- Kiosk von Kertassi
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Der Kiosk von Kertassi ist ein kleiner altägyptischer Tempelbau aus griechisch-römischer Zeit. Bis zum Bau des Assuan-Hochdamms stand er am Eingang eines antiken Steinbruchs in der etwa 30 Kilometer südlich des Damms gelegenen Ortschaft Kertassi oder Qertassi (arabisch كيرتاسي Kīrtāsī oder قرطاسي Qirṭāsī) am Westufer des Nils. Der Ort hieß im Altertum Tzitzis beziehungsweise Qirtās.
Im Zusammenhang mit der Errichtung des Staudamms und der damit verbundenen Überflutung des Ortes durch den Nassersee wurde der Kiosk von Kertassi Anfang der 1960er Jahre auf die Insel Neu-Kalābscha etwa einen Kilometer südwestlich der Staumauer des Hochdamms versetzt.[1] Dort steht er heute in unmittelbarer Nachbarschaft des ebenfalls versetzten Mandulis-Tempels von Kalābscha, beide seit 1979 auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Als Kiosk bezeichnet man die besondere Bauform eines kleinen Heiligtums im Alten Ägypten in der Art eines nach mehreren Seiten geöffneten Pavillons. Von den ehemals vierzehn Säulen des Kiosks von Kertassi sind heute noch sechs erhalten. Die Säulen der Längsseiten mit ihren pflanzenförmigen Kompositkapitellen stützten auf einem 25 m² großen[2] rechteckigen Grundriss über Architraven ein Dach aus Sandsteinplatten.[3] Sie waren durch Interkolumnienmauern bis auf halber Höhe miteinander verbunden.
An den vermutlich zwei Zugängen zum Kiosk, von denen ein Portal teilweise erhalten ist, standen je zwei Säulen mit Kapitellen, die den Kopf der Göttin Hathor darstellten.[1] Diese Hathorsäulen sind auch von anderen Tempelbauten, beispielsweise dem Mammisi des Isis-Tempels von Philae oder dem Hathor-Tempel bei Dendera, bekannt. In Verbindung mit der Gleichsetzung der Göttinnen Hathor und Isis seit dem Neuen Reich vermutet man, dass der Kiosk von Kertassi gemeinsam mit den Tempeln von Debod und Dendur eine Station für die heilige Barke der Isis entlang eines Prozessionsweges war.[3]
Literatur
- Günther Roeder: Von Debod bis Bab Kalabsche. 2 Bände (Text, Tafeln). Imprimerie de l'Institut français d'archéologie orientale u. a., Kairo u. a. 1911 (Les temples immergés de la Nubie. 2 = Service des Antiquités de l'Egypte).
Weblinks
- Kiosk von Kertassi (Qertassi) – Gewidmet der Göttin Isis
- Kalabscha – Der Tempel des Mandulis und der Kiosk von Kertassi
- Kiosk of Qertassi (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b Marco Zecchi: Abu Simbel – Assuan und die Nubischen Tempel. Kunst und Archäologie. White Star Publishers, Vercelli 2004 (übersetzt von Susanne Tauch), ISBN 88-540-0070-1, S. 126.
- ↑ Kalabscha in neuem Glanz – Nubische Tempel werden nach Restaurierung wieder eröffnet. www.aegyptologie.com, abgerufen am 20. März 2011.
- ↑ a b Alberto Siliotti: Abu Simbel und die Tempel Nubiens. Egypt Pocket Guide. 2. Auflage. Geodia, Verona 2005 (Originaltitel: Abu Simbel e i Templi della Nubia, übersetzt von Iris Kühtreiber), ISBN 977-424-745-0, S. 29.
Kulturerbe: Abu Mena | Tempel von Karnak und Luxor und thebanische Nekropole | Islamischer Stadtkern von Kairo | Memphis und Nekropole mit Pyramiden von Gizeh, Abusir, Sakkara und Dahschur | Tempel von Abu Simbel, Amada, Derr, Wadi as-Subu', Dakka, Maharraqa, Kalabscha, Kiosk von Kertassi, Tempel von Bet el-Wali und Philae, Steinbrüche von Assuan | Katharinenkloster
Naturerbe: Wadi al-Hitan Tal der Wale
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