- Kastell Várdomb
-
Koordinaten fehlen! Hilf mit.
Várdomb Alternativname Ad Statuas Limes Pannonischer Limes Abschnitt 7 Datierung (Belegung) flavisch/trajanisch
bis 4. Jh. n. Chr.Typ Kohortenkastell Einheit a) Cohors I Augusta Ituraeorum sagittariorum ?
b) Cohors II Asturum et Callaecorum ?
c) Equites Dalmatae
d) Auxilia UrsarensiaGröße unbekannt Bauweise Stein Erhaltungszustand Nicht sichtbar, das Kastellareal ist vollständig überbaut. Ort Várdomb Vorhergehend Kastell Őcsény-Szigetpuszta (nordöstlich) Anschließend Kastell Dunaszekcső (Lugio/Florentia) (südöstlich) Das Kastell Várdomb, das auch unter seinem lateinischen Namen Ad Statuas bekannt geworden ist, war ein römisches Militärlager, das als Kohortenkastell einen Abschnitt des pannonischen Donaulimes sicherte. Die archäologisch wenig bekannte und überbaute Anlage wurde einst nahe des Donauwestufer gegründet und befindet sich heute mitten im ungarischen Dorf Várdomb, im Komitat Tolna.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Das Kastell liegt am Westrand einer Niederung, die sich zwischen den Bergen von Szekszárd und der Donau erstreckt. Es wurde am Saum des sumpfigen Terrains der ausladenden antiken Donauauen errichtet. Aufgrund der massiven Kanalisierung liegt die Fortifikation heute wesentlich weiter westlich des Flusses. Die von Norden kommende Limesstraße umläuft den schwierigen, hochwassergefährdeten Geländeuntergrund und führte direkt an der Fortifikation vorbei.
Forschungs- und Baugeschichte
Wie der mit Burghügel zu übersetzende ungarische Ortsname Várdomb verdeutlicht, ging das Wissen um eine alte Befestigungsanlage aufgrund der offenbar noch lange sichtbaren Baureste nie vollständig verloren. Der Archäologe Mór Wosinsky (1854–1907) konnte auf der Anhöhe Ùjberekpuszta am Nordrand von Várdomb Baureste und Ziegelbruchstücke sichern, die möglicherweise mit einem Wachturm oder einem anderen militärisch genutztem Gebäude in Verbindung standen. Aus den kastellnahen Grundstücken wurden immer wieder römische Funde und Mauerreste geborgen.[1] Wosinsky war es auch, der Ad Statuas in Várdomb lokalisierte.
Die Anlage wurde wohl während der Regierungszeit des Kaisers Trajan (98–117) errichtet.[2] In den 1980er Jahren kam östlich der Hauptstraße, schräg gegenüber dem Wirtshaus, eine 0,8 bis 0,9 Meter breite Mauer aus dem Boden, die vielleicht als Teil der steinernen Umfassungsmauer dieser Garnison anzusehen ist.[1]
Der antike Name Ad Statuas ist erstmals durch das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti (244, 3), ein Verzeichnis der wichtigsten römischen Reichsstraßen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., überliefert.
Truppe
Auf einem im Ort gefundenen Grabstein mit einer beschädigten Inschrift lässt sich möglicherweise der dort genannte Truppenname rekonstruieren und zu Cohors III Lusitanorum (Dritte Kohorte der Lusitaner) ergänzen. Aufgrund der aus den Militärdiplomen abgeleiteten topographischen Truppenaufzählungen vermutete der Limesexperte und Archäologe Zsolt Visy, dass für den Standort Ad Statuas jedoch eher die Cohors II Asturum et Callaecorum (Zweite Kohorte der Asturer und Callaecier) vermutet werden darf.[1] Für den Epigraphiker Barnabás Lőrincz bleibt der pannonische Standort dieser Einheit jedoch unbekannt.[3]
2003 stellte Visy folgende Truppenchronologie für das Kastell vor: Von der flavischen Epoche (69–96) bis 108 n. Chr. mutmaßte er die Cohors I Augusta Ituraeorum sagittariorum, eine Bogenschützen-Kohorte, am Platz, ihr folgte ab Trajan die Cohors II Asturum et Callaecorum, für die in der Spätantike die Equites Dalmatae (Dalamtinische Reiter) und die Auxilia Ursarensia nachrückten.[4] Die Verlegung der letztgenannten Hilfstruppe aus ihrem vorherigen Standort am Kastell Visegrád–Sibrik nach Vádomb ist durch die Notitia dignitatum, ein Staatshandbuch aus dem 4. Jahrhundert, belegt.[5] Lőrincz hingegen vermutete, dass nach den Markomannenkriegen (166–180) bis um 250 oder später die zuvor im Kastell Szekszárd liegende Cohors I Noricorum equitata (Erste teilberittene Kohorte der Noriker) nach Ad Statuas kam.[6]
Auf einer weiteren Grabstele wird ein aus dem syrischen Hemesa stammender Veteran der in Aquincum (Budapest) liegenden Legio II Adiutrix genannt, der in Ad Statuas seinen Sohn begrub.[7] Offensichtlich hatte sich der Legionär nach seinem Ausscheiden aus der Armee in oder um Várdomb niedergelassen.
Gräberfeld
Aus dem Umfeld des in den 1980er Jahren entdeckten Mauerabschnittes an der Hauptstraße, hauptsächlich jedoch westlich dieser Stelle wurden zahlreiche römische Bestattungen bekannt, die jedoch größtenteils ohne archäologische Befundaufnahme geplündert und beseitigt wurden. Es ließ sich feststellen, dass es sich bei den Grablegen zumeist um Ziegelgräber gehandelt hat. Von den zu diesem Gräberfeld gehörenden Grabinschriften konnten nur wenige für die Wissenschaft gesichert werden. Einige wurden von der Dorfbevölkerung in ihren Bauernhäusern vermauert.[1]
Fundverbleib
Funde befinden sich heute im Wosinsky Mór Múzeum in Szekszárd.
Denkmalschutz
Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Das Kastell Várdomb sowie alle anderen Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[8]
Siehe auch
Literatur
- Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976.
- Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 120.
- ↑ Egon Schallmayer: Der Limes: Geschichte einer Grenze. C.H.Beck Verlag, München 2006, ISBN 3406480187, S. 24.
- ↑ Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Wien 2001, ISBN 3-902086-02-5, S. 29.
- ↑ Zsolt Visy: The ripa Pannonica in Hungary. Akadémiai Kiadó, Budapest 2003, ISBN 9630579804, S. 148.
- ↑ Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akadémiai Kiadó, Budapest 1978, ISBN 9630513072, S. 163.
- ↑ Barnabás Lőrincz: Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit. Teil I: Die Inschriften. Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie, Wien 2001, ISBN 3-902086-02-5, S. 40.
- ↑ Alice Sz. Burger, Ferenc Fülep: Gebiet zwischen der Drau und der Limesstrecke Lussonium–Altinum. In: Die römischen Inschriften Ungarns (RIU). Bd. 4. Akadémiai Kiadó, Budapest 1984, ISBN 963-05-3254-9, S. 14.
- ↑ Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal.
Kastell Tolna (Alta Ripa) | Kastell Szekszárd | Kastell Őcsény-Szigetpuszta | Kastell Várdomb (Ad Statuas) | Kastell Dunaszekcső (Lugio/Florentia) | Burgus contra Florentiam | Kastell Kölked (Altinum)
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Kastell Szekszárd — Koordinaten fehlen! Hilf mit.hf Kastell Szekszárd Alternativname Alisca ? Limes Pannonischer Limes Abschnitt 7 Datierung (Belegung) unbeka … Deutsch Wikipedia
Kastell Őcsény-Szigetpuszta — Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder … Deutsch Wikipedia
Kastell Kölked — Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder … Deutsch Wikipedia
Kastell Visegrád–Sibrik — Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder … Deutsch Wikipedia
Kastell Tolna — Koordinaten fehlen! Hilf mit.hf Kastell Tolna Alternativname Alta Ripa Limes Pannonischer Limes Abschnitt 7 Datierung (Belegung) 1. Jh. n. … Deutsch Wikipedia
Kastell Ács-Vaspuszta — Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder … Deutsch Wikipedia
Liste der Limeskastelle in Ungarn — Der pannonische Limes Die Liste der Limeskastelle in Ungarn umfasst römische Militärlager, denen die Kontrolle und Verteidigung der Außengrenze der römischen Provinz Pannonien (Pannonia) im Bereich des heutigen ungarischen Staates oblag. Die… … Deutsch Wikipedia
Burgus contra Florentiam — Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder … Deutsch Wikipedia
Ad Statuas — ist der Name mehrerer antiker Orte. Kastell Várdomb (Ad Statuas) am niederpannonischen Donaulimes. Kastell Ács Vaspuszta (Ad Statuas) am oberpannonischen Donaulimes. San Cesareo, (Ad Statuas/Statio ad Statuas), eine heute in der Provinz Rom… … Deutsch Wikipedia
Burgus Dunakömlőd — Koordinaten fehlen! Hilf mit.hf Dunakömlőd (Zádor–Imsós) Burgus Lussonium 1 Alternativname Der antike Name ist unbekannt, die moderne Wortbildung Contra Lussonium umstritten. Limes Pannonischer Limes Abschnitt 6 … Deutsch Wikipedia