Lymphangiom

Lymphangiom
Klassifikation nach ICD-10
D18.1- Lymphangiom

0 = Hygroma colli cysticum
1 = Axilla
2 = Inguinal
3 = Retroperitoneal
8 = Sonstige Lokalisationen (inkl. Mesenterial) 9 = Nicht näher bezeichnete Lokalisation

ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Ein Lymphangiom (engl. Lymphangioma) ist eine seltene gutartige Tumorerkrankung (Hamartom) der Lymphgefäße. Das Gegenstück zum Lymphangiom ist bei den Blutgefäßen ein Hämangiom.[1]

Inhaltsverzeichnis

Systematik

Lymphangiome werden in drei Klassen eingeteilt:[1]

  • Kavernöse Lymphangiome (Lymphangioma cavernosum)
Meist im Gesicht, den Achseln oder Armen und Beinen. Durch Einblutungen oft dunkel verfärbt.
  • Kapilläre Lymphangiome (Lymphangioma circumscriptum)
Kleine Bläschen im Haut und Schleimhautbereich von Mund und Lippen, außerdem genital und inguinal. Da die Bläschen sehr leicht zerplatzen nässen sie.
An einer oder mehreren Stellen des Halses, Nackens, der Achseln oder dem Mittelfell. Die Gefäße sind häufig miteinander verbunden.

Gelegentlich wird auch ein vierter Typ, der lymphangiomatöse Gigantismus, der ähnlich der Elephantiasis ist, beschrieben.[1]

Ätiologie und Pathogenese

Die genaue Ursache für die Entstehung eines Lymphangioms ist noch unklar. Möglicherweise spielen vererbte Fehlbildungen des lymphatischen Systems eine Rolle.[2] Im zweiten Schwangerschaftsmonat findet bei den betroffenen Patienten im Mesoderm eine Fehldifferenzierung statt. So entstehen die Lymphangiome aus veno-lymphatischen Aussackungen. Betroffen sind davon die Vena jugularis (Halsvene), die Mesenterialwurzel im Unterbauch und die beiden Beckenvenen (Vena iliaca). In diesen Körperregionen manifestieren sich entsprechend die Lymphangiome. Zwischen den Lymphgefäßen und dem venösen System kann lokal keine Verbindung ausgebildet werden, so dass die Lymphe nicht in die Venen abfließen kann.[3] Dies führt wiederum zu einer Erweiterung der Lymphgefäße, einer Lymphangiektasie. Der Tumor selbst besteht histopathologisch betrachtet aus einer Vielzahl von zystenartigen Strukturen, die mit einer eiweißartigen eosinophilen Flüssigkeit gefüllt, durch zarte Septen getrennt und mit Endothelien ausgekleidet sind.[2]

Ein Lymphangiom tritt meist in frühem Kindesalter auf.[4] In 90% der Fälle im Zeitraum unmittelbar nach der Geburt bis zum fünften Lebensjahr.[5] Bei der Geburt sind die Lymphangiome in 90% der Fälle bereits vorhanden, werden aber bei nur 65% auch bemerkt.[1]

Der Tumor manifestiert sich meist an Hals oder Nacken (75%) oder den Achseln (20%). Andere Bereiche sind seltener betroffen, aber dennoch möglich. Beschrieben wurden beispielsweise das Mediastinum, die Pleura, der Herzbeutel, die Vulva,[6] der Penis, [7] die Gallenblase,[8] die Leistenregion, die Knochen, die Bauchspeicheldrüse, der Ovarien[9] und des Abdomen.[4][10][11]

Diagnose

Aufgrund des niedrigen Alters der Patienten ist die Magnetresonanztomographie (MRT) das bildgebende Verfahren der Wahl. Die MRT ist auch für eine Operationsplanung wichtig.

Therapie

Während Hämangiome sich oft spontan zurückbilden, ist dies bei Lymphangiomen nicht der Fall. Die Exstirpation des Lymphangioms, das heißt das vollständige Entfernen des Tumors, ist die häufigste Behandlungsmethode. Ist die Entfernung unvollständig, so bildet sich immer ein Rezidiv. Nur die vollständige Entfernung ermöglicht eine Heilung.

Die Lasertherapie wird als Therapiealternative, oft auch mit der Operation kombiniert, angewendet. Es sind meist mehrere Behandlungen notwendig. Dafür ist der Eingriff für den Patienten weniger belastend und hinterlässt kleinere Narben.

Medikamentöse Therapien sind − mit Ausnahme der Sklerosierung mit Picibanil (OK-432) − weitgehend erfolglos. Picibanil besteht aus einem lyophilisierten und mit Benzylpenicillin behandeltem speziellen Stamm (Su) von Streptococcus pyogenes. Picibanil wird mehrfach in das Lymphangiom injiziert. Diese Behandlung ist eine Alternative zur chirurgischen Exstirpation, wenn eine komplette Entfernung des Lymphangioms mit einer hohen Morbidität verbunden ist.[12][13][14][15]

Prognose

Das Lymphangiom ist ein gutartiger Tumor. Die vollständige Entfernung gewährleistet eine Heilung.

Weiterführende Literatur

  • N. R. Tulasi u. a.: Lymphangioma circumscriptum. In: Int J Gynecol Cancer 14, 2004, S. 564–566. PMID 15228436 (Review)
  • J. E. Losanoff u. a.: Mesenteric cystic lymphangioma. In: J Am Coll Surg 196, 2003, S. 598–603. PMID 12691938 (Review)
  • H. A. Tanriverdi u. a.:Hygroma colli cysticum: prenatal diagnosis and prognosis. In: Am J Perinatol 18, 2001, S. 15–20. PMID 11733855

Einzelnachweise

  1. a b c d R. Berchtold und M. Bartels: Berchtold Chirurgie mit Student: Studentconsult. H. P. Bruch und O. Trentz (Herausgeber), Elsevier, Urban&Fischer Verlag, 2008, ISBN 3-437-44481-6 S. 1206–1207.
  2. a b G. Gray u. a.: Cystic lymphangioma of the pancreas: CT and pathologic findings. In: Abdom Imaging 23, 1998, S. 78-80. PMID 9437068
  3. P. Schnatterbeck und K. Drews:Zystisches Lymphangiom. In: RöFa 12, 1999
  4. a b M. Khandelwal u. a.: Abdominal lymphangioma masquerading as a pancreatic cystic neoplasm. In: J Clin Gastroenterol 20, 1995, S. 142–144. PMID 7769196
  5. H. Ezold u. a.: Kavernöse Lymphangiome. In: Akt Dermatol 29, 2003, S. 284–288. doi:10.1055/s-2003-41293
  6. A. T. Vlastos u. a.: Lymphangioma circumscriptum of the vulva: a review of the literature. In: Obstet Gynecol 101, 2003, S. 946–954. PMID 12738156
  7. S. Gupta u. a.: Lymphangioma circumscriptum of the penis mimicking venereal lesions. In:_J Eur Acad Dermatol Venereol 17, 2003, S. 598–600. PMID 12941108 (Review)
  8. J. K. Kim u. a.: Gallbladder lymphangioma: a case report and review of the literature. In: World J Gastroenterol 13, 2007, S. 320–323. PMID 17226918 (Review)
  9. D. Jain u. a.: Lymphangioma of the ovary. In: J Obstet Gynaecol 29, 2009, S. 260–261. PMID 19358048 (Review)
  10. C. M. Kullendorff u. a.: Cystic abdominal lymphangioma in children. Case report. In: Eur J Surg 159, 1993, S. 499–501. PMID 8274560
  11. R. B. Colovic u. a.: Cystic lymphangioma of the pancreas. In: World J Gastroenterol 14, 2008, S. 6873–6875. PMID 19058318 (Review)
  12. K. Reinshagen u. a.: Behandlung von angeborenen Lymphangiomen mit Picibanil. In: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 16. April 2008
  13. M. Bloching u. a.: Sklerotherapie zystischer Raumforderungen im Halsbereich mit OK-432. In: HNO 53, 2005, S. 238–242. doi:10.1007/s00106-004-1102-4
  14. R. Rautio u. a.: Treatment of Lymphangiomas with OK-432 (Picibanil). In: Cardiovasc Intervent Radiol 26, 2003, S. 31–36. doi:10.1007/s00270-002-1980-3
  15. Follow-up: Sklerotherapie von zystischen Raumforderungen im Hals-Bereich mit Picibanil (OK-432). In: 78th Annual Meeting of the German Society of Oto-Rhino-Laryngology, Head and Neck Surgery 24. April 2007

Weblinks

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