- Post-Hoc-Test
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Post-Hoc-Tests sind Signifikanztests aus der mathematischen Statistik. Mit der einfaktoriellen ANOVA, dem Kruskal-Wallis-Test oder dem Median-Test wird nur festgestellt, dass es in einer Gruppe von Mittelwerten signifikante Unterschiede gibt. Die Post-Hoc-Tests geben entweder mit paarweisen Mittelwertvergleichen oder mit Teilgruppenvergleiche Auskunft, welche Mittelwerte sich signifikant voneinander unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht der Post-Hoc-Tests
Die Post-Hoc-Tests unterscheiden sich in verschiedenen Kriterien, z.B. sind die Stichprobenumfänge in allen Gruppen gleich (balancierter Fall) oder nicht (unbalancierter Fall) oder ist die Varianz in allen Gruppen gleich (Varianzhomogenität) oder nicht (Varianzheterogenität). Die Varianzhomogenität kann mit dem Levene-Test überprüft werden.
Test Vergleich von Varianzhomogenität Stichprobenumfänge Least significant difference Mittelwertpaaren Nein Ungleich Least significant difference-Bonferroni Mittelwertpaaren Nein Ungleich Sidak Mittelwertpaaren Nein Tamhane T2 Mittelwertpaaren Nein Games-Howell Mittelwertpaaren Nein Dunnett's T3 Mittelwertpaaren Nein Dunnett's C Mittelwertpaaren Nein Ryan-Einot-Gabriel-Welch überspannten Mittelwerten Ja Duncan überspannten Mittelwerten Ja Gleich Tukey b überspannten Mittelwerten Ja Student Newman-Keuls überspannten Mittelwerten Ja Gleich Tukey überspannten Mittelwerten Ja Gleich Hochberg überspannten Mittelwerten Ja Gabriel überspannten Mittelwerten Ja Scheffé Mittelwertpaaren Ja Ungleich Die Tests können teilweise geordnet werden, je nachdem wie konservativ sie sind:
- Konservativ: Scheffe > Tukey > Newman-Keuls > Duncan > Least significant difference > Nicht konservativ.
Voraussetzungen und Notation
Man geht davon aus, dass bei den Mittelwertvergleichen in m Gruppen und bei einem Signifikanzniveau α die Alternativhypothese angenommen wurde, d.h. es existieren Unterschiede zwischen mindestens zwei Gruppenmittelwerten. Die Hypothesen für alle folgenden Tests sind
* für die paarweisen Tests: vs. und * für die überspannten geordneten Mittelwerte: vs. . Des Weiteren sei ni die Anzahl der Beobachtungen in der Gruppe i und n = n1 + ... + nm die Anzahl aller Beobachtungen. Die Tests werden unterschieden in Tests für den balancierten Fall (r = n1 = ... = nm) und für den unbalancierten Fall (die Stichprobenumfänge in den Gruppen können unterschiedlich sein).
Tests für den unbalancierten Fall
Least Significant Difference Test
Im Least Significant Difference Test ist die Teststatistik:
mit
und Sj die Gruppenvarianz der Gruppe j.
Der Least Significant Difference Test beruht auf dem Zweistichproben-t-Test, jedoch wird die Varianz mit Hilfe aller Gruppen berechnet.
Least Significant Difference-Bonferroni Test
Im Least Significant Difference-Bonferroni Test ist die Teststatistik identisch zur Teststatistik im Least Significant Difference Test. Jedoch wird das Signifikanzniveau nach der Bonferroni-Methode korrigiert. Wird die ANOVA mit dem Signifikanzniveau α durchgeführt, so wird das korrigierte Signifikanzniveau α * für die paarweisen Mittelwertvergleiche benutzt:
- .
Die kritischen Werte für das korrigierte Signifikanzniveau finden sich in speziellen Tabellen oder können mit Hilfe der Approximation
bestimmt werden. z1 − α ist das 1 − α Quantil aus der Standardnormalverteilung.
Der Test sollte nur bei nicht zu großem m angewandt werden, da sonst das korrigierte Signifikanzniveau zu klein wird und sich Nichtablehnungsbereiche der t-Tests überschneiden. Ist z.B. m = 5 und α = 5%, dann ist α * = 0,5%.
Scheffé-Test
Einfacher Scheffé Test
Der einfache Scheffé Test prüft vs. mit Hilfe der Teststatistik
- .
Der einfache Scheffé Test ist ein Spezielfall des allgemeinen Scheffé Test für einen linearen Kontrast für zwei Mittelwerte.
Linearer Kontrast
Ein linearer Kontrast einer oder mehrerer Mittelwerte ist definiert als
- Λ = c1μ1 + ... + cmμm mit c1 + ... + cm = 0.
Für den einfachen Scheffé Test ist der lineare Kontrast:
- .
Zwei Kontraste Λ(1) und Λ(2) heissen orthogonal, wenn gilt
- .
Allgemeiner Scheffé Test
Für den allgemeinen Scheffé Test sind die Hypothesen für alle (orthogonalen) Kontraste vs. für mindestens ein Kontrast. Die Teststatistik ergibt sich zu
- .
Die Idee beruht auf der Varianzzerlegung des geschätzten Kontrastes
- ,
da unter Gültigkeit der Nullhypothese gilt: E(L) = 0.
Tests für den balancierten Fall
Diese Test sind für den balancierten Fall gedacht, d.h. der Stichprobenumfang in jeder Gruppe ist gleich r. SPSS führt den Test auch durch bei ungleichen Stichprobenumfängen in jeder Gruppe, jedoch wird r dann als das harmonische Mittel der Stichprobenumfänge berechnet.
Die Teststatistik ist für die folgenden Tests immer die gleiche
- .
Die kritischen Werte q(α,q,f) liegen nur tabelliert vor (meist für α = 5% oder α = 10%). Dabei liegen zwischen den Mittelwerten i und j noch weitere p − 2 Mittelwerte.
Tukey-Test
Im Tukey-Test ergeben sich die kritischen Werte aus
- ,
d.h. es findet keine Bonferroni Korrektur statt und die Zahl der überspannten Mittelwerte wird nicht berücksichtigt.
Student-Newman-Keuls-Test
Im Student-Newman-Keuls-Test ergeben sich die kritischen Werte aus
- ,
d.h. es findet keine Bonferroni Korrektur statt und die Zahl der überspannten Mittelwerte wird berücksichtigt.
Duncan-Test
Im Duncan-Test ergeben sich die kritischen Werte aus
- ,
d.h. es findet eine Bonferroni-Korrektur statt und die Zahl der überspannten Mittelwerte wird berücksichtigt.
Beispiel
Mietbelastungsquote in % Bundesland Anzahl Median Mittel Std.abw. Sachsen 1356 19,0 22,3 12,5 Brandenburg 803 19,0 23,4 13,2 Mecklenburg-Vorpommern 491 20,0 22,1 10,3 Thüringen 744 21,0 24,0 13,3 Berlin 998 22,0 24,4 11,9 Baden-Württemberg 3246 22,0 24,8 14,2 Bayern 3954 22,0 25,4 14,2 Nordrhein-Westfalen 5266 23,0 25,8 13,8 Hessen 1904 23,0 26,3 14,3 Sachsen-Anhalt 801 23,0 26,6 14,3 Rheinland-Pfalz 1276 24,0 26,1 13,5 Niedersachsen 2374 24,0 27,9 15,7 Hamburg 528 24,5 29,3 18,9 Schleswig-Holstein 890 25,0 27,9 14,8 Saarland 312 26,0 26,7 11,9 Bremen 194 27,0 29,2 15,8 Deutschland 9527 22,0 25,5 14,0 Für die Mietbelastungsquote (= Anteil der Bruttokaltmiete am Haushaltsnettoeinkommen), entnommen aus den CAMPUS Files für den Mikrozensus 2002 des Statistischen Bundesamtes, ergeben sowohl der nicht-parametrische Median-Test als auch die parametrische einfaktorielle ANOVA hochsignifikante Unterschiede in den Medianen bzw. Mittelwerte der Bundesländer. D.h. es gibt also Unterschiede zwischen den Bundesländern in den mittleren Mietausgaben (im Verhältnis zum Einkommen).
Da der Levene-Test die Nullhypothese der Varianzhomogenität ablehnt und die Beobachtungszahlen sich in der Stichprobe deutlich unterscheiden, bleiben nur folgende Testverfahren zur Unterschiedsbestimmung übrig:
- Least significant difference
- Least significant difference-Bonferroni
- Scheffé
Da der Scheffé-Test in SPSS sowohl paarweise Vergleiche durchführt als auch homogene Untergruppen ausgibt, schauen wir uns dessen Ergebnisse an.
Paarweise Vergleiche
In den jeweiligen paarweisen Vergleichen werden für jede Kombination von zwei Bundesländern ausgegeben:
- die Differenz ,
- der Standardfehler,
- der p-Wert (Spalte: Signifikanz), der bei Unterschreitung des vorgegebenen Signifikanzniveaus ein Ablehnung der Gleichheit der Mittelwerte bedeutet, und
- ein 95%-Konfidenzintervall für die Differenz der Mittelwert. eEnthält das Konfidenzintervall nicht die Null wird die Nullhypothese zum Signifikanzniveau von 5% abgelehnt.
Bei einem vorgebenen Signifikanzniveau von 5% sind nur die Mittelwerte von Schleswig-Holstein und Sachsen signifikant (p-Wert gleich 2,1%), bei allen anderen Vergleichen mit Schleswig-Holstein nicht.
Gruppenweise Vergleiche
Es wird ein iterativer Prozess durchgeführt um homogene Untergruppen zu finden, d.h Gruppen in denen die Nullhypothese der Gleichheit der Mittelwerte nicht abgelehnt werden. Dazu werden die beobachteten Mittelwerte der Größe nach geordnet und eine Folge von Tests durchgeführt.
Überspannte
MittelwerteGeprüfte Nullhypothesen H0 16 μ(1) = ... = μ(16) 15 μ(1) = ... = μ(15) μ(2) = ... = μ(16) 14 μ(1) = ... = μ(14) μ(2) = ... = μ(15) μ(3) = ... = μ(16) 13 μ(1) = ... = μ(13) μ(2) = ... = μ(14) μ(3) = ... = μ(15) μ(4) = ... = μ(16) ... Im allgemeinen Fall werden weitere Tests mit immer weniger Gruppen durchgeführt Im Beispiel: H0 nicht abgelehnt H0 in zuvor nicht abgelehnter H0 enthalten H0 abgelehnt Im ersten Schritt wird die Nullhypothese H0:μ(1) = ... = μ(16) getestet und abgelehnt; wir wissen ja schon, dass die Mittelwerte unterschiedlich sind. Dann wird zunächst
- das Bundesland mit dem grössten Mittelwert entfernt und die Nullhypothese H0:μ(1) = ... = μ(15) getestet und
- das Bundesland mit dem kleinsten Mittelwert entfernt und die Nullhypothese H0:μ(2) = ... = μ(16) getestet.
In beiden Tests werden nur noch Gruppen mit 15 Bundesländer getestet. Wird die Nullhypothese bei einem der Tests abgelehnt (in der Tabelle rot), so wird aus der Gruppe einmal das Bundesland mit dem grössten Mittelwert und zum anderen das Bundesland mit dem kleinsten Mittelwert entfernt und erneut getestet. Damit wird ein Sequenz von zu testenden Nullhypothesen mit einer immer kleinere werdende Anzahl von Mittelwerten aufgebaut.
Das Verfahren wird abgebrochen, wenn
- entweder die Nullhypothesen bei einem der Tests nicht abgelehnt werden kann (in der Tabelle grün),
- die betrachetet Nullhypothese bereits Teil einer nicht-abgelehnten Nullhypothese ist (in der Tabelle gelb) oder
- nur noch ein Bundesland übrig ist.
Die "grünen" Untergruppen werden von SPSS ausgegeben.
Für das Beispiel ergeben sich zwei homogene Untergruppen mit jeweils 14 Bundesländern. D.h. hier konnte die Nullhypothese der Gleichheit der Mittelwerte nicht abgelehnt werden. Zur besseren Interpretation würde man nicht oder nur wenige überlappende homogene Untergruppen bevorzugen, dies ist jedoch hier mit 12 Bundesländern nicht der Fall und eine Interpretation dieses Ergebnisses entsprechend schwierig.
Literatur
- Bernd Rönz: Skript: Computergestützte Statistik I. Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Statistik, Berlin 2001.
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