- Leistungsschutzrecht für Presseverleger
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Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist ein im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP von 2009 vorgesehenes neues Immaterialgüterrecht.
Inhaltsverzeichnis
Stand der Diskussion
Leistungsschutzrechte gibt es bereits für einige andere Schutzgegenstände im Urheberrechtsgesetz. Sie sind in den §§ 70ff. UrhG geregelt. In einer Pressemitteilung des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) vom 7. Mai 2009 wurde die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht damit begründet, „dass sich die Presseunternehmen gegen eine unentgeltliche Ausnutzung ihrer Angebote im Internet zur Wehr setzen müssten“. Im Koalitionsvertrag wurde diese Forderung aufgegriffen. Dort heißt es in Zeile 4776:
„Verlage sollen im Online-Bereich nicht schlechter gestellt werden als andere Werkvermittler. Wir streben deshalb die Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage zur Verbesserung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet an.“
In einer Rede auf dem Zeitungskongress des BDZV im September 2011 sagte Kanzlerin Angela Merkel, dass ein Leistungsschutzrecht in Vorbereitung sei:
„Verlegerische Leistungen kosten Zeit und Geld. Deswegen kann ich auch gut verstehen, dass ein Leistungsschutzrecht für Verleger gefordert wird. Deshalb arbeitet die Bundesregierung derzeit an einem Gesetzentwurf, der das Urheberrecht weiter an die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft anpassen soll. Wir haben es nicht vergessen; es wird vorangetrieben. Wir streben eine ausgewogene Regelung an, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt.“
Außerdem kündigte Merkel an, diese Bemühungen auch auf europäischer Ebene voranzutreiben.[1][2]
Argumente für ein Leistungsschutzrecht
Für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger wird vorgebracht, es handele sich um eine Schutzlücke, da andere Verwerter wie z.B. Tonträgerhersteller schon ein Leistungsschutzrecht hätten. Das Leistungsschutzrecht sei zudem nötig, um Presseverlage vor einem unlauteren Ausbeuten ihrer Leistung durch Suchmaschinen zu schützen.
Argumente gegen ein Leistungsschutzrecht
Gegen ein Leistungsschutzrecht wird vorgebracht, Presseverleger seien schon durch das Urheberrecht hinreichend geschützt. Zudem könne jeder Verleger seine Informationsangebote sichern, indem er diese nicht gratis ins Internet stellt. Daneben sei niemand verpflichtet, seine Texte durch die Suchmaschine von Google – dem derzeitigen Hauptfeind der Verlage – erfassen zu lassen oder kann deren Erfassung kontrollieren.
Weiter wird argumentiert, dass derjenige, der seine Produkte gebührenfrei ins Internet stellt, den freien Fluss dieses digitalen Marktes nicht verbieten könne. Hinter einem Leistungsschutzrecht lauere die mehr oder weniger versteckte Forderung nach einem Gebührenerhebungssystem, das ein grenzüberschreitendes bürokratisches Monster[3] impliziert, welches nicht zuletzt auch die sehr schwierige Abzugrenzung zwischen den Leistungen klassischer Medienunternehmen und jener anderer Akteure des Informationssektors (etwa Blogger) vornehmen müsste.
Das Leistungsschutzrecht führe im Ergebnis also zu einer Art Steuer, mit der die überholten Geschäftsmodelle der Presseverleger gestützt werden sollen.
Weiterhin zeigten statistische Analysen, dass es hohe Redundanz der Online-Auftritte von klassischen Medien [4] gibt, so dass das Pro-Argument der Gefahr einer demokratieschädlichen "Informationsausdünnung" widerlegt sei. Stattdessen werde eine Differenzierung der Publikationswelt durch Blogs etc.[5] realisiert.
Gegen-Initiative
Im Dezember 2010 entstand die Gegen-Initiative "Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL)". Mehrere Organisationen und Internetportale wie der Chaos Computer Club, Creative Commons, der Freitag, Freischreiber, Google, gulli.com, die Heinrich-Böll-Stiftung, netzpolitik.org, Perlentaucher, Spreeblick und Wikimedia Deutschland unterstützen die Aktion. Auch einzelne Journalisten und der Landesverband Brandenburg des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) haben sich der Aktion angeschlossen.[6]
Die Initiative beschreibt sich selbst:[7]
„IGEL wendet sich gegen ein Leistungsschutzrecht, weil es weder notwendig noch gerechtfertigt ist und bedenkliche Auswirkungen auf die Interessen Dritter und das Gemeinwohl hätte.“
Viele Unterstützer veröffentlichen kritische Beiträge über das Leistungsschutzrecht in Magazinen, Zeitungen und Blogs.
Einzelnachweise
- ↑ Rede von Angela Merkel, 19. September 2011
- ↑ Mitschnitt der Rede bei netzpolitik.org
- ↑ Neue Zürcher Zeitung, 31. August 2010: Keine Sympathien für ein Leistungsschutzrecht
- ↑ Carta.Info 26. Oktober 2010: Leistungssschutzrecht: Fragwürdiger Schutz vor der Medienevolution
- ↑ C-Radar 1. Juli 2010: C-Radar Extra zum Thema Leistungsschutzrecht
- ↑ Leistungsschutzrecht.info: Unterstützer
- ↑ Leistungsschutzrecht.info: IGEL – Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht geht online
Weblinks
- Leistungsschutzrecht: Fakten und Argumente auf der Seite der Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
- Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL)
- Interview mit Leutheusser-Schnarrenberger
Literatur
- Timo Ehmann und Emese Szilagyi, Kommunikation und Recht, Beilage 2/09, S. 1ff Erforderlichkeit eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger
- Dieter Frey Leistungsschutzrecht für Presseverleger, Überlegungen zur Struktur und zu den Auswirkungen auf die Kommunikation im Internet
- Stephan Thomae, MdB (FDP) Leistungsschutz für Presseverlage als Voraussetzung für fairen Wettbewerb auch im Internet
- diverse Beiträge auf Carta.info
- Materialsammlung auf leistungsschutzrecht.info
- Timo Ehmann, Die Anhörung des BMJ zum Leistungsschutzrecht und was daraus folgt
- IGEL - Initiative gegen das Leistungsschutzrecht
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