Stettiner Werft

Stettiner Werft
Stettiner Werft (2007)

Die Stettiner Werft, seit 2002 Neue Stettiner Werft, polnisch Stocznia Szczecińska Nowa (SSN), war[1] eine Schiffswerft in Stettin in Polen. Das zu den größten europäischen Werften gezählte Unternehmen befindet sich seit Mai 2009 in Liquidation.

Geschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Stettin an Polen. Die traditionsreichen Stettiner Werften waren durch Bombenangriffe weitgehend zerstört worden. Nach der Konsolidierung der verbliebenen Werften wurde 1948 die Stettiner Werft (Stocznia Szczecińska) auf dem früheren Gelände der Stettiner Oderwerke und der Vulcanwerft als staatliches Unternehmen gegründet.[2] Im April 1948 lief mit der Oliwa der erste Neubau der polnischen Schiffbauindustrie vom Stapel. Der Bau des folgenden Schiffes, des Colliers Czulym, wurde erst 1951 begonnen. Von 1951 bis 1990 war die Werft nach dem polnischen Arbeiterführer Adolf Warski benannt. Da die „Odra-Helling“ nur für den Bau relativ kleiner Schiffe ausgelegt war, wurde 1957 die „Vulcan-Helling“ mit zwei Slipanlagen errichtet, von der 1959 das erste Schiff lief.[3]

In den folgenden Jahrzehnten wurden vor allem Schiffe für die Sowjetunion, aber auch für Deutschland, Großbritannien und Norwegen gebaut. Nach der politischen Wende Anfang der 1990er Jahre geriet das Unternehmen wegen des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der Streichung der staatlichen Subventionen in eine ernste Krise. Durch die Spezialisierung auf mittelgroße Containerschiffe von 3000 bis 4000 TEU und Chemikalientanker bis 50.000 tdw konnte die Werft konsolidiert werden.[2] Die Belegschaft wurde von 11.000 auf 7.000 Beschäftigte verkleinert. Die Werft, die Mitte 1992 noch 116 Millionen US-Dollar Schulden hatte, galt zum Ende des Jahres als schuldenfrei.[4]

Die 1994 errichtete „Odra Nowa“-Helling wurde für den Bau bis zu 40 Meter breiter Schiffsrümpfe ausgelegt. Im Jahr 2000 wurde die Slipanlage „Wulkan II“ modernisiert, vergrößert und mit einer 72 Meter hohen Krananlage mit 450 Tonnen Tragfähigkeit ausgestattet. Dadurch wurde der Bau von Schiffen bis 256 Meter Länge und 100.000 Tonnen Tragfähigkeit ermöglicht.[3]

Gemessen am Auftragsvolumen von 1,6 Milliarden US-Dollar stand die Stettiner Werft 1996 auf Platz fünf der Weltrangliste hinter den größten südkoreanischen und japanischen Schiffbauunternehmen. Die Werft Stettin galt als Musterbeispiel für erfolgreiches Management.[4] Um 1999 ging die Zahl der Aufträge für den Bau neuer Schiffe weltweit zurück. Hinzu kamen ein starker Preisverfall und ein ungünstiger Wechselkurs zwischen US-Dollar und Złoty.[3] Als im November 2001 bekannt wurde, dass eine Vertragsstrafe wegen verspäteter Lieferung eines Chemietankers durch laufende Kredite getilgt wurde, stoppten die Banken die Zahlungen an die Werft. Die Zahlungsunfähigkeit führte im März zum Produktionsstopp und im Juli 2002 zum Konkurs.[2]

Das Unternehmen wurde von der Staatlichen Agentur für Industrieentwicklung übernommen und setzte die Produktion unter dem Namen Stocznia Szczecińska Nowa fort. Innerhalb von 48 Monaten wurde mit dem Bau von 30 Schiffen ein Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar erzielt.[3] Versuche, die Werft zu privatisieren bzw. unabhängig von staatlichen Beihilfen umzustrukturieren, scheiterten. Da die polnische Regierung unter Ministerpräsident Jarosław Kaczyński es unterließ, bei der EU eine Verlängerung der Schiffbausubventionen zu beantragen, erklärte die EU-Kommission 2008 die staatlichen Zahlungen an die polnischen Werften für rechtswidrig. Die Regierung in Warschau wurde aufgefordert, die illegal an die Werften in Stettin, Gdynia und Danzig gezahlten Beihilfen zurückzuholen. Die Vermögenswerte der Stettiner Werft, die zuletzt etwa 4500 Beschäftigte hatte, stehen seitdem zum Verkauf. Der Weiterbetrieb des Schiffbaus wird vom potenziellen Käufer nicht gefordert.[5][6]

Weblinks

 Commons: Szczecin Shipyard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sąd ogłosił upadłość Stoczni Szczecińskiej. 29. Juli 2010, abgerufen am 12. August 2010.
  2. a b c Samira Lazarovic: Vom Staatsbetrieb zur Theaterbühne. Der Untergang einer Werft. In: fluter.de. Bundeszentrale für politische Bildung, Oktober 2002, abgerufen am 22. September 2009.
  3. a b c d About Shipyard. Stocznia Szczecińska Nowa, 2006, abgerufen am 22. September 2009.
  4. a b Fünf Mark pro Stunde. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1996, S. 130 (online).
  5. Staatliche Beihilfen: Kommission billigt Rückzahlungs- und Sanierungspläne für die Werften in Gdynia und Stettin. 6. November 2008, abgerufen am 22. September 2009 (PDF; 92 KB).
  6. Brigitte Jaeger-Dabel: Keine Rettung für Polens Werften? In: Das PolenMagazin. 20. August 2009, abgerufen am 22. September 2009.
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