- Moritz Manheimer
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Moritz Manheimer (* 1. Mai 1826 in Gommern bei Magdeburg; † 27. März 1916 in Berlin) war ein deutscher jüdischer Kaufmann und Philanthrop.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Zusammen mit seinen Brüdern David und Valentin Manheimer ging Moritz Manheimer nach Berlin. 1837 gründeten sie die Konfektionsfirma „Gebr. Manheimer“ in der Jerusalemer Straße 17, wobei er für die kaufmännischen Belange zuständig war. Das Unternehmen setzte von Anfang an auf Qualität und kam damit über die Kundinnen aus den oberen Gesellschaftsschichten auch an die Mächtigen Preußens heran. Sein Bruder Valentin Manheimer verließ schon 1840 den Betrieb und gründete in der Oberwallstraße 6–7 das Konfektionshaus Manheimer, die erste Fabrik für Damenmäntel in Berlin, deren Angebot auch internationalen Erfolg hatte. 1857 trat Moritz Manheimer der Gesellschaft der Freunde bei.
Aufträge für die Ausstattung der preußischen Armee mit Uniformen und Mänteln machten Moritz Manheimer, der sich nun auch als Bankier betätigte, spätestens ab 1866 zu einem sehr reichen Mann. Nach 1872 trat er aus der Firma aus und betätigte sich in seiner zweiten Lebenshälfte nur noch als Wohltäter. Als Moritz Manheimer und seine Frau Bertha, geb. Lehwess, feststellen mussten, dass ihre Ehe kinderlos bleiben würde, begann er rastlos, sich um die Armen und Benachteiligten zu sorgen. Er organisierte und methodisierte nun mit deutscher Gründlichkeit (Jüdisch war sein Herz, deutsch war seine Methode Eugen Fuchs) das Geben, machte Werbung für seine Projekte und bat darum, ihm zum Geburtstag kein Schmuckstück zu schenken, sondern z. B. ein neues Bett für eins seiner Häuser. Er begründete über 40 Projekte, wobei er nicht nur das Geld gab, sondern auch vor Ort nach dem Rechten sah. So legte er Wert darauf, die Bewohner seiner Altersheime persönlich zu kennen und sich ihre Sorgen und Geschichten anzuhören. Er finanzierte zusammen mit anderen das jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26, stiftete das Lehrlingsheim Pankow sowie das Hospital in der Oranienburger Straße. Aus alter Anhänglichkeit spendierte er auch seinem ehemaligen Heimatort Gommern ein Altersheim, das heute als Jugendherberge genutzt wird und spendete einen großen Betrag, auf dass der kleine jüdische Friedhof ebendort auf ewig gepflegt werden könnte. Die Manheimer-Stiftung kümmerte sich auch um die Förderung junger Talente und veranstaltete zum Beispiel regelmäßig Preisausschreiben wie zum Thema: »Sind Menschenliebe, Gerechtigkeit und Duldsamkeit an eine bestimmte Staatsform geknüpft, und welche Staatsform gibt die beste Gewähr für ihre Durchführung«, die auch den jungen Siegfried Kracauer zu seiner ersten größeren Arbeit inspirierte.
Der Reformjude Manheimer war ein Verehrer des Philanthropen Moses Mendelssohn und machte kaum einen Unterschied ob die Begünstigten jüdisch oder christlich waren. Im Gegenteil, kam ein armer Jude in sein Büro, der ihn dreist darauf hinwies, dass er nach dem jüdischen Gesetz als reicher Mann geradezu verpflichtet sei, ihm zu helfen, konnte er sehr eisig werden. Je älter die Manheimers wurden, desto jünger wurde die Bevölkerung, um die sie sich kümmerten. Zum Ende seines Lebens galt sein besonderes Interesse den ganz Kleinen, da damals die Säuglingssterblichkeit noch ein akutes Problem war. Während der Gründungsphase eines Säuglingsheimes ist er dann gestorben.
1882 kaufte er ein großes Grundstück in der heutigen Schönhauser Allee 22 um darauf die Zweite Jüdische Versorgungsanstalt bauen zu lassen, ein Altersheim für arme Juden, die dort ihren Lebensabend verbringen durften, sofern sie das 60. Lebensjahr erreicht und mindestens 15 Jahre in Berlin gelebt hatten. Am 11. November 1883 wurde das neue Altersheim im Beisein der Kaiserin Augusta eröffnet. Das Haus grenzt an den benachbarten jüdischen Friedhof und so beschloss er, sich aus den gleichen gelbbraunen Ziegeln eine Grabstätte dergestalt bauen zu lassen, dass es – über die Friedhofsmauer herübergleitend – eine optische Einheit zwischen dem Grab des Stifters und dem Haus ergibt. Als Architekten verpflichtete er mit A. Bohm und P. Engel die Hausarchitekten seines Bruders Viktor, die auch schon dessen Warenhaus in der Oberwallstraße 6/7 in einer kühnen Stilmischung ausgestattet hatten. Auf diese Weise kam er – ganz der Kaufmann – für eher wenig Geld zu einem imposanten Grab. Das Haus wurde mit zwölf Heimbewohnern eröffnet und schon vier Jahre später wurde die erste Erweiterung fertiggestellt. Weitere Stiftungen von Zimmern machten einen zweiten Anbau erforderlich, der am 8. April 1892 eingeweiht wurde.
Manheimers Begräbnisstätte blieb erhalten. Adolf Etzel hat darin folgende Stilrichtungen festgestellt: … hier wurde so ziemlich alles zusammengefügt, was … die 1880er Jahre an Historismen zu bieten haben, die Neugotik ausgenommen: eine romanische Blendengalerie, ein Nischengewölbe in Muschelform nach Renaissance-Art, manieristisch dekorierte Säulen mit Kompositkapitellen und einem füllig ornamentierten Gebälk, als Bekrönung ein Lünettengiebel der Backstein-Renaissance, aber tief gemischt, darüber und an den Seiten klassizistische Akroterien.
Nachtrag
- 1943 setzte die NSDAP die Bewohner und das Personal auf eine Transportliste in das KZ Theresienstadt und war damit Besitzerin des entmieteten Hauses. 1945 zog die Volkspolizei dort ein. Nach der Wende wurde es weiter von der jetzt vereinigten Polizei genutzt, nun allerdings unter Bezahlung der ortsüblichen Miete. Die Polizei ist mittlerweile wieder ausgezogen, das Haus steht aktuell leer.
- Der auf ewig zu pflegende jüdische Friedhof in Gommern wurde von den Nationalsozialisten eingeebnet, 1960 wurde eine Gedenkstätte auf dem Gelände errichtet.
Ehrungen
- Moritz Manheimer ist Ehrenbürger von Gommern
Literatur
- Alfred Etzold, Joachim Fait, Peter Kirchner, Heinz Knobloch: Die jüdischen Friedhöfe in Berlin. Henschel-Verlag Berlin 1991, ISBN 3-362-00557-8
- Etty Hirschfeld: Die Altersheime und das Hospital der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Berlin [um 1935] (Schriftenreihe der Jüdischen Gemeinde zu Berlin)
Weblinks
- Gemälde Familie Manheimer, hinten links der Maler des Bildes, Julius Moser, hinten rechts: Moritz Manheimer – beim Jüdischen Museum Berlin
- Eugen Fuchs: Moritz Manheimer. In: Neue jüdische Monatshefte, Heft 12 vom 25. März 1917
- Grabstätte Manheimer auf Commons (großes Bild, 2.19MB)
- Ein Keller erzählt Geschichte … und gibt Rätsel auf. Von geheimen Tunneln, Haftzellen, Schutzräumen und besetzten Häusern (Recherchen des Vereins unter-berlin e. V. zur VP-Inspektion Schönhauser Allee 22).
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