Vorstand

Vorstand

Als Vorstand wird allgemein das Leitungsorgan von Unternehmen oder sonstigen privaten oder öffentlichen Rechtsformen bezeichnet, das die Personenvereinigung nach außen gerichtlich und außergerichtlich vertritt und nach innen mit der Führung der Geschäfte betraut ist. Gesetzlich wird der Begriff Vorstand bei der Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, dem Verein und der Genossenschaft verwendet. In den meisten Satzungen der Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts werden auch deren Führungsorgane als Vorstand bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Unternehmerischer Handlungsspielraum

Dem Vorstand wird durch Gesetz und Rechtsprechung umfassende Leitungsmacht im Unternehmen zugesprochen. Es kommt jedoch darauf an, wie im Einzelnen diese Leitungsmacht bei den verschiedenen Rechtsformen der Unternehmen ausgestaltet ist. Während bei AG, KGaA und Verein der Vorstand keinerlei Weisungen Dritter unterliegt (§ 76 Abs. 1 AktG),[1] ist die Geschäftsführung einer GmbH an die Weisungen der Gesellschafter gebunden (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Allen gemeinsam ist die Vertretungsmacht nach außen, die sich auf sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen aktiven und passiven Handlungen erstreckt.

Im Vereinsrecht ist der Vorstand gesetzliches Vertretungsorgan nach § 26 BGB beim rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen privatrechtlichen Verein.[2] Er vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich und hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Dadurch wird sein aktives und passives Handeln mit dem des Vereins identifiziert,[3] Tun oder Unterlassen des Vorstandes wirken somit direkt für oder gegen den Verein; das gilt auch für die Vorstände/Geschäftsführungen bei der AG, KGaA oder GmbH.

Dem Vorstand ist im Grundsatz bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schwerlich denkbar ist.[4] Dieser Handlungsspielraum kann auch im Ansatz das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen umfassen; eine schuldhafte Pflichtverletzung ist erst dann gegeben, wenn das Vorstandsmitglied gegen die in dieser Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt.[5]

Arbeitnehmereigenschaften

Selbst wenn ein Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen besteht, sind Mitglieder von Vertretungsorganen keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG. Deshalb sind sie aus dem Geltungsbereich der meisten arbeitsrechtlichen Gesetze ausgenommen.[6] Nicht als Arbeitnehmer gelten unabhängig von ihrer materiellrechtlichen Stellung Personen, die aufgrund Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer juristischen Person oder Personengesamtheit berufen sind. Diese Fiktion gilt nur für Personen mit gesetzlicher Vertretungsmacht. Während die herrschende Meinung und der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers grundsätzlich verneinen,[7] steht das Bundesarbeitsgericht auf dem Standpunkt, dass bei einem GmbH-Geschäftsführer jedenfalls die Möglichkeit bestehe, dass dieser wegen seiner ausschließlichen Weisungsgebundenheit als Arbeitnehmer einzustufen sei.[8]

Bei Organmitgliedern ist zu unterscheiden zwischen Bestellung zum Organmitglied und dem Anstellungsvertrag. Während der Bestellungsakt durch den Aufsichtsrat (§ 30 Abs. 4 AktG) die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands begründet, richtet sich der Anstellungsvertrag nach Dienstvertragsrecht (§ 611 BGB). Bei Vereinen wird der Vorstand nach § 27 BGB durch die Mitgliederversammlung bestellt, das Gesetz geht hier von Auftragsrecht bei der Vorstandstätigkeit aus (§ 27 Abs. 3 BGB).

Aufgabenverteilung

Die meisten Organisationsformen können die Ressortverteilung innerhalb des Vorstandes frei bestimmen. Größere Unternehmen teilen die Führungsaufgaben im Rahmen eines Geschäftsverteilungsplans im Vorstand auf und ernennen einen Vorsitzenden (Sprecher), während die übrigen Mitglieder beispielsweise als Leiter verschiedener unternehmerischer Funktionsbereiche (Beschaffung, Produktion, Finanzierung, Personal, Vertrieb) oder von Divisionen fungieren. Wenn eine AG über mehr als 3 Mio. Euro Grundkapital verfügt, muss sich der Vorstand aus mindestens zwei Personen zusammensetzen, sofern die Satzung nichts anderes regelt. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so herrscht grundsätzlich Gesamtgeschäftsführungsbefugnis sowie Gesamtvertretung. Bei der Bestellung muss die Vertretungsbefugnis (allein oder zu zweit) geregelt werden. In großen Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) mit mehr als 2000 Arbeitnehmern muss dem Vorstand (bzw. der Geschäftsführung der GmbH) nach dem Mitbestimmungsgesetz auch ein Arbeitsdirektor angehören, der (mindestens) die Aufgaben des Personalwesens übernimmt und ein vollwertiges Vorstandsmitglied ist. Vorstandsmitglieder dürfen gleichzeitig Aktionäre sein, dürfen jedoch nicht gleichzeitig Aufsichtsratsmitglieder sein (§ 105 AktG).

Pflichten

Der Vorstand hat die Gesellschaft in eigener Verantwortung und weisungsunabhängig zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG) und dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 93 Abs. 1 AktG). Er unterliegt gegenüber der Gesellschaft den von der Satzung, dem Aufsichtsrat, der Hauptversammlung und der Geschäftsordnung gezogenen Beschränkungen (§ 82 Abs. 2 AktG). Nach der Rechtsprechung des BGH ist dem Vorstand bei den auf der Grundlage dieser Pflichten getroffenen Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen.[9] Werden hingegen die – weit zu ziehenden – äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit überschritten, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die so gravierend ist, dass sie gleichzeitig eine Pflichtwidrigkeit nach § 266 StGB (Untreue) zur Folge hat.[10] Die Haftung des Vorstandes bzw. Geschäftsführers wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht (§§ 92 Abs. 3 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG) setzt eine schuldhafte Verletzung voraus, die dann nicht vorliegt, wenn sachkundiger, gegenteiliger Rat eingeholt worden ist.[11]

Der Vorstand hat die Pflicht, die ordentliche Hauptversammlung einzuberufen, auf das Wettbewerbsverbot zu achten und den Aufsichtsrat über die Entwicklungen des Unternehmens in Kenntnis zu setzen. Außerdem hat er die Pflicht, den Jahresabschluss und den Lagebericht aufzustellen (§ 91 AktG, §§ 238, § 242, § 264 HGB) und dem Aufsichtsrat zur Prüfung vorzulegen (§§ 170, § 171 AktG), die Prüfung erfolgt ggf. durch Abschlussprüfer§ 316 ff. HGB).

In § 58 Abs. 2a AktG wird dem Vorstand einer AG oder KGaA das Recht eingeräumt, Wertaufholungen im Anlage- und Umlaufvermögen in „andere Gewinnrücklagen“ einzustellen, um diese unrealisierten Wertaufholungen einer freiwilligen Ausschüttungssperre zu unterwerfen. Dadurch wird verhindert, dass unrealisierte Gewinne an die Aktionäre ausgeschüttet werden und damit wegen der Gewinnausschüttung die Unternehmenssubstanz angegriffen werden muss.

Vorstandsmitglieder werden für höchstens fünf Jahre bestellt, wobei eine Wiederbestellung möglich ist (§ 84 Abs. 1 AktG). Der Vorstand ist dem Aufsichtsrat gegenüber Rechenschaft schuldig (§ 90 AktG), sodass der Aufsichtsrat das gesetzlich berufene Kontrollorgan des Vorstandes darstellt. Das gilt jedoch lediglich für die AG und KGaA, weil etwa bei der GmbH ein Aufsichtsrat als gesetzliches Organ nur unter bestimmten Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben ist, nämlich aus Gründen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer oder wegen erhöhter Publikumsschutzinteressen.

Delegation im Handels- und Aktienrecht

Auch das Handels- und Aktienrecht kennt die „top down“-Delegation von Kompetenzen. Zunächst ist durch Gesetz und/oder der Satzung der Vorstand alleine berechtigt, ein Unternehmen nach außen zu vertreten und im Rahmen dieser Vertretung alle Rechtshandlungen im Namen des Unternehmens vorzunehmen (§ 78 AktG). Bei der Vielzahl alltäglicher Geschäfte ist dies organisatorisch nicht umsetzbar, weshalb der Gesetzgeber Delegationsmöglichkeiten durch Prokura und Handlungsvollmacht geschaffen hat. Hierin kommt eine der Funktionen der Stellvertretung, die Arbeitsteilung, gesetzlich zum Ausdruck.[12] Es handelt sich um abgestufte Kompetenzdelegationen, denn einige bedeutende Rechtshandlungen darf der Vorstand nicht auf Prokuristen delegieren, und wiederum einige Rechtshandlungen dürfen nur durch Prokuristen, nicht jedoch durch Handlungsbevollmächtigte wahrgenommen werden. Nicht delegierbare Vorstandsaufgaben bleiben die Aufstellung und Unterzeichnung des Jahresabschlusses und Lageberichts§ 238, § 242, § 245, § 264 HGB, § 91 AktG), die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 2 AktG), die Ernennung von Prokuristen (§ 48 HGB), der Erwerb von Grundstücken (Umkehrschluss aus § 50 Abs. 2 HGB), die Anmeldung von Firma und Prokura sowie die bei Gericht zu hinterlegende Unterschrift mit der Firma (§§ 29, § 53 HGB) und der Insolvenzantrag (§ 92 Abs. 3 AktG). Prokuristen wiederum sind zur Belastung und Veräußerung von Grundstücken (mit Sondervollmacht nach § 50 Abs. 2 HGB), Ernennung von Handlungsbevollmächtigten und zu den übrigen Handelsregisteranträgen befugt. Für die Handlungsbevollmächtigten bleibt der umfangreiche Rest des Tagesgeschäfts, sofern es für dieses Handelsgewerbe üblich ist (§ 43 Abs. 1 HGB). Für die Belastung von Grundstücken, Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, Darlehensaufnahme und Prozessführung bedarf der Handlungsbevollmächtigte einer besonderen Befugnis vom Vorstand oder Prokuristen (§ 54 Abs. 2 HGB).

Haftung

Gesetz und Rechtsprechung haben Regeln entwickelt, die eine persönliche Haftung für schuldhaftes Fehlverhalten des Vorstands begründen. Der dem Vorstand durch die Rechtsprechung zugebilligte weite Handlungsspielraum wird erst dann verlassen, wenn die Grenzen der so genannten „Business Judgement Rule” des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG deutlich überschritten sind. Danach darf der Vorstand sehr wohl ein unternehmerisches Risiko eingehen, solange sich sein Handeln am Unternehmenswohl orientiert und sein Verhalten auf der Grundlage sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruht. Der Vorstand muss daher vielmehr ein erkennbares Risiko bewusst unberücksichtigt gelassen haben, um zur Verantwortung gezogen werden zu können.

In einem gegen ein Vorstandsmitglied nach § 93 AktG geführten Schadensersatzprozess hat das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass es seiner Sorgfaltspflicht genügt hat oder dass es kein Verschulden trifft[13]. Demgegenüber hat die Gesellschaft nur ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Vorstandsmitglieds, den Eintritt und die Höhe des entstandenen Schadens sowie die Kausalität zwischen Vorstandshandeln und Schaden darzulegen und zu beweisen[14]. Insoweit unterscheidet der Wortlaut des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht zwischen objektiver Pflichtwidrigkeit (Rechtswidrigkeit) und subjektiver Pflichtwidrigkeit (Schuld)[15]. Diese Darlegungs- und Beweislastregeln gelten ebenso, wenn dem Vorstandsmitglied das pflichtwidrige Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird[16]. Bei fehlender eigener Sachkunde verletzt ein Vorstand Pflichten dann nicht schuldhaft, wenn er zur Klärung der anstehenden Fragen den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einholt, diesen über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß informiert und nach eigener Plausibilitätskontrolle dem Rat folgt[17].

Der Vorstand einer AG haftet für falsche Ad-hoc-Mitteilungen an Kapitalanleger, wenn eine zeitliche Nähe zwischen dem Aktienkauf und der falschen Meldung besteht[18]. Diesem Urteil zufolge haben betroffene Anleger gegen die Vorstandsmitglieder eines börsennotierten Unternehmens unter bestimmten Umständen sogar einen persönlichen Anspruch auf Schadenersatz (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) gegen Vorstände im Falle vorsätzlicher Täuschungen.

Geschäftsführer einer GmbH haften nach § 43 Abs. 1 GmbHG den Gesellschaftern für begangene schuldhafte Pflichtverletzungen. Diese können auch darin bestehen, dass der Geschäftsführer nichtige oder rechtswidrige Weisungen befolgt hat. In beiden Fällen verwirklicht sich diese gesellschaftsinterne Haftung dadurch, dass den betroffenen Geschäftsführer eine Schadensersatzpflicht trifft.

Haben nach der Satzung eines gemeinnützigen Vereins dessen Vorstandsmitglieder ihre Vorstandstätigkeit ehrenamtlich auszuüben und die Satzung sieht die Möglichkeit einer Vergütung für die aufgewendete Arbeitszeit und Arbeitskraft nicht ausdrücklich vor, so sind dennoch die an ein Vorstandsmitglied als Entschädigung für aufgewendete Arbeitszeit und Arbeitskraft geleisteten Zahlungen satzungswidrig. Das betreffende Vorstandsmitglied hat demnach durch die Entgegennahme der satzungswidrigen Zahlungen seine Pflichten als Vorstand schuldhaft verletzt[19]. Nach § 31 BGB haftet der Verein für Schäden, die durch ein Vorstandsmitglied oder den gesamten Vereinsvorstand verursacht wurden. Ein unentgeltlich tätiger Vereinsvorstand haftet lediglich bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz (§ 31a BGB).

Entlastung

Unter Entlastung des Vorstands wird die Billigung der Geschäftsführung des Vorstands durch die Gesellschafter für das abgelaufene Geschäftsjahr verstanden. Hierdurch wird seine Verwaltungstätigkeit gebilligt und das Vertrauen für die Zukunft ausgesprochen. Es handelt sich um eine organschaftliche Willenserklärung, die keiner Annahme durch den Vorstand bedarf. Während bei der AG die Entlastung keinen Verzicht auf Ersatzansprüche (aus den §§ 93 Abs. 4 und § 116 AktG) zur Folge hat (§ 120 Abs. 2 AktG), bewirkt die Entlastung der Geschäftsführer einer GmbH gleichzeitig auch einen Verzicht auf Ersatzansprüche (§ 46 Nr. 8 GmbHG) und stellt die Geschäftsführung von allen bei der Beschlussfassung bekannten Ansprüchen frei. Auch bei der Genossenschaft und dem Verein beschränkt sich die Verzichtswirkung der Entlastung (§ 48 Abs. 1 GenG) auf (Bereicherungs- und Schadensersatz-)Ansprüche, die dem entlastenden Organ bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten[20]. Die Entlastung vernichtet also nicht solche Ersatzansprüche des Vereins, für die sich weder aus dem Rechenschaftsbericht des Vorstands noch aus einem etwaigen Prüfungsbericht von Revisoren ein Anhaltspunkt ergab.

Entlastet wird im Regelfall der gesamte Vorstand, es sei denn, die Hauptversammlung beschließt die Entlastung einzelner Vorstandsmitglieder (§ 120 Abs. 1 AktG). Der Normzweck des § 120 Abs. 1 S. 1 AktG fordert keine Gesamtentlastung, sondern dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Ablaufs der Hauptversammlung und schafft erst die Befugnis des Versammlungsleiters, von der möglichen Einzelentlastung abzusehen. Über die Entlastung jedes einzelnen Vorstandsmitglieds kann also ausnahmsweise beschlossen werden, wenn es zweckmäßig erscheint. Entlastungsbeschlüsse sind anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten vom Vorstand ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet[21].

Wird dem Vorstand durch die Hauptversammlung Entlastung erteilt, kann dieser Entlastungsbeschluss angefochten werden, wenn er gegen Gesetz oder Satzung verstößt; ein Verstoß gegen die Entsprechungserklärung des § 161 AktG führt wegen der Verletzung von Organpflichten zur Anfechtbarkeit der gleichwohl gefassten Entlastungsbeschlüsse[22]. Werden demnach Entlastung des Vorstands verweigert oder Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung wirksam angefochten, ist Entlastung nicht erteilt und mit einer Missbilligung der Geschäftsführung verbunden. Dieser Vertrauensentzug führt nicht zu automatischen Konsequenzen.

Vorstände sonstiger Rechtsformen

Partei

Politische Parteien sind meist als eingetragene Vereine organisiert, sodass hier Vereinsrecht gilt. Sie bestehen in Deutschland mindestens aus einem Vorsitzenden, einem für die Finanzen verantwortlichen Schatzmeister und einem weiteren Mitglied. Je nach Satzung kann es noch weitere Vorstandsmitglieder, wie zum Beispiel den Generalsekretär, geben.

Genossenschaft

Vgl. § 24 Genossenschaftsgesetz.

Stiftung

In § 11 Abs. 3 Gesetz über die Bildung und Tätigkeit von Stiftungen (StiftBTG) wird bestimmt, dass für die Geschäftsführung bei Stiftungen das Vereinsrecht anwendbar ist.

Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts

In den meisten Satzungen der Anstalten und Körperschaften sind als Leitungsorgane ebenfalls Vorstände vorgesehen. Deren Bestellung, Aufgaben, Kontrolle und Abberufung ist in den jeweiligen Satzungen geregelt.

Sozialversicherungsträger

Sozialversicherungsträger sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Bestellung, Aufgaben, Kontrolle und Abberufung des Vorstands ist in den jeweiligen Satzungen oder in Spezialgesetzen geregelt.

Handwerkskammern

Handwerkskammern sind ebenfalls als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Hier ist der Vorstand das von der Vollversammlung gewählte, ehrenamtliche Exekutivorgan. Er besteht zu zwei Dritteln aus Arbeitgebern (Meisterseite) und zu einem Drittel aus Arbeitnehmern (Gesellenseite). Der Vorstand ist kollektiver Dienstvorgesetzter des Hauptgeschäftsführers.

Weitere Organisationsformen

  • Orts-, Betriebs- und Innungskassen: § 35a SGB IV
  • Bundesagentur für Arbeit: § 381 SGB III
  • Deutsche Bundesbank: § 7 BBankG
  • Filmförderungsanstalt: § 4 des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (FFG)
  • Stiftung Demokratische Jugend § 6 der Satzung der „Stiftung Demokratische Jugend“
  • Frühere Bundesbahn: vgl. das Bundesbahngesetz

und viele mehr: Suche nach dem Begriff „Vorstand“ in Bundesgesetzen.

Bezüge von Vorstandsmitgliedern in Deutschland

Die Einkünfte eines Vorstandes sind einkommensteuerpflichtig. Nach deutschem Einkommensteuerrecht erzielt der Vorstand einer Aktiengesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG; auch wenn ein Vorstandsmitglied weder im arbeits- oder sozialrechtlichen Sinne Arbeitnehmer ist).[23] Er ist somit weder gewerbe- noch umsatzsteuerpflichtig; Sozialabgaben müssen nicht geleistet werden.[23]

Zentrale Vorschrift für die Bemessung der Vorstandsvergütungen bei AGs und KGaAs ist § 87 Abs. 1 AktG. Danach hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen, anreizorientierte Vergütungszusagen wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen jeder Art) dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Rücksicht zu nehmen ist auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung, wobei variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben sollen. Diese Regelungen gelten sinngemäß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und ähnliche Leistungen.

Die Bezüge von Vorständen der Aktiengesellschaften und Mitglieder der Geschäftsführungen von großen GmbHs sind in den vergangenen Jahren erheblich angehoben worden. Im internationalen Vergleich gelten Bezüge von Vorstandsmitgliedern deutscher Firmen weiterhin als durchschnittlich. Die Spanne reicht von jährlich 40.000 € bis 6 Mio. €. Ein Drittel der Vorstandsmitglieder verdient über 350.000 €, ein Drittel erhält zwischen 200.000 € und 350.000 € und ein weiteres Drittel verdient unter 200.000 €. Dabei treten zunehmend variable Vergütungsformen (Boni oder Aktienoptionen) in den Vordergrund, die erst nach dem Erreichen bestimmter Unternehmensziele (Benchmarks) gezahlt werden[24].

Die aktuellen Gehälter von Vorständen börsennotierter Unternehmen in Deutschland und Österreich veröffentlicht die Personalberatung Neumann International auf ihrer Internet-Gehaltsdatenbank. [25]

Im März 2009 berät die deutsche Bundesregierung Regelungen zur Begrenzung der Vorstandsbezüge. Erfolgsabhängige Boni für Manager sollen sich nicht an den Geschäftszahlen eines Jahres, sondern am Durchschnitt der letzten drei Jahre orientieren. Vorstandsmitglieder dürfen ihre Aktienoptionen künftig nicht mehr nach zwei, sondern erst nach vier Jahren einlösen. Aufsichtsratsmitglieder sollen persönlich haften, wenn die Vorstandsgehälter im Verhältnis zum Erfolg des Unternehmens unangemessen hoch sind.[26]

Vorstandsvergütung nach dem Corporate Governance Kodex

Nach dem Corporate Governance Kodex für gute Unternehmensführung soll die Vergütung leistungsbezogen sein, und sie soll fixe und variable Bestandteile enthalten. Die Abfindung soll nicht mehr als zwei Jahresvergütungen einschließlich Nebenleistungen betragen, wenn ein Vorstandsmitglied ohne wichtigen Grund seine Tätigkeit beendet (Abfindungs-Cap). Wird ein Unternehmen aufgekauft und die Vorstandstätigkeit endet aus diesem Grund (change of control), so soll die Abfindung nicht mehr als 150 % des Abfindungs-Cap betragen (also drei Jahresvergütungen). In einem jährlichen Vergütungsbericht soll die Vorstandsvergütung mit Namensnennung offen gelegt werden.

Der Kodex ist für die Unternehmen nicht zwingend, sondern stellt eine Empfehlung dar. Aktiengesellschaften sind allerdings verpflichtet, jährlich eine Entsprechenserklärung zu veröffentlichen, in der sie angeben, wo sie vom Kodex abweichen. Da die Empfehlung zur Vorstandsvergütung nur selten befolgt wurde, hat der Gesetzgeber kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorStOG) erlassen, das am 11. August 2005 in Kraft trat. Das Gesetz macht die Offenlegung zur Regel, erlaubt aber auch die Ausnahme: Wenn die Aktionäre mit 3/4-Mehrheit auf der Hauptversammlung die Geheimhaltung beschließen, muss die Vorstandsvergütung nicht offen gelegt werden.

Regelung bei Kreditinstituten

Kreditinstitute sind weltweit die einzige Branche, deren Vorstände und Organmitglieder einer gesetzlichen Gehaltsobergrenze unterliegen. Seit Oktober 2008 ist in Deutschland zumindest in der Form der Sollvorschrift des § 5 Nr. 4 FMStFG für Kreditinstitute - die Stabilisierungsmaßnahmen in Form staatlicher Kapitalhilfen (§ 7 FMStFG) in Anspruch nehmen - geregelt, dass die Vergütung ihrer Organmitglieder und Geschäftsleiter auf ein angemessenes Maß zu begrenzen ist. In § 5 Nr. 4a FMStFV wird von der unwiderlegbaren Vermutung ausgegangen, dass bei Organmitgliedern und Geschäftsleitern „eine monetäre Vergütung, die 500.000 Euro pro Jahr übersteigt, grundsätzlich als unangemessen“ gilt. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass eine Herabsetzung der Organvergütung im Rahmen der zivilrechtlichen Möglichkeiten unter Einbeziehung des § 87 Abs. 2 AktG vorgenommen wird. Der Verweis auf diese aktienrechtliche Vorschrift erschwert die Durchsetzung der Einkommensbegrenzung. Denn hiernach muss eine so wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft eingetreten sein, dass die Weitergewährung der Vorstandsbezüge eine „Unbilligkeit für die Gesellschaft“ wäre. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang noch, inwieweit durch derartige Vergütungsobergrenzen in geltende Arbeitsverträge der Bankvorstände eingegriffen werden kann.

Festlegung der Vorstandsvergütung im Aufsichtsrat

Bei Kapitalgesellschaften legt der Aufsichtsrat die Vergütung und sonstigen Arbeitsbedingungen (Aktienoptionen, Pensionszusagen, Nebenleistungen, Wettbewerbsverbote nach Ausscheiden, Abfindung) der Vorstandsmitglieder (AG, KGaA) und Mitglieder der Geschäftsführung (GmbH) fest. Meist ist dafür ein spezieller Ausschuss des Aufsichtsrats gebildet, häufig Personalausschuss genannt. Dieser Ausschuss wird durch Beschluss des Aufsichtsrats errichtet oder ist in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats vorgesehen. Nicht selten ist der Personalausschuss ein beschließender Ausschuss, über dessen Ergebnisse im Aufsichtsrat nur berichtet wird. Im Personalausschuss sind Vertreter der Arbeitnehmer häufig in der Minderheit oder, wenn der Ausschuss paritätisch besetzt ist, ist der Aufsichtsratsvorsitzende zugleich Ausschussvorsitzender mit Doppelstimmrecht. Kann die Anteilseignerseite schon im Aufsichtsrat jeden Beschluss durch das Doppelstimmrecht durchsetzen, so gilt das erst recht für den Personalausschuss des Aufsichtsrats. Im März 2009 entschied die deutsche Bundesregierung unter dem Kabinett Merkel I, dass Vorstandsgehälter künftig vom gesamten Aufsichtsrat und nicht nur von einem Teil-Ausschuss festgelegt werden sollen. [27][26]

Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Vorstand – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Günter Schaub: Arbeitsrechtshandbuch, 11. Auflage, München 2007 (zur Frage Organstellung und Anstellungsbedingungen von Vorstandsmitgliedern)
  • Andreas Hoger: Fortdauer und Beendigung der organschaftlichen Rechtsstellung von Geschäftsleitern beim Formwechsel nach dem UmwG, ZGR 2008, 868-890
  • Martin Winarzki: Staatliche Eingriffe in die privatwirtschaftliche Vergütungspolitik vor dem Hintergrund der aktuellen Kapitalmarktgesetzgebung, 1. Auflage, Hamburg 2011 (behandelt unter anderem die im Aktiengesetz sowie im Deutschen Corporate Governance Kodex vorhandenen Regelungen zur Bemessung der Vorstandsvergütung)

Einzelnachweise

  1. Eine Ausnahme stellen Vorstände von beherrschten Unternehmen dar, dort wird die eigenverantwortliche Leitung des Vorstands nach § 73 AktG durch eine fremdbestimmte Leitung des herrschenden Unternehmens ersetzt (§ 308 Abs. 1 AktG)
  2. Kurt H. Johannsen/Wilhelm Kregel/Gerda Krüger-Nieland/Henning Piper, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes / §§ 1-240, Kommentar: Bd 1, 1988, S. 42 ff.
  3. BGHZ 20, 119, 125
  4. BGHZ 135, 244, 253
  5. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2001, Az: II ZR 308/99
  6. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG
  7. BGH ZIP 1981, 367
  8. BAG, Beschluss vom 31. August 1998, Az: 5 AZB 21/98
  9. BGHZ 135, 244, 253
  10. BGH NJW 1997, 1926
  11. BGH, Urteil vom 14. Mai 2007, Az: II ZR 48/06
  12. Wolfgang B. Schünemann, Wirtschaftsprivatrecht: Juristisches Basiswissen für Wirtschaftswissenschaftler, 2002, S. 95 f.
  13. Holger Fleischer, in: Gerald Spindler/Eberhard Stilz, AktG, § 93 Rz. 209
  14. BGHZ 152, 280, 284
  15. Holger Fleischer, a.a.O., § 93 Rz. 214
  16. BGHZ 152, 280, 284 f.
  17. BGH ZIP 2007, 1265, 1266 f.
  18. BGH NJW 2004, 2664
  19. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2007, Az: II ZR 22/07
  20. BGH WM 1988, 531, 534 - für den Verein
  21. BGH, Urteil vom 25. November 2002, Az: II ZR 133/01
  22. BGH, Urteil vom 16. Februar 2009, Az: II ZR 185/07: Leo Kirch gegen Deutsche Bank AG
  23. a b Marlies Zerban: Steuerrechtliche Behandlung von Vorständen einer Aktiengesellschaft
  24. Die Zahlen basieren auf einer ddp-Meldung vom 5. Mai 2006, die auf eine Untersuchung der Unternehmensberatung Kienbaum Consultants International zugriff.
  25. Neumann-compensation.com Managers
  26. a b Tagesschau: Wie viel muss, wie viel darf sein? (nicht mehr online verfügbar)
  27. Sueddeutsche: Koalitionsspitze beschließt schärfere Regeln für Managergehälter
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