Martin Gerlach senior

Martin Gerlach senior

Martin Gerlach senior (* 13. März 1846 in Hanau; † 9. April 1918 in Wien) war deutsch-österreichischer Ziseleur und Graveur, Fotograf und Verlagsgründer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Martin Gerlach, Sohn von Georg und Katharina, geborene Schwarz, lernte zunächst an der königlichen Zeichenakademie Hanau das Handwerk des Ziseleurs und Graveurs. 1868 übersiedelte er nach Berlin und eröffnete gemeinsam mit A. Schwarz ein Gold- und Juweliergeschäft. Obwohl er zeitweise bis zu 50 Mitarbeiter beschäftigte, musste das Geschäft jedoch 1870 liquidiert werden.

In Berlin beschäftigte er sich zunehmend mit der Fotografie, zeichnete teilweise nach Fotografien und publizierte über die Gold- und Juwelenindustrie. 1872 gründete er die Verlagsbuchhandlung Martin Gerlach, deren Schwerpunkt die Veröffentlichung seines fotografischen Werks aus den Bereichen Architektur, Ornamentik und Pflanzenstudien bildete. In seinem Verlag erschien auch die kunstgewerbliche Zeitschrift Die Perle. Seine Fotografien wurden auch von vielen anderen deutschen Illustrierten abgedruckt.

1874 übersiedelte Gerlach nach Wien und verlegte auch den Firmensitz seines Verlages dorthin. Durch seine Zusammenarbeit mit Ferdinand Schenk firmierte der Verlag nunmehr unter Martin G. & Co, ab 1882 dann unter Gerlach & Schenk. Martin Gerlach setzte seine Tätigkeit als Fotograf fort und interessierte sich besonders für volkskundliche Motive, für die er die Länder der Monarchie bereiste.

Dank der hervorragenden technischen Ausstattung der Bücher wurde der Verlag bald im In- und Ausland bekannt. Als Schenk 1901 seinen eigenen Verlag gründete und aus der Firma ausschied, wurde Albert Wiedling (1859–1923), der bereits seit 1882 ein Mitarbeiter Gerlachs und ab 1895 Prokurist des Verlags war, Teilhaber der Firma, die ab 1904 in Gerlach & Wiedling umbenannt wurde.

Martin Gerlach, den der Kunstschriftsteller Joseph August Lux als einen „Führer der Moderne“ bezeichnete, entdeckte zahlreiche Talente und konnte bekannte Künstler für eine Zusammenarbeit mit seinem Verlag gewinnen, wie etwa Carl Otto Czeschka, die Brüder Ernst und Gustav Klimt, Heinrich Lefler oder Ferdinand Schmutzer. Nach 1901 wurde das Verlagsprogramm erweitert. Einerseits wurde die durch ihre Jugendstilillustrationen bekannte Kinderbuchreihe verlegt, andererseits wurden als Kommissionsverlag der Gemeinde Wien zahlreiche Publikationen zu Wiener Themen veröffentlicht, darunter die Sammlung Wiener Lieder und Tänze von Eduard Kremser oder eine große Franz-Grillparzer-Ausgabe.

Sein Sohn Martin Gerlach junior führte den Verlag mit Albert Wiedling in der übernommenen Tradition weiter, perfektionierte sein Werk und übergab es seinerseits seinem Sohn Kurt Gerlach.

Eigene Publikationen

  • Kronen-Atlas. Originalgetreue Abbildungen sämmtlicher Kronen der Erde. Wien 1877.
  • Das Gewerbe-Monogramm. Wien 1877.
  • Allegorien und Embleme. Originalentwürfe von den hervorragendsten modernen Künstlern, sowie Nachbildungen alter Zunftzeichen und moderne Entwürfe von Zunftwappen im Charakter der Renaissance. Erläuternder Text von Albert Ilg. Wien 1882.
  • Die Pflanze in Kunst und Gewerbe. Wien 1886.
  • Karten und Vignetten. Entwürfe und Compositions-Motive für Weinkarten, Menus, Hochzeitsblätter, Glückwunschkarten, Programme und Einladungen zu Musik-, Gesangs- oder Ballfesten, zur Jagd etc.; Festkarten für den Eis-, Wettrenn-, Velociped-, Turn-, Kegel- und sonstigen Sport nebst einem Cyclus humoristischer Vignetten nach Federzeichnungen von F. Stuck. Wien 1890.
  • Blumen und Pflanzen zur Verwendung für kunstgewerbliche Dekorationsmotive und den Zeichenunterricht. Wien 1892.
  • Todtenschilder und Grabsteine. Wien 1896.
  • Die Bronceepitaphien der Friedhoefe zu Nürnberg. Mit textlichen Erläuterungen von Hans Boesch. Wien 1896.
  • Wald-, Baum- und Vordergrund-Studien. 80 Lichtdrucktafeln nach photographischen Naturaufnahmen von Martin Gerlach. Wien um 1900.
  • Baumstudien. Photographische Natur-Aufnahmen, 50 Blatt Lichtdrucke. Wien um 1900.
  • Ornamente alter Schmiedeeisen. Vorwort von Josef Dernjač. Wien 1900.
  • Nürnbergs Erker, Giebel und Höfe. Mit einem Vorwort von Julius Deininger. 2., verb. u. verm. Aufl. Wien um 1900.
  • Festons und dekorative Gruppen nebst einem Zieralphabete aus Pflanzen und Tieren, Jagd-, Touristen- und anderen Geräten. Wien um 1900.
  • Allegorien. Neue Folge. Originalentwürfe von namhaften modernen Künstlern mit erläuterndem Text. Wien um 1900.
  • Formenwelt aus dem Naturreiche. Photographische Naturaufnahmen, mikroskopische Vergrösserungen von Martin Gerlach und Hugo Hinterberger. Wien um 1905.
  • Wien. Eine Auswahl von Stadtbildern. Vienne instantanée. Vienna through a camera. Hrsg. von der k. K. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien. Redigiert von Karl Mayreder. Naturaufnahmen von Martin Gerlach. 3. Auflage. Wien 1905
  • Ansichten von alten heimatlichen Bauformen, Land- und Bauernhäusern, Höfen, Gärten, Wohnräumen, Hausrat etc. Photographisch aufgenommen von Martin Gerlach. Vorwort von Joseph August Lux. Wien 1911.
  • Die Wachau in Wort und Bild. Photographisch aufgenommen und hrsg. von Martin Gerlach. Text von Josef Wichner. Einleitungsgedicht von Hermann Hango. Wien 1912.
Im Rahmen der Zeitschrift Quelle erschienen zu Gerlachs Lebzeiten:
  • Max Benirschke: Buchschmuck und Flächenmuster. Band 1. 1900.
  • Carl Otto Czeschka: Allerlei Gedanken in Vignettenform. Band 2. 1902.
  • Koloman Moser: Flächenschmuck. Band 3. 1902.
  • Das Thierleben in Schönbrunn. Band 4. 1904.
  • Formenwelt aus dem Naturreiche. Band 5. 1905.
  • Ansichten von alten heimatlichen Bauformen, Land- und Bauernhäusern, Höfen, Gärten, Wohnräumen, Hausrat etc. Band 6. 1904. 2., verm. u. verb. Aufl. 1911.
  • Völkerschmuck. Band 7. 1906.
  • Alt-Nürnbergs Profanarchitektur. Band 8. 1906.
  • Wald-, Baum- und Vordergrund-Studien. Band 9. 1900.
  • Unterfranken. Band 10. 1907.
  • Alte Grabmalkunst. Band 11. 1910.
  • Österreich-Ungarn. Band 12. 1904. 2. Aufl. 1911.
  • Das alte Buch und seine Ausstattung vom XV. bis zum XIX. Jahrhundert. Band 13. 1918.

Literatur

  • Otto Hochreiter (Hrsg.): Geschichte der Fotografie in Österreich. Ausstellungskatalog. Zwei Bände. Museum des Zwanzigsten Jahrhunderts. Verein zur Erarbeitung der Geschichte der Fotografie in Österreich. Wien 1983.
  • Wolfgang Mayer: Wien im Spiegel des Fotoarchivs Gerlach. Stadtbild und Baugeschehen 1925–1972. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wien 1990 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 28), S. 3–6.
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 2. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 508.
  • Timm Starl: Lexikon zur Fotografie in Österreich 1839 bis 1945. Album-Verlag für Photographie, Wien 2005, ISBN 3-85164-150-7.
Abbildungen seiner Photographien:
  • Markus Kristan: Adolf Loos. Villen. Album Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85164-100-0, S. 10–12.
  • Markus Kristan: Adolf Loos. Wohnungen. Album Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85164-101-9, S. 10–12.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Martin Gerlach junior — (* 2. April 1879 in Wien; † 18. Juli 1944 ebenda) war ein österreichischer Photograph. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Einzelnachweise 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Martin Gerlach — ist der Name folgender Personen: Martin Gerlach senior (1846–1918), deutsch österreichischer Graveur, Fotograf und Verlagsgründer Martin Gerlach junior (1879–1944), österreichischer Fotograf Martin Gerlach (Politiker) (* 1965), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Gerlach (Familienname) — Gerlach ist ein deutscher Familienname, abgeleitet vom männlichen Vornamen Gerlach, der sich aus „ger“ (Spieß) und „lach“ von löcken (schlagen, spielen) zusammensetzt. Gehäuft tritt er in der Mitte Deutschlands auf, wo mehr als 159 von 100.000… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Hanau — Wappen der Stadt Hanau Diese Liste enthält in Hanau geborene Persönlichkeiten, chronologisch nach dem Geburtsjahr sortiert. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Inhaltsverzeichnis 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Hietzinger Friedhof — Friedhofskreuz am Friedhof Hietzing Der Friedhof Hietzing ist ein Friedhof im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • literature — /lit euhr euh cheuhr, choor , li treuh /, n. 1. writings in which expression and form, in connection with ideas of permanent and universal interest, are characteristic or essential features, as poetry, novels, history, biography, and essays. 2.… …   Universalium

  • Wannsee Conference — The HolocaustThe Wannsee Conference was a meeting of senior officials of the Nazi German regime, held in the Berlin suburb of Wannsee on 20 January 1942. The purpose of the conference was to inform heads of Departments responsible for various… …   Wikipedia

  • Liste berühmter Begräbnisstätten — Inhaltsverzeichnis 1 Ägypten 2 Argentinien 3 Australien 4 Belgien 5 Brasilien 6 Chile 7 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste berühmter Friedhöfe — Inhaltsverzeichnis 1 Ägypten 2 Argentinien 3 Australien 4 Belgien 5 Brasilien 6 Chile 7 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mun–Muz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”