Königreich Jórvík

Königreich Jórvík

Das Königreich Jórvík mit der Hauptstadt Jórvík (das spätere York) war ein Territorium der Wikinger in Nordengland. Die Könige kontrollierten neben ihrem eigentlichen Gebiet (im Wesentlichen Northumbria) zeitweise auch die Gegend um Dublin, die Isle of Man und die Five Boroughs of Mercia. Umgekehrt saßen auch die Könige von Dublin auf dem Thron, die Könige von Wessex annektierten das Gebiet, wobei sie den Titel zu dem eines Earl of York herunterstuften.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

York wurde von den Römern im Jahre 71 n.Chr. als „Eboracum“ gegründet, was übersetzt wahrscheinlich „Ort der Eibenbäume“ heißt. Nach dem Abzug der Römer wurde es von den Angelsachsen zur Hauptstadt des Königreichs Deira, das danach im Königreich Northumbria aufging. Im November 866 wurde es von dem Großen Heidnischen Heer der dänischen Wikinger eingenommen, die in East Anglia gelandet waren. Von dort zogen sie direkt nach Norden, mit der Unterstützung von Edmund dem Märtyrer, König von East Anglia, der ihnen Pferde stellte. Damit wollte er die Wikinger von einem Einfall in East Anglia abhalten und gleichzeitig Unterstützung gegen den Rivalen um die Vorherrschaft in der Heptarchie erhalten.

Die Rivalen um die Königswürde in Northumbria einigten sich auf einen Waffenstillstand, um gemeinsam die Stadt im März 867 zurückzuerobern. Der Angriff schlug fehl, und die Wikinger konnten ihren Einfluss auf das Königreich Deira ausdehnen, während sich der Hof von Northumbria in den Nordteil des Landes, nach Bernicia, flüchtete.

Die Wikingerangriffe auf Mercia im Jahre 869 scheiterten danach, ebenso wie ihr groß angelegter Angriff auf Wessex, am Widerstand von König Æþelræd I. und König Alfred dem Großen.

Jórvík wurde die Hauptstadt eines kleinen, aber florierenden Königreiches, das in das Danelag einverleibt wurde. Als Guthrum gegen East Anglia ins Feld zog, blieb Halfdan Ragnarsson als König zurück. Unter der Regentschaft Halfdans wurde Jórvík als Dänisches Reich betrachtet, in der Folge wurde es jedoch den Norwegern überlassen, die auch dafür zu kämpfen hatten. Die Dänen übernahmen dafür das Königreich East Anglia. Die Five Boroughs waren eine Art Pufferzone zwischen den beiden Reichen. Nordengland blieb unter norwegischem Einfluss, bis Harald III. (Norwegen) in der Schlacht von Stamford Bridge im Jahr 1066 fiel.

Der Platz, an dem der Palast der nordmannischen Könige errichtet wurde, ist als Konungsgårthr bekannt und ist heute als Kings Square bekannt. Das Königreich Jórvík ging 954 in England auf, jedoch ohne dass dies seinen wirtschaftlichen Erfolg schmälerte. Rund um die erste Jahrtausendwende lebten nur in London mehr Menschen auf den Britischen Inseln. Erst unter Wilhelm dem Eroberer verlor Jórvík seine Unabhängigkeit.

Könige von Jórvík

  • Halfdan Ragnarsson, 875–877
  • 877-883 möglicherweise Interregnum
  • Guthfrith I., 877 oder 883–894 mit:
    • Sigfrith 883–?
  • Knut Röriksson, 894-?
  • Ethelwald, frühes 10. Jahrhundert
  • Halfdan II. Haraldsson, 902–910 mit:
    • Eowils, 902–910
    • Ivar, 902–910
  • Ragnald I., 912/9–921
  • Sihtric der Blinde, 921–927
  • Guthfrith II. Sihtricsson, 927, König von Dublin
  • Teil Englands 927–939
  • Olaf Guthfrithsson, 939–941, König von Dublin
  • Olav II., 941–943, König von Dublin
  • Ragnald II., 943–944
  • Olav II. (2. Mal) 944
  • Zu England 944–948
  • Erik Blutaxt, 948–949, König von Norwegen
  • Olav II. (3. Mal) 949–952
  • Erik Blutaxt (erneut) 952–954

Spuren der Wikinger

Die Wikinger reparierten und erweiterten die römische Stadtmauer, bauten Anleger am Flussufer und ordneten den Straßenplan neu. Die Straßen haben heute noch größtenteils skandinavische Namen. Ausgrabungen haben Dutzende von Häusern und Werkstätten freigelegt, die die materielle Kultur einer blühenden Marktstadt und eines Handelszentrums offenbaren. Mit anderen Städten des Danelags, wie Lincoln hielt Jórvík die Verbindung zu den skandinavischen Kaufleuten. Es war Umschlagsplatz für Waren wie deutsche Keramik und Wein, norwegische Wetzsteine und byzantinische Seide. Archäologen fanden sogar Objekte, die vom Persischen Golf stammten, doch scheint es auch mit den Engländern Handel gegeben zu haben. Die in Jórvík geprägten Münzen hatten christliche und heidnische Symbole. Diese Dualität spiegelt sich auch auf den Grabsteinen der Region wider. Fragmente von Grabsteinen, die man in der Nähe der mittelalterlichen Kathedrale fand, trugen kunstvolle Steinmetzarbeiten in den skandinavischen Stilrichtungen.

Die Beziehungen zwischen den skandinavischen Siedlern und der einheimischen Bevölkerung führten zu einer spezifischen anglo-skandinavischen Kultur. Im Bereich der Religion wird dies besonders deutlich. Außer Grabstätten gibt es wenige Beispiele heidnischen Brauchtums im wikingerzeitlichen England. Man fand jedoch beträchtliche Mengen an Waffen und anderen Gegenständen in Flüssen. Insbesondere aus der Themse auf Höhe der London Bridge und in Oxford. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Depots um Opfergaben, die es auch in skandinavischen Mooren gibt. Eine Fundstätte liegt in Skerne im nordenglischen Humberside. Im Bereich der Stützpfeiler einer Brücke wurden Skelette von mindestens 20 Pferden, Rindern, Schafen und Hunden zusammen mit Metallgegenständen und Waffen gefunden.

Im Kontrast dazu fand sich eine Anzahl von Zeugnissen der skandinavischen Bekehrung zum Christentum, hauptsächlich in Form von Steinskulpturen. Das angelsächsische Land besaß zur Zeit der groß angelegten skandinavischen Siedlungen bereits eine Tradition von gemeißelten Steinkreuzen und Grabsteinen. Seit dem frühen 10. Jahrhundert tauchen neue Skulpturarten auf. Kreuze weisen bisher unbekannte Gestaltungen auf. Bei den Verzierungen finden sich zunehmend skandinavische Kunststile. Auffallend sind Elemente, die die Skandinavier eingeführt haben, wie Abbildungen von bewaffneten Kriegern, die von Waffen umgeben sind, wie sie sich auf den Middleton-Kreuzen North Yorkshires finden. Ein anschauliches Beispiel stellt auch ein Kreuzfragment aus Weston in North Yorkshire dar, das einen bewaffneten Krieger zeigt, der eine weibliche Gestalt am Hals packt. Die einzige Darstellung von Gewalt gegenüber einer Frau, die man in der Wikingerwelt gefunden hat.

Literatur

  • James Graham-Campbell: Das Leben der Wikinger. Krieger, Händler und Entdecker. Sonderausgabe. Nikol-Verlags-Gesellschaft, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-45-7 (formal falsche ISBN), (Originalausgabe: The viking world. Erweiterte Ausgabe. Lincoln, London 2001, ISBN 0-7112-1800-5).
  • R. A. Hall: Jorvik. Viking age York. York Archaeological Trust, York 1980, ISBN 0-9506297-1-5.
  • John Haywood: The Penguin Historical Atlas of the Vikings. Penguin, London 1995, ISBN 0-14-051328-0.
  • Hazel Mary Martell: The Vikings and Jorvik. Zoë Books, Winchester 1993, ISBN 1-874488-12-6, (Hidden worlds).

Weblinks


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