Meister der Lübecker Bibel

Meister der Lübecker Bibel
St. Johannes auf Patmos (ca. 1510-1520). Tempera, Gold, Tinte auf Pergament, J. Paul Getty Museum, Los Angeles
Terenz, 1494

Meister der Lübecker Bibel ist der Notname eines von etwa 1485 bis etwa 1520 tätigen flämischen Buchmalers und Formschneiders.

Er erhielt diesen Namen nach den Holzschnitten, die er für die bei Steffen Arndes gedruckte Lübecker Bibel (1494) schuf. Nachdem eine Zeit lang vereinzelt Bernt Notke als Urheber der Illustrationen angesehen wurde, unterscheidet man seit den Forschungen von Axel L. Romdahl zwei verschiedene, namenlose Künstler, von ihm kurz A-Meister und B-Meister genannt.

Beide Meister verstehen sich auf den Einsatz von Licht und Schatten zur Erzeugung von Räumlichkeit und Perspektive; beim A-Meister findet sich jedoch insgesamt eine etwas freiere Gestaltung. Der A-Meister war mit Sicherheit auch an Des Dodes Dantz aus der Mohnkopfoffizin des Hans van Ghetelen beteiligt. Ihm werden 47 Zeichnungen der Lübecker Bibel zugeschrieben (4-39,41,42,44-55); er arbeitete vermutlich in den Jahren 1489-1492 an diesem Projekt. Der B-Meister war bereits zuvor von Steffen Arndes mit den 200 Holzschnitten für das von ihm gedruckte Passional (1492) beauftragt worden. Aus ungeklärten Gründen löste er, der deutlich schwächere[1], den A-Meister dann ab.

Dieser A-Meister wird allein als Meister der Lübecker Bibel bezeichnet. Max Hasse stellte die heute meist akzeptierte These auf, dass dieser Meister aus dem flandrisch-burgundischen Kulturkreis stammte, seine Ausbildung am Hofe des Königs Rene von Anjou als Miniaturmaler erhielt und nur kurz in Lübeck tätig war.[2] Seine Nähe zum Meister von Jakob IV von Schottland, von dem man annimmt, dass er in Gent tätig war, mag ein Indiz dafür sein, dass auch sein Lebensmittelpunkt hier lag.

Auch für die Holzschnitte zu einer Terenz-Ausgabe von Johannes Trechsel, die dieser schon 1493 in Lyon druckte, wird seit langem der Meister der Lübecker Bibel als Autor angesehen. In der jüngeren Forschung werden dem Meister jedoch nicht nur Illustrationen in gedruckten Büchern, sondern auch einige Buchmalereien in Handschriften zugeschrieben. Diese zeichnen sich durch besondere, spannungsgeladene, elastische Bewegtheit[3] in der Darstellung aus. Seine Figuren haben merkwürdig verlängerte Gesichter und die Landschaften, in denen sie platziert sind, haben eine eigenartig verkürzte Perspektive.

Literatur

  • Max J. Friedländer: Die Holzschnitte der Lübecker Bibel von 1494 zu den 5 Büchern Mose. (Jahresgabe des Dt. Vereins f. Kunstwissenschaft 1917). Berlin 1918.
  • Die Lübecker Bibel. Mit einer Einführung von Max J. Friedländer. München: Piper 1923 (Hauptwerke des Holzschnitts).
  • Albert Schramm: Der Bilderschmuck der Frühdrucke. Band 11: Die Drucker in Lübeck 2. Steffen Arndes, Leipzig 1928, Nr. 948–1047
  • Axel L. Romdahl: Der A-Meister der Lübecker Bibel aus dem Jahre 1494 (Göteborgs Högskolas Arsskrift XLVII. 23) Göteborg 1941
  • Fedja Anzelewsky: Der Meister der Lübecker Bibel von 1494. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 27 (1964), S. 43–59 (m. 18 Abb.)
  • Max Hasse: Lübeck St. Annenmuseum. Die sakralen Werke Lübeck: Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck (Lübecker Museumsführer Band I) 2. Auflage Lübeck 1970
  • Henning Wendland und Walter Eichenberger: Deutsche Bibeln vor Luther. Die Buchkunst der 18 deutschen Bibeln zwischen 1466 und 1522. 2., verbesserte und erweiterte Auflage, Hamburg: Wittig 1983 ISBN 3-8048-4149-X
  • Bodo Brinkmann: Neues vom Meister der Lübecker Bibel, in: Jahrbuch der Berliner Museen, ns 29-30 (1987-1988), S. 123–161.
  • Henning Wendland: 500 Jahre Lübecker Bibel 1494-1994. In: Philobiblon 38 (1994), S. 310–317.
  • Die 92 Holzschnitte der Lübecker Bibel aus dem Jahre 1494 von einem unbekannten Meister. Hrsg. von Dr. Hans Wahl. Nachdruck der Ausgabe Gustav Kiepenheuer Verlag Weimar 1917. Augsburg: Weltbild 1999

Weblinks

 Commons: Meister der Lübecker Bibel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Brinkmann (Lit.), S. 123
  2. Hasse (Lit.), S. 39 und 888
  3. Beckmann (Lit.), S. 125

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