Ludwig Czerny

Ludwig Czerny

Ludwig Czerny (* 24. Juni 1887 in Belgrad; † 10. September 1941 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler, Filmregisseur und Filmproduzent und gilt als Erfinder der (nach eigenem Verfahren hergestellten) Stummfilmoperette.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Czerny wuchs in Wien auf, wo er Volksschule, Bürgerschule und Realgymnasium besuchte. Kurz nach der Jahrhundertwende nahm er Schauspielunterricht bei Hofschauspieler Hermann Romany in der Theaterschule Wien. Seine künstlerische Laufbahn begann Czerny am Theater an der Wien, sein erstes Festengagement führte ihn 1906 ans Innsbrucker Stadttheater. Im Jahr darauf wechselte er als Chorsänger ans Hamburger Carl-Schulze-Theater. 1910 ging Czerny mit einem Ensemble auf Opern- und Operettentournee nach Südamerika und führte dort auch Regie. Im darauffolgenden Jahr wurde er als Regisseur (unter der Oberspielleitung von Felix Basch) an das Wiener Operetten-Ensemble berufen. Bereits jetzt fühlte sich Czerny dem Musiktheater verbunden – ein Interesse, das Jahre später sein Kinoschaffen maßgeblich bestimmen sollte.

In Berlin eingetroffen, knüpfte Ludwig Czerny zu Beginn des Ersten Weltkriegs Kontakt zur Filmbranche. Er gründete mit der Rahame-Film seine erste eigene Produktionsfirma, die 1915/16 Detektivfilme (u.a. um den Rat Anheim) herstellte. In der Spätphase des Krieges konzentrierte sich Czerny mehr und mehr auf die Arbeit als Filmregisseur. 1919 gründete er die Produktionsfirma Noto-Film, mit der er in den kommenden Jahren mehrere Stummfilmoperetten – darunter Das Menuett, Das Kußverbot, Miss Venus (Leinwanddebüt des nachmaligen Stars Willy Fritsch), Die blonde Geisha und Das Mädel von Pontecuculi – in eigener Regie herstellte.

Nach einem von ihm mitentwickelten Modus (dem sogenannten Czerny-Springefeld-Verfahren) wurde ins Filmnegativ ein Notenblatt einkopiert, das dem im Kinosaal anwesenden Kapellmeister und seinem Orchester als Vorlage dienen sollte. Während der filmischen Musikpassagen konnte somit der Kapellmeister von dem am unteren Bildrand laufenden Notenband die Melodie dirigieren; Sänger im Saal versuchten ihre Arien synchron zu den Lippenbewegungen der Schauspieler auf der Leinwand vorzutragen. Trotz des beträchtlichen Aufwandes erwiesen sich diese Filme als technisch nicht ausgereift und überdies als ziemlich erfolglos. Nach dem Publikums- und Kritikerflop Das Mädel von Pontecuculi – Filmkritiker Robert Volz bezeichnete zum Jahresbeginn 1925 das im November 1924 uraufgeführte Werk als „Mißgeburt dieser Filmoperette“ – zog sich der Pionier dieser Filmgattung vollständig aus dem Regiegeschäft zurück. Nachdem auch der 1925 gedrehte Singfilm Gretchen Schubert in jeder Hinsicht scheiterte, stellte die Noto-Film ihre Produktion komplett ein.

Mit Beginn der Tonfilm-Ära kehrte Czerny zum Film zurück und versuchte sich, erneut ohne rechte Fortüne, mit der Czerny-Prod. GmbH als Filmproduzent. Dabei konzentrierte er sich auf Dokumentationen über (norddeutsches) Land und Leute. Bereits 1934, nach der Fertigstellung seines einzigen Tonspielfilms (die harmlose Jungengeschichte Die Bande vom Hoheneck), zwangen die im Jahr zuvor an die Macht gekommenen Nationalsozialisten Czerny zur Einstellung jedweder Produktionstätigkeit.

Ludwig Czerny starb bei einem Fliegerangriff, als er einer Frau helfen wollte, ihren Kinderwagen in den Luftschutzkeller hinunterzutragen.

Filme (als Regisseur)

  • 1915: Die Beichte einer Verurteilten (nur Produktion)
  • 1915: Entführt (nur Produktion)
  • 1916: Das goldene Match (nur Produktion)
  • 1916: Sondis Kleine
  • 1916: Lillis erste Liebe
  • 1916: Lottes erste Liebe
  • 1917: Die goldene Brücke
  • 1919: Alfreds Techtelmechtel
  • 1919: Der Glücksschmied
  • 1919: Das Menuett (auch Produktion)
  • 1920: Das Kußverbot (auch Drehbuchmitarbeit und Produktion)
  • 1921: Miss Venus (auch Drehbuchmitarbeit und Produktion)
  • 1922: Jenseits des Stromes (auch Produktion)
  • 1922: Die blonde Geisha (auch Drehbuchmitarbeit und Ko-Produktion)
  • 1924: Das Mädel von Pontecuculi (auch Produktion)
  • 1925: Gretchen Schubert (nur Produktion)
  • 1931: Buch und Mensch (Kurzfilmdokumentation, nur Produktion)
  • 1932: Im Teufelsmoor (Kurzfilmdokumentation, nur Produktion)
  • 1932: Heidehochzeit (Kurzfilmdokumentation, nur Produktion)
  • 1933: Eine Stadt ruft die Welt (Kurzfilmdokumentation, nur Produktion)
  • 1933: Ein glücklicher Vormittag (Kurzfilmdokumentation, nur Produktion)
  • 1934: Die Bande vom Hoheneck (nur Produktion)

Literatur

  • Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933-1945. Metropol-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 83 ff.

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