Chemische Fabrik Kalle

Chemische Fabrik Kalle
Logo der Kalle & Co. AG
Blick von Süden aus

Die Chemische Fabrik Kalle & Co. war ein 1863 gegründetes Unternehmen, das sich 1925 mit der I.G. Farbenindustrie AG zusammenschloss. Zwischen 1952-1972 wieder als eigenständige Aktiengesellschaft, wurde das Unternehmen danach in die Hoechst AG eingegliedert und 1997 zum Industriepark Kalle-Albert, in dem unter anderem die 1995 gegründete Kalle GmbH ihren Sitz hat, die einer der weltweit führenden Produzenten von industriell hergestellten Wursthüllen auf Viskose-, Kunststoff- und Textilbasis ist.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Chemische Fabrik Kalle & Co., später Kalle & Co. AG in Biebrich wurde am 8. August 1863 als Kommanditgesellschaft von Dr. Paul Wilhelm Kalle (1838–1919) gegründet. Kommanditist war anfangs kurzzeitig sein Vater Jakob Alexander Kalle (1796-1865), der als Kaufmann in Paris zu Vermögen gekommen war.

Das Unternehmen begann zunächst mit nur drei Arbeitern in angemieteten Räumen und produzierte ausschließlich Farben; 1885 wurde mit der Produktion von Pharmazeutika begonnen. Teilhaber in der nunmehrigen offenen Handelsgesellschaft war von 1865-1881 Jakob Friedrich Kalle (1837-1915), der Bruder des Gründers; 1897 wurde auch der Sohn des Gründers, Dr. Wilhelm Ferdinand Kalle (1870-1954), Teilhaber an der OHG. 1904 wurde Kalle eine Aktiengesellschaft. 1907 bildete die Kalle AG mit den Farbwerken Hoechst und den Cassella-Farbwerken den Dreibund, ein durch wechselseitige Kapitalverflechtungen und Lieferbeziehungen geprägte Zweckgemeinschaft.

1923 begann die Kalle & Co. AG mit der Produktion von Diazo-Lichtpauspapieren für die Ozalidkopie. Diese Diazotypie basiert auf einem lichtempfindlichen Papier mit großer Stabilität vor der Belichtung und hoher Lichtempfindlichkeit für scharfe Reproduktionen. 1920 war der erste Trockenprozess für Diazotypien auf den Markt gebracht worden, bei dem die Entwicklung durch Ammoniakdämpfe erfolgte. 1928 wurde die Produktion von Kunstdärmen aus Cellophan, 1929 die Herstellung von nahtlosen Wursthüllen unter der Marke Nalo aufgenommen[2], 1932 erfolgte die Markteinführung des Ozaphan-Films[3] mit großer Bedeutung für die Filmindustrie und die Amateurphotographie. Seit 1939/40 wurden auch Kunststoff-Folien produziert.

1925 schloss sich Kalle, damals mit weit über 2.000 Beschäftigten, der I.G. Farbenindustrie AG an, zusammen mit der Mehrzahl der großen Chemieunternehmen in Deutschland, nachdem bereits seit dem Ersten Weltkrieg enge Vertragsbeziehungen untereinander bestanden. Bei der Aufteilung der I.G. Farben 1952 entstand die Kalle AG wieder neu als eigenständiges Unternehmen, ihre Aktien wurden jedoch bald darauf von der Hoechst AG übernommen. 1972 wurde Kalle (mit nun rd. 8.200 Mitarbeitern) in die Farbwerke Hoechst AG eingegliedert, 1986 umfirmiert in Hoechst AG, Werk Kalle und 1989 mit dem benachbarten Werk Albert in Mainz-Amöneburg (zuvor: Chemische Werke Albert) zum Werk Kalle-Albert der Hoechst AG zusammengelegt. Bald darauf begann der Umbau der Hoechst AG, verbunden mit einer erheblichen Personalreduzierung im Werk Kalle-Albert.

1997 wurde das Werk Kalle-Albert zum Industriepark Kalle-Albert, in dem heute zahlreiche Unternehmen ansässig sind, darunter Clariant, Agfa, Mitsubishi Polyester Film, SE Tylose und die heutige Kalle GmbH. Betreiberin des Industrieparks Kalle-Albert ist die InfraServ Wiesbaden.

Den Namen Kalle trägt heute noch die Kalle GmbH (gegründet 1995 als Kalle Nalo GmbH), die das Traditionsgeschäft mit industriell hergestellten Wursthüllen auf Viskose-, Polymer- und Textilbasis sowie mit den 1955 auf den Markt gebrachten Schwammtüchern auf Basis von Cellulose und Baumwollfasern weiterführt und in diesem Segment zu den weltweit führenden Produzenten gehört.[1]

Literatur

  • Kalle & Co. Akt.-Ges. Biebrich a. Rh. (1863–1913). Feier des 50jährigen Fabrikjubiläums am 17. und 18. Aug. 1913. Biebrich: Zeidler 1913;
  • Kalle & Co. Akt.-Ges. Biebrich a.Rh. 1863–1913. Mannheim: Mertens 1913
  • Heinrich Voelcker: 75 Jahre Kalle. Ein Beitrag zur Nassauischen Industrie-Geschichte. Wiesbaden-Biebrich 1938
  • Klaus Maurice: Kaleidoskop 63. 100 Jahre Kalle. Herausgegeben von der Kalle AG Wiesbaden-Biebrich anläßlich des hundertjährigen Bestehens von 1863 bis 1963. Verlag Mensch und Arbeit, München 1963
  • 125 Jahre Kalle in Biebrich am Rhein. [Begleitheft zur Ausstellung]. Wiesbaden-Biebrich 1988
  • Otto Renkhoff, Nassauische Biographie, 2. Auflage 1992

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Florian Langenscheidt, Bernd Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Die Königsklasse deutscher Unternehmen in Wort und Bild. Deutsche Standards Editionen, Köln 2010, ISBN 978-3-86936-221-2.
  2. Markenregister Nalo
  3. Markenregister Ozaphan
50.0333333333338.2458333333333

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