- Kriegsgewinnler
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Als Kriegsgewinnler werden Personen oder Organisationen bezeichnet, welche Notsituationen in Kriegszeiten ausnützen, um überproportional hohen Gewinn zu erwirtschaften. Insbesondere werden jene Akteure so genannt, die bei einem Konflikt beide gegnerischen Seiten mit Waren (besonders Waffen) beliefern oder gegen ein Embargo verstoßen.
Entsprechende Handlungen müssen nach den Gesetzen der jeweiligen Staaten nicht illegal sein, sie gelten jedoch als ethisch verwerflich. Der Begriff ist im allgemeinen Sprachgebrauch negativ belegt. Analog spricht man von Krisengewinnern.
Inhaltsverzeichnis
Varianten
Schwarzhändler
Wenn in Kriegs- oder Krisenzeiten bestimmte Produkte wie z.B. Zigaretten, Schokolade, Kaffee und Butter rationiert werden, sind diese auf dem Schwarzmarkt zu nicht reglementierten Preisen verfügbar. Die Schwarzhändler und insbesondere deren Hintermänner (Schieber) werden als Kriegsgewinnler bezeichnet.
Internationale Waffenhändler
Waffenhändler, welche Waffen an Kunden verkaufen, gegen die eigentlich internationale Waffenembargos verhängt wurden [1].
Zivile Firmen
Firmen, die in Kriegszeiten lukrative Aufträge für Aufgaben übertragen bekommen, welche üblicherweise vom Militär ausgeführt werden. Zusätzlich Firmen, welche beim Wiederaufbau von Kriegsschäden bevorzugt Aufträge erhalten; i.d.R. weil sie einem Land angehören, welches auf der Gewinnerseite der militärischen Auseinandersetzung steht[2].
Erweiterte Anwendung
Führungspersonen der Wirtschaft, welche juristisch legal, aber gegen eine allgemein anerkannte Handlungsethik verstoßen, werden auch als Kriegsgewinnler bezeichnet[3]. Die Schweiz war im Zweiten Weltkrieg neutral geblieben und hatte hierdurch nicht nur Blutzoll und Zerstörung vermieden sondern auch ökonomische Gewinne eingefahren. Die Siegermächte betrachteten die Schweizer als „Kriegsgewinnler“, die mit den Nazis kooperiert hatten. Mit dem Abkommen von Washington willigte die Schweiz 1946 ein, den USA 250 Mio. SFr. zu zahlen, dafür wurden Schweizer Konten entsperrt und die „Schwarze Liste“, auf der Schweizer Unternehmen standen, die mit den Nazis kooperiert hatten, gelöscht. Siehe Hauptartikel: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg.
Enteignungen von Kriegsgewinnlern 1946
Im Juli 1946 wurde in Sachsen eine Volksabstimmung zur "Überführung der Betriebe von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes" durchgeführt. Während auch die demokratischen Parteien einheitlich hinter dem Wunsch nach einer Enteignung der Verbrecher standen, entspann sich ein politischer Konflikt um die Formulierung, dass auch Kriegsgewinnler und Kriegsinteressenten enteignet werden sollten. Dieser Forderung der SED hielten die demokratischen Parteien entgegen, dass diese Begriffe nicht ausreichend definiert seien und zur Willkür führen würden.[4]
Erwähnung in der Literatur
In seinem Drama Mutter Courage und ihre Kinder stellt Bertolt Brecht mit der Hauptfigur eine Kriegsgewinnlerin vor.
Insbesondere in der Nachkriegsliteratur ist der Kriegsgewinnler eine vielfach vorkommende Stereotype, so in so unterschiedlichen Werken wie Otto Reutter "Der Kriegsgewinnler" von 1919, Brechts Trommeln in der Nacht oder Hans Hellmut Kirsts „08/15“. Theo Matejko schuf nach einer Anregung von Hermann Ullstein die Gestalt des „Raffke“, jenes als Kriegsgewinnler zu Geld gekommenen „Neureichen“.
Ab 1945 wird der Kriegsgewinnler vielfach als Gegenfigur zum Heimkehrer eingesetzt. Dem Heimkehrer, der sein Leben eingesetzt und fast alles verloren hat, wird der Kriegsgewinnler entgegengesetzt, der sich feige vor dem Kriegsdienst gedrückt hat und auch noch finanziell vom Krieg profitierte.
Aber der Kriegsgewinnler tritt in der Literatur auch als teilweise positiv besetzte Figur auf. So nutzt Oskar Schindler in Schindlers Liste seine durch den Krieg erworbenen Möglichkeiten zur Rettung der Juden.
Siehe auch
Militärisch-Industrieller Komplex
Einzelnachweise
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