Ludolf Stephani

Ludolf Stephani

Ludolf Stephani (* 29. März 1816 in Beucha bei Leipzig; † 30. Maijul./ 11. Juni 1887greg. in Sankt Petersburg) war ein deutscher Klassischer Archäologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ludolf Stephani, der Sohn eines Pfarrers, besuchte die Fürstenschule Grimma und studierte an der Universität Leipzig. Obwohl Gottfried Hermann, sein einflussreichster akademischer Lehrer, eher der Wortphilologie angehörte, orientierte sich Stephani an einer umfassenden Altertumswissenschaft, wie sie Karl Otfried Müller und August Boeckh vertraten.

Nach dem Studium besuchte Stephani die Antikensammlungen in Dresden und Berlin und arbeitete (durch Hermanns Vermittlung) als Hauslehrer in Athen. Von dort aus reiste er 1843 nach Rom, wo er zwei Jahre lang lebte und Ausflüge nach ganz Italien unternahm. Spätestens während dieser Jahre wandte sich Stephani ganz der Archäologie zu.

Nach seiner Rückkehr nach Leipzig (1845) erhielt Stephani zwei auswärtige Angebote: Einen Lehrstuhl der „altklassischen Philologie, Ästhetik und Geschichte der alten Kunst“ an der Universität Dorpat, auf den ihn Ludwig Preller als seinen Nachfolger vorgeschlagen hatte, und die Mitgliedschaft an der Akademie der Wissenschaften zu Sankt Petersburg (als Nachfolger von Heinrich Karl Ernst Köhler), die ihm der russische Unterrichtsminister Uwarow auf Rat von Gottfried Hermann antrug.

Stephani entschied sich für den Lehrstuhl in Dorpat, behielt aber gleichzeitig St. Petersburg im Auge, wo ihm Uwarow die Stelle an der Akademie frei hielt. Von 1846 bis 1850 wirkte Stephani in Dorpat und hielt Lehrveranstaltungen über antike Literatur und Kunst. Da er die Vorlesungsverzeichnisse der Universität zu betreuen hatte, konnte er in ihnen seine in Griechenland gefundenen Inschriften publizieren. Im Auftrag der Akademie gab er die Schriften Köhlers in sechs Bänden heraus.

1850 verließ Stephani Dorpat und zog nach St. Petersburg, wo er als Wirklicher Staatsrat und ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften die Altertumswissenschaft vertrat. Mit dieser Stelle war auch die Leitung des Antikenmuseums der Eremitage verbunden, wo Stephani ab Herbst 1850 als Konservator arbeitete.

Ab 1859 führte die Akademie an der Schwarzmeerküste Ausgrabungen durch, um die antiken Überreste der griechischen Kolonien und des Bosporanischen Reiches aufzudecken. Stephani beschäftigte sich bis zu seinem Tod mit der wissenschaftlichen Beschreibung und Deutung der Funde, die er in den Abhandlungen der Akademie (in deutscher und französischer Sprache) veröffentlichte.

Auch im Ausland erfuhr Stephani reiche Anerkennung: 1863 wählte ihn die Bayerische Akademie der Wissenschaften zum auswärtigen Mitglied ihrer philosophisch-philologischen Klasse, 1875 die Preußische Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied.

Schriften (Auswahl)

  • Der Kampf zwischen Theseus und Minotauros. Leipzig 1842
  • Reise durch einige Gegenden des nördlichen Griechenlands. Leipzig 1843
  • Titulorum Graecorum Parts I–V. Dorpat 1848–1850
  • Antiquités du Bosphore Cimmérien. Drei Bände, St. Petersburg 1854
  • Apollon Boëdromios. St. Petersburg 1860
  • Die Vasensammlung der kaiserlichen Eremitage. St. Petersburg 1869
  • Die Schlangenfütterung. St. Petersburg 1873
  • Die Silbervase von Nikopol. St. Petersburg 1873

Herausgeberschaft

  • H. K. E. Köhler’s gesammelte Schriften. Sechs Bände, St. Petersburg 1850–1853
  • Compte-Rendu de la Commission Impériale archéologique pour les années 1859–1881. 21 Bände, St. Petersburg 1860–1883

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stephani — ist der Name folgender Personen: Claus Stephani (* 1938), deutsch rumänischer Schriftsteller, Ethnologe, Kunsthistoriker und Journalist Eduard Stephani (1817–1885), sächsischer und deutscher nationalliberaler Politiker und Vizebürgermeister von… …   Deutsch Wikipedia

  • Stephani — Stephani, 1) Heinrich, verdienter Pädagog der Aufklärungszeit, geb. 1. April 1761 in Gemünden (Bistum Würzburg), gest. 24. Dez. 1850 in Gorkau (Schlesien), studierte in Erlangen, geleitete dann einen jungen Grafen von Castell als Hofmeister nach… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • St.-Stephani-Kirche (Helmstedt) — Nordseite der St. Stephani Kirche mit Westwerk Die Sankt Stephani Kirche in der niedersächsischen Kreisstadt Helmstedt ist eine dreischiffige gotische Hallenkirche, die als Nachfolgebau des an gleicher Stelle zerstörten romanischen Sakralbaus im… …   Deutsch Wikipedia

  • Gangolf von Kieseritzky — Reinhold Gustav Gangolf von Kieseritzky (* 18. Septemberjul./ 30. September 1847greg. in Fellin; † 28. Dezember 1903jul./ 10. Januar 1904greg. in Sankt Petersburg) war ein baltendeutscher Klassischer Archäologe …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Mercklin — (* 11. Juli 1816 in Riga; † 15. September 1863 in Dorpat) war ein deutschbaltischer Klassischer Philologe. Leben Ludwig Mercklin stammte aus einer alten baltischen Gelehrten und Pfarrersfamilie. Sein Bruder war der Botaniker Carl Eugen von… …   Deutsch Wikipedia

  • Archäologenbildnisse — Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache ist eine Publikation des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) mit Kurzbiografien wichtiger verstorbener deutschsprachiger Archäologen seit… …   Deutsch Wikipedia

  • Eugen Petersen — Petersen um 1885 Eugen Adolf Hermann Petersen (* 16. August 1836 in Heiligenhafen; † 14. Dezember 1919 in Hamburg) war ein deutscher Klassischer Archäologe. Leben 1873 bis 1879 war er Professor für Klassische Archäologie an der Uni …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Loeschcke — (* 28. Juni 1852 in Penig, Sachsen; † 26. November 1915 in Baden Baden) war ein deutscher klassischer Archäologe. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Morgenstern — Lithographie von Josef Kriehuber, 1828 Johann Simon Karl Morgenstern (* 28. August 1770 in Magdeburg; † 3. Septemberjul./ 15. September 1852greg. in Dorpat) war ein deutscher …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Preller (Philologe) — Ludwig Preller (* 15. September 1809 in Hamburg; † 21. Juni 1861 in Weimar) war ein deutscher Altphilologe und Altertumswissenschaftler. Nach dem Schulbesuch im Johanneum in Hamburg und dem Katharineum zu Lübeck studierte Preller ab 1828 in… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”