Sozialistische Partei Albaniens

Sozialistische Partei Albaniens
Partia Socialiste e Shqipërisë
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Partei­vorsitzender Edi Rama
Stell­vertretende Vorsitzende Arben Isaraj
Arben Malaj
Gründung 1991
Gründungs­ort Tirana
Farbe(n) rot
Website www.ps.al

Die Sozialistische Partei Albaniens (Akronym PS oder auch PSSh, albanisch Partia Socialiste e Shqipërisë) ist eine der beiden großen Parteien, die das politische System Albaniens prägen. Vorsitzender ist seit Oktober 2005 Edi Rama.[1]

Sie ist die Nachfolgeorganisation der Partei der Arbeit Albaniens, einer stalinistischen Partei, die das Land von 1944 bis zum Sturz des kommunistischen Systems 1990 beherrscht hat.

Im 2009 gewählten Parlament stellt die sozialistische Partei 65 der 140 Abgeordneten und ist somit weiterhin in der Opposition (seit 2005).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Partei der Arbeit Albaniens

Enver Hoxha 1971

Am 8. November 1941 erfolgte in Tirana die Gründung der Kommunistischen Partei Albaniens (KPA). Auf der ersten Landeskonferenz der KPA (17. bis 22. März 1943) wurde Enver Hoxha zum Generalsekretär des ZK der KPA gewählt. Er blieb Parteichef bis zu seinem Tod 1985. Bis 1944 konnten sich die Kommunisten die Führungsrolle in der antifaschistischen Partisanenbewegung sichern. Politische Gegner aus dem eigenen Volk wurden dabei ebenso wie die Besatzungstruppen mit Waffengewalt bekämpft. Während des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren waren die albanischen Kommunisten mit den Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) unter J. B. Tito verbündet.

Bei der Wiederbegründung des unabhängigen albanischen Staates im November 1944 saßen die Kommunisten bereits fest im Sattel. Bei den Wahlen zur Konstituierenden Nationalversammlung erreichte die KPA 93,8% der Stimmen. Verschiedenen bürgerlichen Gruppierungen hatten die Kommunisten vorher die Teilnahme an den Wahlen verboten und diese als Volksfeinde und Kollaborateure der Faschisten gebrandmarkt. Durch die Verfassung von 1946 wurde die KPA zur einzigen legalen Partei des Landes, alle anderen politischen Gruppierungen wurden verboten. Die wenigen oppositionellen Parlamentsabgeordneten hatte man zu diesem Zeitpunkt schon ermordet, sofern es ihnen nicht vorher gelungen war, außer Landes zu fliehen.

1948 kam es zum Bruch der KPs des Kominform mit der KPJ; die KPA lehnte sich ganz an die Sowjetkommunisten an. Auf Vorschlag Josef Stalins benannte sich die KPA später in „Partei der Arbeit Albaniens“ (PAA) um.[2] Den Ideen von Marx, Engels, Lenin und Stalin blieb die PAA bis zum Ende der Ein-Parteien-Herrschaft im Jahr 1990 treu.

„Nach dem 20. Parteitag der KP der SU sollte der 3. Parteitag der PAA stattfinden. Die jugoslawischen Agenten dachten, dass es an der Zeit sei, die ‚unnachgiebige, stalinistische albanische Führung‘ zu stürzen und organisierten die Verschwörung, welche auf der Parteikonferenz in Tirana im April 1956 enthüllt und zerschlagen wurde. Die Verschwörer erhielten die ihnen gebührende strenge Strafe.“

Enver Hoxha: Rede gehalten auf der Beratung der 81 Kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau am 16. November 1960[3]

V. Parteitag der Partei der Arbeit Albaniens (albanische Briefmarke, 1966)

1960 wandte sich die albanische Staats- und Parteiführer auch von den Sowjetkommunisten ab; ihnen warfen sie die 1955 begonnene Aussöhnung mit Jugoslawien, das angeblich Albanien zu seiner „siebenten Republik“ machen wollte, sowie die seit dem 20. Parteitag der KPdSU eingeleiteten „revisionistischen“ Reformen vor. Bis 1978, als sie die Maozedongideen für „antimarxistisch“ und die VR China für „revisionistisch“ erklärte, war die PAA mit der KP Chinas verbündet, die ebenfalls den „Sowjetrevisionismus“ bekämpfte.

Organisatorisch war die PAA so wie andere Parteien sowjetischen Typs auch aufgebaut: Es gab ein Zentralkomitee und ein Politbüro. Charakteristisch war die straffe zentrale Leitung von oben. Bei der PAA kam ein besonders aggressiver Atheismus und ein grotesker Personenkult stalinistischer Prägung hinzu, der sogar noch nach dem Tod Hoxhas 1985 anhielt.

Vermeintliche und tatsächliche politische Gegner wurden im Namen der Partei erbarmungslos verfolgt. Zehntausende Menschen wurden in Gefängnisse und Lager gesteckt. Viele von ihnen fanden dort den Tod durch Arbeit und schlechte Behandlung, viele andere wurden erschossen. Die im Namen der Partei begangenen Verbrechen wurden nach der Wende in Albanien kaum untersucht, geschweige denn in der Gesellschaft offen diskutiert.

Unter Ramiz Alia, dem Nachfolger von Enver Hoxha, kam es zu einigen Abmilderungen im kommunistischen System; zur Aufgabe ihres alleinigen Machtanspruchs wurde die PAA aber erst durch die Revolution im Winter 1990/91 gezwungen.

Post-Kommunismus

Hauptsitz in Tirana

1991 wandelte sich die PAA in eine Partei sozialdemokratischer Prägung um. Unter dem Namen Partia Socialiste e Shqipërisë prägt sie als eine der beiden großen Parteien des Landes den politischen Alltag Albaniens.

Nach der Einführung pluralistischer Wahlen waren die albanischen Sozialisten 1991/92 und von 1997 bis zum Sommer 2005 an der Regierung. Prägende Figuren waren der frühere Parteipräsident Fatos Nano und sein Nachfolger Edi Rama, Staatspräsident Rexhep Meidani (1997–2002) die Ministerpräsidenten Bashkim Fino (1997), Pandeli Majko (1998–99, 2002) und Ilir Meta (1999–2002).

Die Partei litt unter einem Streit zwischen zwei Flügeln: alte Traditionalisten um Nano einerseits und junge Reformer aktuell angeführt von Rama andererseits. Wegen parteiinternen Streitigkeiten kam es immer wieder zu Abspaltungen. Zuletzt trat 2004 Ilir Meta aus der Partei aus und gründete die Lëvizja Socialiste për Integrim, die seit 2009 mit der Partia Demokratike von Sali Berisha die Regierung bildet.

In der Opposition

2005 fand ein Regierungswechsel statt: die Sozialisten unterlagen den Demokraten bei den Parlamentswahlen. Seitdem wird die Regierung von der Partia Demokratike und ihren Verbündeten (seit 2005 Partia Republikane und seit 2009 auch Lëvizja Socialiste për Integrim) geführt. 2009 wurde die Regierung wiedergewählt. Die Sozialisten akzeptierten schweren Willens die Resultate von 2005 und 2009. Letzteres führte sogar zu einer schweren politischen Krise, die noch immer anhält.

Die Sozialisten, allen voran ihr Vorsitzender Edi Rama, verfolgen in der Opposition eher destruktive Ziele, darunter zählen der Boykott des Parlaments seit Juni 2010 und der Hungerstreik im Mai 2010 zu den bekanntesten. Rama geriet daher - aber auch wegen der Aufheizung der politischen Stimmung durch ihn selber - in Kritik; seine Gegner, aber auch einige Anhänger verurteilen seine Strategie scharf. So folgen seit dem Mai 2011 zwei Abgeordnete der Sozialistischen Partei dem Boykottaufruf nicht mehr und nehmen an Parlamentssitzungen teil. Die Regierung forderte die Opposition abermals auf, ins Parlament zurückzukommen, um wichtige Gesetze für die EU-Integrierung zu verabschieden. Die politische Krise nahm auch großen Einfluss auf die Wirtschaft: Auslandsinvestitionen bleiben aus und der Tourismus wurde sehr mitgenommen. Insgesamt verschlechterte sich dadurch das Image Albaniens.

Siehe auch

Literatur

  • Geschichte der Partei der Arbeit Albaniens. zweite Auflage: Verlag „8 Nëntori“, Tirana 1982.
  • Arshi Pipa: Albanian Stalinism. Ideo-political aspects. East European Monographs, Boulder 1990. ISBN 0-88033-184-4
  • Afrim Krasniqi: Political Parties in Albania 1920-2006. Tirana 2006.

Weblinks

Quellen und Anmerkungen

  1. Zögerlicher Wandel der Sozialistischen Partei: Der Kongress der Sozialistischen Partei wählte Tiranas Bürgermeister Edi Rama zum Nachfolger von Fatos Nano als Parteivorsitzenden. Newsletter „albanien.ch“, 10. Oktober 2005 [27. Februar 2006]
  2. vgl. Enver Hoxha, Begegnungen mit Stalin. Erinnerungen. KPD/ML-Ausgabe (Verlag Roter Morgen, Dortmund, August 1980), S. 53f.
  3. Enver Hoxha: Lasset uns die revisionistischen Thesen des 20. Parteitags der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und die antimarxistischen Stellungen der Chruschtschowgruppe verwerfen! Lasset uns den Marxismus-Leninismus verteidigen! Rede gehalten auf der Beratung der 81 Kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau am 16. November 1960. Verlag Naim Frashëri, Tirana 1971, S. 104f.

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