W-Ursae-Majoris-Stern

W-Ursae-Majoris-Stern

W-Ursae-Majoris-Sterne, auch W-Ursae-Majoris-Veränderliche, (GCVS-Systematikkürzel: EW) sind bedeckungsveränderliche Sterne, dessen Doppelsternenpaar in Oberflächenkontakt steht und einen kontinuierlichen Lichtwechsel zeigt. Sie sind benannt nach dem Prototyp W Ursae Majoris[1].

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

W-Ursae-Majoris-Sterne weisen meistens eine Spektralklasse von F bis K auf, wobei ihre Komponenten ungefähr gleich hell bei einer unterschiedlichen Masse sind. Die Bahnperiode liegt meistens unter einem Tag, wobei fast alle Perioden zwischen 0,3 und 0,8 Tagen liegen. Die Amplitude im Visuellen Licht ist dabei gewöhnlich geringer als 0,8 Magnituden, wobei die beiden Minima sich nur geringfügig unterscheiden. Die Gesamtmasse eines W-Ursae-Majoris-Doppelsternsystems überschreitet nicht 2,5 Sonnenmassen.

Die Lichtkurve unterscheidet sich von der diskreten Verdunklung klassischer Bedeckungsveränderlicher durch eine kontinuierliche Helligkeitsveränderung. Dies ist eine Folge der elliptischen Form der Sterne aufgrund der Nähe, wobei sich diese durch gravitative Verzerrung und die Zentrifugalkraft einstellt. Die Lichtkurve wiederholt sich häufig nicht streng, da es aufgrund der kurzen Umlaufdauer und des konvektiven Energietransports in der Hülle stellare Aktivität auftritt. Sternflecken und Flares werden daher häufig beobachtet. Charakteristisch für W-Ursae-Majoris-Sterne ist weiterhin der konstante Farbindex über den gesamten Lichtwechsel, der auch zur Unterscheidung von pulsierenden Veränderlichen wie Delta-Scuti-Sternen und RR-Lyrae-Sternen genutzt wird. Aus dem konstanten Farbindex folgt eine annähernd identische Oberflächentemperatur für zwei Sterne mit unterschiedlichen Massen. Dies ist ein Verstoß gegen das Vogt-Russell-Theorem, wonach die Masse und chemische Zusammensetzung eindeutig sowohl den Radius als auch die Leuchtkraft des Sterns festlegt. Heute wird davon ausgegangen, dass ein W-Ursae-Majoris-Stern in eine gemeinsame Hülle eingebettet ist und dies zu der identischen Oberflächentemperatur führt[2].

W-Ursae-Majoris-Veränderliche treten mit einer großen Häufigkeit unter den Veränderlicher Sternen auf. In der galaktischen Umgebung zählen etwa etwa ein Prozent der Hauptreihensterne mit den Spektraltypen F bis K zu den W-Ursae-Majoris-Sternen.

Einteilung

Die W-Ursae-Majoris-Sterne werden in die folgenden Subklassen unterteilt[3], [4]:

  • Typ A: Der massereichere Stern von beiden ist größer und heißer, beide sind heißer als die Sonne mit A oder F von 0,4 bis 0,8 Tagen
  • Typ W: Der massereichere Stern ist größer aber kälter als sein Partner, Spektralklasse G oder K mit einer Umlaufzeit von 0,22 bis 0,4 Tagen
  • Typ H: Diese W-Ursae-Majoris-Sterne verfügen über einen Massenverhältnis q = M1 / M2 von mehr als 0,72. Bei diesen Doppelsternen ist der Energietransfer zwischen den Komponenten sehr ineffizient.

O'Connell-Effekt

Bei vielen Kontaktsystemen und besonders bei W-Ursae-Majoris-Veränderliche kann der O'Connell-Effekt beobachtet werden, bei dem die Maxima in der Lichtkurve eine unterschiedliche Höhe von bis zu 0,1 Magnituden zeigen. Die Asymmetrie im Lichtwechsel nimmt zu je stärker die Sterne elliptisch verzerrt sind sowie je größer das Verhältnis der Radien der Sterne ist. Der O'Connell-Effekt wird wahlweise als die Folge eines heißen Flecks zwischen den beiden Sternen aufgrund eines Massenaustausches, Sternflecken auf den Komponenten des Doppelsternsystems sowie durch zirkumstellare Materie in einem Ring um den Bedeckungsveränderlichen erklärt[5].

Entwicklung

W-Ursae-Majoris-Veränderliche und weitere Kontaktsysteme treten weder in Sternentstehungsgebieten noch in jungen offenen Sternhaufen auf. Sie sind dagegen häufig in den älteren offenen Sternhaufen mit einem Alter von mehr als einer Milliarde Jahre sowie den circa 12 Milliarden Jahre alten Kugelsternhaufen zu finden. Kontaktsysteme entstehen in einem zeitlichen Prozess, der als magnetischer Drehmomentverlust bezeichnet wird. Da bei engen, zunächst noch getrennten Doppelsternsystemen die Rotation der Sterne gebunden ist kann die Rotationsdauer dieser Sterne nur identisch sein mit der Umlaufdauer im Doppelsternsystem von einigen Tagen. Weil an der Oberfläche der späten Sterne Konvektion den Energietransport dominiert bilden sich globale Magnetfelder aus. Die im Sternwind abgegebene Materie ist ionisiert, daher im Magnetfeld eingefroren und muss der Rotation des Sterns folgen. Dieses Mitschleppen vermindert das im Doppelsternsystem vorhandene Drehmoment und in der Folge verringert sich der Abstand zwischen den beiden Komponenten bis sie eine gemeinsame Hülle bilden[6].

Durch den stetigen Austausch von Materie und Energie zwischen den beiden Sternen in einer gemeinsamen Hülle verringert sich das Gesamtdrehmoment des Doppelsternsystems weiter. Daher nimmt der Abstand zwischen den beiden Komponenten ab bis die beiden Sterne verschmelzen. Beim Vorgang der Verschmelzung eines engen Doppelsternsystems wird eine große Menge an Energie frei und dies wird als Leuchtkräftige Rote Nova beobachtet. Im Fall von V1309 Sco ist sogar die Bedeckungsveränderlichkeit vor dem Ausbruch dokumentiert worden[7]. Als Ergebnis der Leuchtkräftige Rote Nova bildet sich ein schnell rotierender Einzelstern bestehend aus der Masse der beiden Komponenten des Doppelsternsystems. Als Nachfolger dieser Verschmezung werden die FK-Coma-Berenices-Sterne sowie die Blauen Nachzügler angesehen[8].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. John R. Percy: Understanding Variable Stars. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-23253-1.
  2. Cuno Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. J. A. Barth Verlag, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
  3. S. Csizmadia1, P. Klagyivik: On the properties of contact binary stars. In: Astronomy & Astrophysics. 426, 2004, S. 1001-1005, doi:10.1051/0004-6361:20040430.
  4. L. Binnendijk: The W Ursae Majoris Systems. In: Kleine Veröffentlichungen der Remeis-Sternwarte zu Bamberg. 40, 1965, S. 36-51.
  5. Liu, Q.-Y. & Yang, Y.-L.: A Possible Explanation of the O'Connell Effect in Close Binary Stars. In: Chinese Journal of Astronomy & Astrophysics. 3, 2003, S. 142-150.
  6. K. Stepien: Evolution of Cool Close Binaries - Approach to Contact. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1105.2645.
  7. R. Tylenda, M. Hajduk, T. Kamiński, A. Udalski, I. Soszyński, M. K Szymański, M. Kubiak, G. Pietrzyński, R. Poleski, Ł Wyrzykowski, K. Ulaczyk: V1309 Scorpii: merger of a contact binary. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 1. November 2010, arXiv:1012.0163.
  8. Bradstreet, D. H. & Guinan, E. F.: Stellar Mergers and Acquisitions: The Formation and Evolution of W Ursae Majoris Binaries. In: Astronomical Society of the Pacific. 56, 1994, S. 228-243.

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