Moritz Henschel

Moritz Henschel

Moritz Henschel (* 17. Februar 1879 in Breslau; † April 1947 in Tel Aviv) war ein deutscher Jurist, letzter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus sowie letzter Vorsitzender der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Henschel besuchte ein humanistisches Gymnasium und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften. Nach den bestandenen Staatsexamen war er als Rechtsanwalt von 1910 bis 1938 am Kammergericht in Berlin tätig, fungierte zudem von 1922 bis 1935 als Notar und gehörte von 1930 bis 1933 dem Vorstand der Berliner Anwaltskammer an. Henschel, seit 1921 verheiratet mit Hildegard geb. Alexander (* 1897) und Vater zweier Kinder, nahm als Soldat bis 1915 am Ersten Weltkrieg teil. Henschel erreichte den Dienstrang eines stellvertretenden Offiziers und wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse sowie dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet.[1]

Henschel gehörte sowohl dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu Berlin als auch der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Berlin an. Im März 1940 folgte Henschel Heinrich Stahl als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin nach. Nach der Ende Januar 1943 erfolgten Eingliederung der Jüdischen Gemeinde in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wurde er ab Anfang Februar 1943 letzter Vorsitzender der Reichsvereinigung. Sein Vorgänger auf dieser Position Leo Baeck war Ende Januar 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Nach Auflösung der Reichsvereinigung im Juni 1943 wurde auch Henschel gemeinsam mit seiner Frau nach Theresienstadt deportiert, wo er am 17. Juni 1943 ankam. In Theresienstadt gehörte er dem Ältestenrat an, leitete die Post und ab 1944 die Freizeitabteilung.

Nachdem die Eheleute Henschel am 9. Mai 1945 in Theresienstadt durch die Rote Armee befreit wurden, gelangten sie über ein DP-Lager nach Palästina. Moritz Henschel verfasste noch im September 1946 einen fünfseitigen Bericht mit dem Titel „Die letzten Jahre der Jüdischen Gemeinde Berlin” für einen Vortrag. Er verstarb im April 1947.[2]

Literatur

  • Gudrun Maierhof: Selbstbehauptung im Chaos: Frauen in der jüdischen Selbsthilfe 1933–1943; Campus Verlag, 2002; ISBN 9783593370422
  • Esriel Hildesheimer: Jüdische Selbstverwaltung unter dem NS-Regime; Tübingen: Mohr Siebeck, 1994; ISBN 9783161461798

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag aus dem Prominentenalbum der Jüdischen Selbstverwaltung im Ghetto Theresienstadt vom 1. Januar 1944 Henschel, Moritz
  2. Gudrun Maierhof: Selbstbehauptung im Chaos: Frauen in der jüdischen Selbsthilfe 1933–1943; 2002; S. 280f.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Henschel — war der Name der Henschel Werke (Henschel Sohn), eines deutsches Maschinenbaukonzerns mit Sitz in Kassel. Mit diesem stehen in Zusammenhang: der Lkw Hersteller Hanomag Henschel der Henschel Wegmann Zug die dieselelektrische Drehstromlokomotive… …   Deutsch Wikipedia

  • Moritz Manheimer — (* 1. Mai 1826 in Gommern bei Magdeburg; † 27. März 1916 in Berlin) war ein deutscher jüdischer Kaufmann und Philanthrop. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Nachtrag 3 Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • HENSCHEL BROTHERS — Four artist brothers – AUGUST (d.1829), FRIEDRICH (d. 1837), MORITZ (d. 1862), and WILHELM (d. 1865) – who went from Breslau, Germany, and worked in Berlin from c. 1806 to 1829, when August committed suicide. They worked as a team, signing their… …   Encyclopedia of Judaism

  • Alberto Henschel — El fotógrafo Henschel (a la izquierda) y Constantino Barza en 1870 …   Wikipedia Español

  • Ernst Moritz Arndt — (* 26. Dezember 1769 in Groß Schoritz auf Rügen, damals Schwedisch Pommern; † 29. Januar 1860 in Bonn) war ein deutscher Schriftsteller und Abgeordneter der Frankfurter Nationalver …   Deutsch Wikipedia

  • Alberto Henschel — Infobox Person name = Alberto Henschel imagem size = 220px caption = The photographers Alberto Henschel (right) and Constantino Barza, in 1870 birth date = 6 January 1827 birth place = flagicon|Germany Berlin, Germany death date = death date and… …   Wikipedia

  • Reichsvereinigung der Juden in Deutschland — Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wurde am 4. Juli 1939 durch die 10. Verordnung zum Reichsbürgergesetz von den nationalsozialistischen Machthabern übernommen, stand ab September 1939 unter Kontrolle des Reichssicherheitshauptamtes… …   Deutsch Wikipedia

  • Ghetto Theresienstadt — Plan von Theresienstadt Das Ghetto Theresienstadt wurde von den Nationalsozialisten im November 1941 in der Garnisonsstadt von Theresienstadt eingerichtet. Es war Teil des nationalsozialistischen Systems der Konzentrationslager.… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Stahl (Gemeindevorstand) — Heinrich Stahl (* 13. April 1868 in Berlin; † 4. November 1942 im Ghetto Theresienstadt) war von 1933 bis 1940 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Gedenktafel 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Martha Mosse — am 26. Februar 1948 während ihrer Zeugenaussage im Wilhelmstraßen Prozess. Martha Mosse (* 29. Mai 1884 in Berlin; † 2. September 1977 in Berlin) war eine deutsche Juristin und der erste weibliche Polizeirat in Preußen. Aufgrund ihrer jüdischen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”