Martin Sander (Paläontologe)

Martin Sander (Paläontologe)

P. Martin Sander (* 1960 in Würzburg) ist ein deutscher Wirbeltier-Paläontologe, der sich mit Dinosauriern befasst.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sander ging in Freiburg im Breisgau zur Schule und studierte dort und an der University of Texas at Austin Geologie. Er promovierte in Paläontologie an der Universität Zürich (über Ichthyosaurier vom Monte San Giorgio) und war ab 1990 an der Universität Bonn, wo er sich 1995 habilitierte. Er war dort bis 2007 Leiter des Paläontologischen Museums und ist dort Professor für Wirbeltier-Paläontologie.

Sander beschäftigt sich seit 2003 als Initiator und Sprecher der von der DFG unterstützten interdisziplinären Arbeitsgruppe Biology of Sauropod Dinosaurs - the Evolution of Gigantism mit der Frage, warum Sauropoden die nach gängigen Theorien[Anm. 1] erwartete Grenzen für Landtiere von etwa 10 Tonnen stark überschritten und 50 bis 100 Tonnen erreichten.[1] Der Gigantismus entwickelte sich Ende der Trias in wenigen Millionen Jahren. Zu den Hypothesen gehören Luftsäcke im Körper, die den Knochenbau leichter machten, für bessere Sauerstoffaufnahme in der Lunge (ähnlich wie bei Vögeln) sorgten und zum Kühlungsproblem beitrugen. Wegen ihrer Größe konnten sie neue Nahrungsquellen erschließen (wie Araucarien-Nadelbäume). Weitere Aspekte waren eine hohe Zahl von Eiern und Einsparung bei der Aufzucht des Nachwuchses, ein schnelles Wachstum[2] und die Tatsache, dass die Nahrung nicht gekaut sondern geschluckt wurde (Einsparung von Zähnen, Kaumuskeln, Zeitersparnis). Hinweise auf eine Anpassung des Stoffwechsels im Lauf des Wachstums fanden sich in den Knochen. Nach Sander und Kollegen deutet die Flexibilität des Stoffwechsels darauf, dass die Sauropoden Warmblüter waren, was 2011 durch Untersuchung der Isotopenzusammensetzung der Zähne durch Robert Eagle und Kollegen bestätigt wurde - sie fanden Körpertemperaturen zwischen 36 und 38 Grad Celsius.[3]

Nachdem Sander mit seinem Schweizer Kollegen Marcus Clauss schon 2008 erste Ergebnisse des Projekts in Science veröffentlichte[4] , gab er 2011 mit Kollegen ein Buch über die Biologie von Sauropoden heraus. 2011 war er Gastkurator (neben Mark Norell) in der Ausstellung über Sauropoden des American Museum of Natural History.[5][6]

Sander bearbeitete die Funde des Europasaurus aus dem oberen Jura des nördlichen Harzrandes, gefunden 1998, die „Miniaturausgaben“ von Sauropoden sind (rund 6 m lang), möglicherweise auf Inseln zu diesen Zwergformen entwickelt. An der Ausgrabungsstelle wurden viele Dinosaurierreste (unter anderem vom Schädel, und auch gleichzeitig Fußspuren) gefunden.[7][8]

Er befasste sich außer mit Ichthyosauriern und großen Sauropoden außerdem unter anderem mit den Zähnen von Dinosauriern und den Entstehungsbedingungen (Taphonomie) der berühmten Plateosaurier-Fundstellen in Deutschland.

Er ist mit der Paläobotanikerin Carole Gee verheiratet und hat drei Kinder.

Schriften

  • Herausgeber mit Nicole Klein, Kristian Remes, Carole T. Gee Biology of the sauropod dinosaurs: Understanding the life of giants, Indiana University Press 2011
  • Beiträge zu W. Westheide, R. Rieger (Herausgeber), Spezielle Zoologie, G. Fischer 2003
  • mit Marcus Clauss Perspective: Sauropod dinosaur gigantism. Science, Band 322, 2008, S. 200-201.
  • Zeitreise ins Erdmittelalter - Die Paläobiologie der Dinosaurier in Gerold Wefer (Herausgeber), Expedition Erde. Beiträge zum Jahr der Geowissenschaften 2002. Universität Bremen, S. 134-145, Online, pdf
  • Long bone histology of the Tendaguru sauropods: Implications for growth and biology. Paleobiology, Band 26, 2000, S. 466-488.
  • Life history of Tendaguru sauropods as inferred from long bone histology. Geowissenschaftliche Reihe (Mitteilungen Museum fur Naturkunde in Berlin), Band 2, 1999, S. 103-112
  • Ichthyosauria: their diversity, distribution, and phylogeny, Paläontologische Zeitschrift, Band 74, 2000, S. 1-35.
  • Die Plateosaurus-Friedhöfe im Keuper: Belege für einen Massentod ?, in V. Wilde, N. Hauschke (Herausgeber), Die Trias. Eine ganz andere Welt. Mitteleuropa im frühen Erdmittelalter. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München, S. 419-425.
  • Riesen an Land und Fischsaurier in U. Gansloßer Spitzenleistungen - Die unglaublichen Fähigkeiten der Tiere. Filander Verlag, Fürth, 1999
  • Teeth and jaws, in Philip Currie, Padian (Herausgeber) Encyclopedia of Dinosaurs, Academic Press 1997
  • Reptilien, Enke Verlag, 1994

Weblinks

Anmerkungen

  1. Jared Diamond untersuchte 2001 die Abhängigkeit der Populationsdichte von der Größe bei Landtieren

Einzelnachweise

  1. Theorie der Giganten, Zeit Online, 2005
  2. Ein Sauropoden-Baby verdoppelte sein Gewicht anfangs in fünf Tagen statt wie ein menschlicher Säugling in fünf Monaten
  3. Robert Eagle u.a. Dinosaur Body Temperatures Determined from Isotopic (13C-18O) Ordering in Fossil Biominerals, Science, Band 333, 2011, S. 443-445, Abstract. Allerdings war die Körpertemperatur der Sauropoden wegen ihrer Größe allgemein hoch.
  4. Sander, Marcus Clauss Sauropod gigantism, Science, Band 322, 2008, S. 200-201 Abstract
  5. John Wilford Giants who scarfed down fast-food feasts, New York Times, 11. April 2011
  6. American Museum of Natural History 2011 zur Eröffnung der Ausstellung The Worlds largests dinosaurs
  7. P. Martin Sander, Octávio Mateus, Thomas Laven, Nils Knötschke: Bone histology indicates insular dwarfism in a new Late Jurassic sauropod dinosaur, Nature, Band 441, 2006, S. 739–741
  8. Ernst Probst Dinosaurier in Niedersachsen, Grin Verlag 2010

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