früher nur Aareinsel), während sich im rechten, südlichen Arm das Stauwehr befindet. Bei der Zurlindeninsel handelt es sich um eine halbnatürlich entstandene Insel, wobei der nördliche Arm bei Errichtung des Kraftwerks schon fast wieder komplett verlandet war (auf dem Stadtprospekt von H.U. Fisch von 1671 ist an dieser Stelle noch eine Insel eingezeichnet). In einer ersten Konzession wurde der Firma eine Wasserausnützung von 101,88 PS gestattet. Die Firma kaufte 1902 die Aareinsel von der Ortsbürgergemeinde Aarau. Anschliessend wurde das Kraftwerk ausgebaut. Dafür wurden der Unter- und der Oberwasserkanal ausgebaggert. Auch wurde ein richtiges Einlaufwerk mit Fangarmen und Einlaufschleuse errichtet. Es wurden auch zwei neue Francis-Turbinen eingebaut, die ihre Kraft mechanisch an die Zementfabrik weitergaben. Dadurch erhöhte sich die nutzbare Wassermenge auf 27 m³/s. Dabei wurde bereits auf die Möglichkeit einer Erweiterung geachtet. Tatsächlich bewarb man sich bereits am 1. Mai 1907 darum, das Gefälle bis Biberstein nutzen zu dürfen. Diese Erweiterung beinhaltete auch ein Stauwehr über die ganze Breite der Aare. Die Bewilligung wurde am 12. April 1912 erteilt und gleichzeitig die Korrektion der Aare im Bereich Rütlig beschlossen. Diese Flusskorrektur erfolgte zwischen 1912 und 1916. Dabei wurde ein alter, nun abgeschnittener Flusslauf zur Verlängerung des Unterwasserkanals des Kraftwerkes genutzt, wodurch sich das nutzbare Gefälle erhöhte. Allerdings konnte das Wehr infolge Wasserrechtsstreitigkeiten noch nicht erbaut werden. 1916 wurden drei neue Francisturbinen eingebaut, die die alten auf mechanische Übertragung ausgerichteten ersetzten. Ab diesem Zeitpunkt war es ein elektrisches Flusskraftwerk. Die drei Turbinen trieben zwei Gleichstromgenaratoren an. Die folgenden zehn Jahre waren durch einen Wasserstreit geprägt, bewarben sich doch auch die Motor AG und die SBB um die Wasserrechte in diesem Bereich der Aare. So war auch ein rechtes Rütligkraftwerk geplant worden. Dieser Streit endete zugunsten des bestehenden Kraftwerkes, welches am 14. September 1926 die Bewilligung zum Ausbau auf 260 m³/s erhielt. Im Januar 1927 begann man mit dem Bau des Stauwehrs und der Erweiterung der Kanäle. In der Maschinenhalle wurden neben den drei bestehenden Francis-Turbinen zwei Propellerturbinen eingebaut. Diese waren direkt an Wechselstromgeneratoren gekuppelt, auch die beiden Gleichstromgeneratoren wurden durch einen Wechselstromgenerator ersetzt. Das Kraftwerk nutzte nach der dritten Ausbauetappe 150 m³/s, was für die Eigenversorgung der Zementfabrikation ausreichte, die nun in Wildegg konzentriert war. In den Jahren 1950/51 wurde die vierte Ausbauetappe vorgenommen. Dabei wurde eine Kaplan-Turbine eingebaut und die beiden Stege über den Oberwasserkanal und die Aare erstellt. Zwischen 1960 und 1963 erfolgte die fünfte Ausbauetappe. Dabei wurde der Unterwasserkanal augebaggert und verbreitert. Außerdem wurden die drei Francis-Turbinen durch drei Rohrturbinen ersetzt. Die maximal nutzbare Wassermenge stieg dadurch auf 346 m³/s, was eine Maximalproduktion von 61 Millionen kWh im Jahr ermöglicht.

Kraftwerk Wildegg

Das Kraftwerk besass bei der Eröffnung zwei Jonval-Turbinen und eine Nutzungserlaubnis von 175,55 Ps. Das Kraftwerk wurde 1945 aufgegeben und die Wasserrechte an das Kraftwerk Rupperswil-Auenstein abgetreten, das von der NOK und der SBB betrieben wird. Bis zum Ablauf der Konzession wurde von diesem Kraftwerk Ersatzenergie geliefert.

Betriebszahlen

Betriebszahlen für das Werk Aarau/Wildegg[1]

Jahr Jahresproduktion
Tonnen/Zement
Angestellte[2] Energieaufwand Kohle
kg/t Zement
Elektrische Energie
kWh/t Zement
1900 34'000 620 212 160
1912 78'000 850 192 150
1950 164'000 240 189 120
1973 575'000 260 163 (SKE) 92
1975 360'000 170 150 (SKE) 97
1980 330'000 140 136 (SKE) 101
1985[3] 500'000 130 120 (SKE) 105

Tochtergesellschaften

Die Firma JCF besass 1982 folgende Tochtergesellschaften.

  • Juracime S.A Cornaux

Die vier folgenden Gesellschaften werden als Seegesellschaften bezeichnet und stehen unter einer Leitung.

  • Sand + Kies AG Luzern
  • Transportbeton AG Luzern
  • Sand + Kies AG Alpnach
  • Wabag Kies AG Beckenried

Die JCF besitzt folgende Baumaterialfirmen

  • Richner AG Aarau
  • A. Michel S.A Friboug
  • Matériaux S.A. Cressier (NE)

Literatur

  • Hundert Jahre Jura-Cement-Fabriken Aarau - Wildegg 1882-1982 herausgegeben durch Jura-Cement-Fabriken 1982 (keine ISBN)

Einzelnachweise

  1. 100 Jahre JCF Seite 98
  2. Inkl. Kraftwerk Rüchlig und Gipsbruch Riepel
  3. Prognose 1982

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