- Karmeliterkirche (Boppard)
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Die Karmeliterkirche in Boppard ist eine um 1300 errichtete Kirche eines ehemaligen Karmeliterklosters. Der Ort ist die drittälteste Ordensniederlassung der Karmeliten in Deutschland.
Seit 2002 sind die Karmeliterkirche und das benachbarte ehemalige Gebäude des Klosters Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.
Inhaltsverzeichnis
Kirche
Figuren einer spätmittelalterlichen Ölberggruppe in der KarmeliterkircheGeschichte
Um 1300 begannen die Karmeliter an der Nordseite des Klosters mit dem Bau einer einschiffigen Kirche. Finanziert wurde der Kirchenbau durch zahlreiche Schenkungen des Stadtadels über Jahrhunderte hinweg. Dies führte zu einer großzügigen Ausstattung der Kirche, welche im Gegensatz zur schlichten Architektur steht. Untypisch für die Gepflogenheiten eines Bettelordens, hat die Kirche einen verhältnismäßig weitläufigen Chorraum. Dieser war möglicherweise ein Zugeständnis an die wohlhabenden Bürger der Stadt, die im Chor begraben werden wollten. Einige Grabplatten sind heute noch zu erkennen. Der Bau des Chorraums dauerte etwa zehn Jahre und war um 1330 abgeschlossen. Nach einem längeren Baustopp wurde dann das Langhaus errichtet. Dieses war ursprünglich flachgedeckt und bekam erst um 1430/1440 ein Kreuzrippengewölbe. In den Jahren 1439 bis 1444 wurde nach Norden hin noch ein zusätzliches Seitenschiff gebaut. Dieses Seitenschiff hat eine etwas geringere Breite, ist aber genauso hoch wie das Hauptschiff, so dass eine zweischiffige Hallenkirche entstand. Eine Besonderheit der Kirche ist ihr spätgotisches Chorgestühl, welches im Zeitraum von 1460 bis 1470 aus Eichenholz entstand.
Kirchenfenster
Die Kirche wurde mit fünf dreibahnigen, quer geteilten Maßwerkfenstern versehen, welche von prächtigen und wertvollen Glasmalereien geschmückt wurden. Eines der Fenster wurde um 1440 von Cuno von Pyrmont und von Ehrenberg gestiftet.
- Verglasung des „Pyrmont-Fensters“ der Karmeliterkirche
Alle fünf Fenster wurden jedoch im Jahr 1818 von der Stadt zu einem Spottpreis an Fürst Hermann von Pückler-Muskau verkauft. Heute befinden sie sich größtenteils in Museen in Köln, Darmstadt, Glasgow und New York.
Altar des Seitenschiffs
Im Seitenschiff wurde ein Barockaltar des heiligen Severus und des heiligen Paulus aufgestellt. Dieser war bis 1841 der Hochaltar der St. Severuskirche und wurde im Jahr 1992 restauriert. Das Altargehäuse stammt aus der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts. Auf der rechten Seite ist eine Figur des heiligen Severus auf der linken Seite die des Paulus zu sehen. Das große Altarbild aus dem Jahr 1739 zeigt die Abendmahlszene und das Bild darüber zeigt die Geburt Christi.
Traubenmadonna
In einer Nische in der Nähe des Seitenportals ist eine Marienfigur mit Jesuskind aufgestellt worden und vor ihr brennt eigentlich immer ein Licht. Diese Skulptur wurde etwa um 1330 erschaffen und wird Traubenmadonna genannt. Ihren Namen verdankt sie einem alten Brauch. Von den ersten Trauben, welche die Bopparder Winzer im Hamm lesen, werden die Besten der Traubenmadonna „geschenkt“.
Kloster
Nach heutigem Kenntnisstand wurde der Orden „Brüder unserer Lieben Frau vom Berge Karmel (Karmeliten)“ im Jahr 1262 in Boppard zum ersten Mal genannt. Nach Köln (1249) und Würzburg (1250) war die Ordensgründung der Karmeliter in Boppard die dritte in Deutschland. Das Kloster wurde nach dem Brauch des Bettelordens außerhalb der Stadt angelegt. Von 1728 bis 1730 wurden baufällige Teile von Damian Lothar von Eltz-Rübenach durch einen Neubau ersetzt. Diese weiträumige, schlicht gehaltene Barockanlage wurde um einen quadratischen Innenhof mit Kreuzgang errichtet. Im Inneren der Klosteranlage befinden sich ältere Grabdenkmäler sowie zahlreiche Bildwerke.[1]
Im Jahr 1803 wurde das Konvent durch Napoleon aufgehoben und in dem Klostergebäude eine Lateinschule der Franziskaner untergebracht. Diese wurde 1866 zum Progymnasium erweitert, das aber schon 1906 in einen Neubau, in dem das heutige Kant-Gymnasium Boppard untergebracht ist, umgesiedelt wurde. Jedoch wurde das komplette Gebäude, teils mit Unterbrechungen, bis 1952 als Schule genutzt. Danach waren teils Ämter, teils Wohnungen dort untergebracht. Nachdem am 31. Dezember 1975 die Stadt Boppard als Einheitsgemeinde neu gegründet wurde, wurde das alte Rathaus zu klein. So zog die Stadtverwaltung 1976 in das ehemalige Karmeliterkloster.
Heutige Nutzung
Das ehemalige Klostergebäude beherbergt heute die Stadtverwaltung und Stadtbücherei. Die daran angeschlossene Kirche wird in den Sommermonaten von der ortsansässigen katholischen Pfarrei St. Severus für Gottesdienste genutzt.
Literatur
- Heinz E. Mißling: Boppard. Ein Führer durch die Stadt; Dausner Verlag, 1993, ISBN 3-930051-00-1
- Rüdiger Becksmann: Das Thron-Salomonis-Fenster aus der Bopparder Karmeliterkirche – eine Stiftung des Trierer Erzbischofs Jakob von Sierck (1439–1456); in: Kunst in Hessen und am Mittelrhein NF 2, 2006, S. 7–22.
Weblinks
Commons: Karmeliterkirche (Boppard) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
- ↑ Regionalgeschichte.net: Karmeliterkloster „Unsere Liebe Frau“
50.23257.5884444444444Koordinaten: 50° 13′ 57″ N, 7° 35′ 18″ OKategorien:- Kirchengebäude im Rhein-Hunsrück-Kreis
- Bauwerk in Boppard
- Karmelitenkloster
- Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal
- Kulturdenkmal im Rhein-Hunsrück-Kreis
- Ehemaliges Kloster in Rheinland-Pfalz
- Erbaut im 14. Jahrhundert
- Karmeliterkirche
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