Charge (Studentenverbindung)

Charge (Studentenverbindung)
„Die Herren Chargierten“ von Georg Mühlberg (1863–1925)

Eine Charge ist eine einem Vorstandsamt ähnliche Führungsposition in einer Studentenverbindung, deren Inhaber („Chargierte“ oder ebenfalls „Chargen“ genannt) in der Regel jeweils für ein Semester aus dem Kreis der Burschen bzw. Corpsburschen gewählt werden. Kurzfristige Ab- und Neuwahlen sind dabei immer durch die Mitglieder des zuständigen Conventes möglich.

Inhaltsverzeichnis

Chargierter

Sprachlich nicht immer sauber getrennt wird zwischen dem Begriff „Charge“, also dem Amt, und dem Begriff „Chargierter“, der den Amtsinhaber bezeichnet.

Die Chargierten werden von den Burschen, bzw. den Corpsburschen einer Verbindung für jeweils ein Semester aus den eigenen Reihen gewählt. Der Kreis der Wahlberechtigten (sowohl aktiv als auch passiv) variiert häufig von Verbindung zu Verbindung, beschränkt sich im Regelfall aber auf die studierenden „Vollmitglieder“. Die Alten Herren – obwohl zahlenmäßig in den Studentenverbindungen weit in der Überzahl – haben weder aktives noch passives Wahlrecht.

Die Befugnisse der Chargierten erstrecken sich über den Bereich der jeweiligen Aktivitas oder des jeweiligen Corpsburschen-Convents. Vorstandsmitglieder von Altherrenverbänden werden nicht „Chargierte“ genannt.

Bei den Kösener Corps ist es üblich, dass Chargierte zu Semesterbeginn erst ad interim (lat. „bis auf weiteres“) auf eine Charge gewählt werden. Die definitive Wahl kann erst nach einer erfolgreich absolvierten Mensur erfolgen. Nach alter Kösener Auffassung ist ein Chargierter während der Dauer seines Amtes nicht als „Corpsbursche“ anzusehen, Chargierte haben einen herausgehobenen Sonderstatus im Corps. Ein Corpsbursche, der eine Charge nur „versieht“, gilt nicht als Chargierter.

Die Gesamtheit der Chargierten wird manchmal als Chargia (Chargenkabinett, modern auch Chargenteam, oder ähnlich) bezeichnet.

Décharge

Unter Décharge (Dechargierung) versteht man die Entlastung von Chargierten nach jedem Semester. Dabei ist eine Bewertung der Amtsführung in Form von Prädikaten (auch Kalkül genannt) üblich.

Chargieren

Als Chargieren bezeichnet man in diesem Kontext das feierliche Auftreten der Chargierten zu Repräsentationszwecken. Dabei wird in der Regel Vollwichs getragen. Häufig werden dabei die alten und äußerst aufwendigen Prunk-Fahnen der Verbindungen genutzt. Das „Chargieren“ kann von den Chargierten auch an andere Vollmitglieder der Verbindung delegiert werden.

Im 19. Jahrhundert war es teilweise üblich, dass die Chargierten bei repräsentativen Veranstaltungen auch zu Pferde auftraten, so zum Beispiel noch 1906 in Marburg.

Schlagende Verbindungen

Da die ältesten Verbindungstypen durchwegs schlagend sind, stellen ihre Chargenformen gewissermaßen den Grundtyp dar. Alle Variationen hiervon sind durch die jeweiligen geschichtlichen Entwicklungen bedingt.

Folgende Chargen gibt es typischerweise bei schlagenden Verbindungen:

  • Senior (Chargenzeichen: X), z. T. auch als Sprecher oder Erstchargierter bezeichnet
  • Consenior (Chargenzeichen: XX), Fechtwart der Verbindung
  • Schrift-/Kassenwart (Chargenzeichen: XXX), auch Sekretär, Aktuar, Drittchargierter oder Subsenior genannt

Bei den Corps ist es an einigen Universitätsorten (vor allem in Göttingen, Hannover, Jena, Leipzig, München und Erlangen) üblich, dass der „Senior“ drei Kreuze (xxx) als Chargenzeichen führt und der Drittchargierte ein Kreuz (x).

Der Senior repräsentiert die Verbindung nach außen und ist für die Gesamtorganisation des Bundes verantwortlich, der Consenior ist sein Stellvertreter und neben der Organisation des Mensur-Betriebs häufig für die reibungslose Organisation der gesellschaftlichen Veranstaltungen verantwortlich.

Der Schriftwart übernimmt die Korrespondenz und das Protokollieren der Convente, oft auch die Verwaltung der Kasse.

Bei schlagenden Studentenverbindungen gehört die Funktion des Fuchsmajors traditionell nicht zu den Chargen, wird aber auf Grund der besonderen Bedeutung als chargenähnliche Funktion bezeichnet. Der Fuchsmajor ist für die Werbung (Keilung), Betreuung und Ausbildung des Nachwuchses zuständig.

Nicht-schlagende Verbindungen

Ein typische Chargenverteilung bei nicht-schlagenden Verbindungen sieht hingegen so aus:

  • Senior bzw. Sprecher (X)
  • Schriftführer (XX)
  • Kassier (XXX)
  • Fuchsmajor (FM)

Bei einigen nicht-schlagenden Verbindungen, wie etwa dem Wingolfsbund, hat der Fuchsmajor die zweite Charge (xx) inne, die dritte Charge (xxx) wird als Kneipwart bezeichnet. Es ergibt sich folgendes Bild:

  • Senior (x)
  • Fuchsmajor/Fuxmajor (xx)
  • Kneipwart (xxx)

Meist ergänzt der Fuchsmajor das Chargenkabinett aber wie oben dargestellt um eine vierte Charge. Bei den meisten nicht-schlagenden Verbindungen stellt er hingegen ebenfalls lediglich eine „Funktion“ dar.

Bei katholischen Studentenverbindungen gibt es auch noch einen Quästor (XXXX), der die Funktion des Kassenwartes übernimmt. Dort sieht die Chargenverteilung meist so aus:

  • Senior (X)
  • Fuxmajor (FM)
  • Consenior (XX)
  • Scriptor (Schriftwart oder Schriftführer) (XXX)
  • Quästor (Kassenwart oder Kassier) (XXXX)

Ebenfalls verbreitet ist die Abkürzung des Conseniors als Vx; dann wird der Scriptor mit xx und der Quästor mit xxx abgekürzt.

Im Mittelschüler-Kartell-Verband, einem Verband von österreichischen Schülerverbindungen, gibt es im Regelfall sechs Chargen:

  • Senior (X)
  • Consenior (XX)
  • Fuchsmajor (FM)
  • Schriftführer (XXX)
  • Kassier (XXXX)
  • Budenwart (BW)

Wenn es bei einer Verbindung keinen eigenen Budenwart(BW) gibt wird der Consenior auf den:

  • Consenior 1 (XX1) = Verantwortlich für die Bude sowie auf den
  • Consenior 2 (XX²) = Verantwortlich für den Barbereich

aufgeteilt.[1]

Des Weiteren kann es auch zwei Fuchsmajores geben. Die Unterteilung sieht folgendermaßen aus:

  • FM1
  • FM2 bzw. FM subst.

Der Schweizerische Zofingerverein (auch Zofingia genannt) kennt im Regelfall fünf Chargen:

  • Präsident (X)
  • Vizepräsident (VX)
  • Fuchsmajor (FM)
  • Quästor (XX)
  • Aktuar (XXX)

Typischerweise gibt es in schweizerischen Verbindungen, seien sie schlagend oder nicht, folgende Chargen:

  • Präses/Präsident (X)
  • Kassier/Quästor (XX)
  • Aktuar (XXX)
  • Fuchsmajor (FM)
  • Fechtchargierter (FCh) bei schlagenden Verbindungen
  • Cantusmagister (CM) bei Verbindungen mit musikalischem Schwerpunkt

Chargenzeichen und Klammerung

Während ihrer Chargenzeit führen bei den meisten Verbindungen die Chargierten in ihrer Unterschrift zusätzlich zum Verbindungs-Zirkel das Kurzzeichen der ausgeübten Charge. Also in der Regel ein X für den Senior, bzw. Sprecher oder Erstchargierten, ein XX für den Consenior oder Fechtwart und ein XXX für den Kassenwart/Schriftwart bzw. Drittchargierten. Bei diesen X handelt es sich dabei um Kreuze und nicht um den Buchstaben X. Eine andere Auffassung[2] besagt, dass es sich um eine Form des elliptischen Sprachgebrauchs handelt: In der Studentensprache des 19. Jahrhunderts waren Kürzel und Buchstabenwörter verbreitet, wie etwa B.R.B. (Beider Rechte Beflissener), d.R.G.B. (der Rechtsgelahrtheit Beflissener), der BV (Bierverschiß),der AH (Alter Herr), der FM (Fuxmajor), der Ph. (Philister = AH), der SC (Senioren-Convent) und eben der x. Das x sollte wohl den griechischen Buchstaben χ („chi“) darstellen, der dem Anlaut in dem aus dem Französischen übernommenen Wort Charge (für das 'Amt in einer studentischen Verbindung', dazu Chargierter 'Amtsträger in einer Verbindung') entspricht und – pars pro toto – auf das ganze Wort übertragen wurde, vergleichbar der Bildung Xmas (Christmas) im modernen Englisch.

Aufgrund seiner Bedeutung für die Verbindung führt üblicherweise auch der Fuchsmajor zusätzlich zum Verbindungs-Zirkel ein Kurzzeichen, nämlich die beiden Buchstaben FM.

Nach erfolgreicher Amtsführung können diese Chargenzeichen geklammert, das heißt für den Rest des Lebens in Klammern hinter Namen und Zirkel geführt werden. Die Kriterien für eine Klammerung sind je nach Verbindung und Dachverband äußerst unterschiedlich. So kann man in manchen Verbindungen alle Chargen automatisch nach Entlastung durch den Convent (Versammlung aller Mitglieder) klammern. Bei schlagenden Verbindungen ist die Klammerung üblicherweise vom Fechten einer oder mehrerer (hervorragender) Mensur(en) auf die jeweilige Charge abhängig.

Fußnoten

  1. Beispielsweise bei der K.St.V Stubenberg Bruck sowie der K.St.V Waldmark Mürzzuschlag.
  2. http://staff-www.uni-marburg.de/~nail/pdf/studentensprache.pdf

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