- Leuchtkräftige Rote Nova
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Leuchtkräftige Rote Nova sind eine seltene Klasse von eruptiven veränderlichen Sternen (einer Unterklasse der veränderlichen Sternen), deren Ursache wahrscheinlich die Verschmelzung eines Doppelsternsystems ist. Sie unterscheiden sich von den klassischen Novae unter anderem durch ihre intensive rote Farbe.
Inhaltsverzeichnis
Erscheinung
Zu den Leuchtkräftigen Roten Novae werden neben dem Prototypen V838 Mon, V4332 Sgr und V1309 Sco sowie die extragalaktischen Sterne M31RV, NGC300 OT2008, M85 OT2006-1 und M99 PTF10FQS[1] gezählt. Obwohl ihre optische Lichtkurve mit einem steilen Anstieg und langsamen Abfall den von klassischen Novae ähnelt, gibt es eine Reihe von Differenzierungsmerkmalen[2][3]:
- Die Expansionsgeschwindigkeit der bei der Eruption beschleunigten Hülle liegt bei 100 km/s anstatt bei mehr als 1000 km/s
- das Fehlen hochionisierter Spektrallinien
- bei klassischen Novae wird ein Teil des weißen Zwergs bei der Eruption abgesprengt. Eine entsprechende Signatur kann in den Spektren leuchtkräftigen roter Novae nicht nachgewiesen werden.
- die niedrige Temperatur der abgeworfenen Hülle einige Wochen nach der Eruption von nur 900 K im Fall von V838 Mon sowie das Auftreten eines starken Infrarotexzess.
- im späten Stadium zeigt sich das Spektrum eines M- oder L-Überriesen
- Die Leuchtkraft der leuchtkräftigen roten Nova von circa einer Million Sonnenleuchtkräften ist zu groß in Relation zur Geschwindigkeit des Helligkeitsabfalls für klassische klassischen Novae und zu gering für eine Supernova
Modelle
Um die Eruptionen zu erklären sind die folgenden Modelle[4] vorgeschlagen worden:
- Ein atypischer Novaausbruch basierend auf einem thermonuklearen Runaway an der Oberfläche eines weißen Zwerg, der über eine geringe Masse von nur 0,2 Sonnenmassen verfügt. Bei klassischen Novae beträgt die Masse des weißen Zwergs mehr als 0,5 Sonnenmassen.
- Auf oder nahe dem Asymptotischen Riesenast treten thermische Pulse auf, wenn im Kern des Sterns Kohlenstoff explosionsartig zündet. Das Fehlen einer zirkumstellaren Hülle, die typisch für Sterne auf dem Asymptotischen Riesenast ist, macht dieses Szenario unwahrscheinlich.
- Bei einem Helium-Blitz in einem massiven Stern zündet im Kern Helium und bei der Reaktion entsteht Kohlenstoff. Dieser Vorgang des explosiven Heliumbrennens kann in einigen Fällen zu einem starken Massenverlust mit dem Ausstoß einer zirkumstellaren Hülle führen.
- Eine atypische Supernova vom Typ IIn, die starker zirkumstellarer Extinktion ausgesetzt ist, könnte die Lichtkurve der roten Novae reproduzieren
- Der Einfang eines Exoplaneten könnte die beobachtete Energie freigesetzt haben. In den letzten Jahren sind viele Exoplaneten in engen Bahnen um ihre Zentralsterne entdeckt worden. Kommen sich Stern und Planet zu nahe beginnen ihre Atmosphären miteinander zu wechselwirken. Dies erhöht die Reibung und der Planet stürzt in den Stern. Die dabei freiwerdende Energie reicht zum Zünden des Deuteriumbrennen in der Atmosphäre des Sterns und dadurch steigt die Helligkeit wie beobachtet innerhalb weniger Tage stark an.
- Die Verschmelzung zweier Sterne in einem Doppelsternsystem wird schon länger als Ursache schnell rotierender Einzelsterne vom Typ FK Comae Berenices angesehen. Als Vorläufer werden die bedeckungsveränderlichen Kontaktsysteme vom Typ W-Ursae-Majoris-Stern vermutet. Bei diesen haben sich die zwei Sterne in einem Doppelsternsystem bereits so weit angenähert, dass sie eine gemeinsame Hülle bilden. Durch Reibung spiralt der kleinere Begleiter in die größere Komponente hinein und die Umsetzung der Bewegungsenergie führt zum Auswurf einer expandierenden Hülle.
V1309 Sco = Nova Sco 2008
Beobachtung
Die im Jahre 2008 ausgebrochene leuchtkräftige rote Nova V1309 Sco[5] liegt in einem Überwachungsfeld von OGLE und deshalb liegen photometrische Daten von dieser roten Nova aus den Jahren vor dem Ausbruch vor. In den Jahren vor dem Ausbruch zeigte sich ein Bedeckungslichtwechsel mit einer Periode von 1,4 Tagen. Der Lichtwechsel war typisch für ein Kontaktsystem. Bei diesen Doppelsternsystemen ist der Abstand zwischen den beiden Sternen so gering, dass sie eine gemeinsame Hülle bilden. Die Periode hat in den sechs Jahren vor dem Ausbruch exponentiell abgenommen und die Lichtkurve war stark veränderlich. In dem Jahr vor dem Ausbruch war kein Bedeckungslichtwechsel mehr nachweisbar. Die Gesamthelligkeit von V1309 Sco stieg in den Jahren kontinuierlich an um im Jahre 2007 um 1 mag abzufallen. Im folgenden Jahr ist die Helligkeit erst langsam angestiegen um dann innerhalb weniger Wochen das Maximum mit einer Ausbuchsamplitude von 10 mag zu erreichen.
Interpretation
Der Bedeckungslichtwechsel zeigt, dass V1309 Sco vor den Ausbruch ein enges Doppelsternsystem war, dessen Komponenten bereits eine gemeinsamen Hülle gebildet hatten. Die exponentielle Abnahme der Umlaufdauer um 1,2 Prozent innerhalb von 6 Jahren setzte genügend Energie frei um den langsamen Anstieg der Helligkeit vor dem Ausbruch zu erklären. Im Jahr vor der Eruption änderte sich die Lichtkurve. Sie war nicht mehr typisch für einen Bedeckungslichtwechsel, sondern für einen Rotationalichtwechsel eines ellipsoiden Körpers. Der Abfall der Helligkeit vor dem Ausbruch lässt vermuten, dass V1309 Sco aufgrund des hohen Drehimpuls Materie bevorzugt in der Bahnebene auswarf. Diese dürfte eine staubhaltige zirkumstellare Scheibe gebildet haben wie sie bei V4332 Sgr nachgewiesen wurde aufgrund des hohen gemessenen Polarisationgrades[6]. Der Auslöser der Eruption im Jahre 2008 könnte eine Darwin-Instabilität sein. Beim Ausbruch wird Drehimpuls zu einem kleinen Teil in Strahlung umgewandelt, während der größte Teil des Drehimpuls abgebaut wird durch den Auswurf von Materie. Der Vorgänger der Roten Nova war nach Simulationsrechnungen ein Doppelstern mit einer Gesamtmasse von circa 2 Sonnenmassen und einer Umlaufdauer von 2,3 bis 3,3 Tagen[7].
Mergerburst
Der Eruptionsmechanismus wird auch als Mergerburst (auf deutsch etwa Verschmelzungsausbruch) bezeichnet. Durch die unterschiedlichen Massen sowie die Massenverteilung in den beteiligten Doppelsternsysteme und in Abhängigkeit von der Bahnneigung kann eine Reihe von Ausbruchslichtkurven modelliert werden. Ob der Mergeburst der einzige Mechanismus zur Erzeugung von leuchtkräftigen roten Nova ist oder ob die anderen oben aufgeführten Modelle ebenfalls für einige Ausbrüche verantwortlich sind kann anhand der vorliegenden Daten nicht beantwortet werden. Bei einer Verschmelzung zwischen einem Stern und einem Planeten[8] sowie einem Braunen Zwerg und einem Planeten[9] kommt es ebenfalls zu einem Ausbruch mit einer kleineren Amplitude und Dauer. Eine Eruption mit einer Dauer von nur wenigen Tagen konnte noch nicht nachgewiesen werden.
Literatur
- ↑ Mansi M. Kasliwal et al.: PTF10FQS: A LUMINOUS RED NOVA IN THE SPIRAL GALAXY MESSIER 99. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2010, arXiv:1005.1455v1..
- ↑ A. Rau, S. R. Kulkarni, E. O. Ofek, L. Yan: Spitzer Observations of the New Luminous Red Nova M85 OT2006-1. In: The Astrophysical Journal. 659, Nr. 2, 2007, S. 1536–1540, doi:10.1086/512672.
- ↑ Todd A. Thompson, José L. Prieto, K. Z. Stanek, Matthew D. Kistler, John F. Beacom, Christopher S. Kochanek: A New Class of Luminous Transients and A First Census of Their Massive Stellar Progenitors. In: The Astrophysical Journal. 705, Nr. 2, 2009, S. 1364–1384, doi:10.1088/0004-637X/705/2/1364.
- ↑ E. Mason, M. Diaz, R. E. Williams, G. Preston, T. Bensby: The peculiar nova V1309 Scorpii/nova Scorpii 2008 - A candidate twin of V838 Monocerotis. In: Astronomy and Astrophysics. 516, 2010, S. A108, doi:10.1051/0004-6361/200913610.
- ↑ R. Tylenda, M. Hajduk, T. Kamiński, A. Udalski, I. Soszyński, M. K Szymański, M. Kubiak, G. Pietrzyński, R. Poleski, Ł Wyrzykowski, K. Ulaczyk: V1309 Scorpii: merger of a contact binary. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 1. November 2010, arXiv:1012.0163.
- ↑ T. Kaminski, R. Tylenda: Strong linear polarization of V4332 Sgr: a dusty disc geometry. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1101.1267.
- ↑ K. Stepien: Evolution of the progenitor binary of V1309 Scorpii before merger. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1105.2627.
- ↑ Retter, A.; Zhang, B.; Siess, L.; Levinson, A.; Marom, A.: The Planets-Capture Model of V838 Mon. In: Astronomical Society of the Pacific Conference Series. 324, 2007.
- ↑ Ealeal Bear, Amit Kashi and Noam Soker: Mergerburst transients of brown dwarfs with exoplanets. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1104.4106v1.
Kategorien:- Sternklasse
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