Prinzenviertel

Prinzenviertel
Gedenkstein zur Gründung der Kolonie Karlshorst

Das Prinzenviertel ist ein Wohnviertel im Südwesten des Berliner Ortsteils Karlshorst. Seinen Namen erhielt es aufgrund der Vergabe von Straßennamen nach sechs Söhnen der kaiserlichen Familie.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1893 wurde unter der Leitung des Rechtsanwalts Otto von Hentig (1852–1934), des Grafen August von Dönhoff-Friedrichstein (1845–1920) und des Kommerzienrates Max Krause (1838–1913) die Bauvereinigung Eigenhaus gegründet. Sie wurde gebildet, um Bauland zu erwerben und Wohnbebauung zu günstigen Konditionen für Minderbemittelte zu ermöglichen. Sie erwarb ein 60 Hektar großes Gelände, das die südlichen Teile der Treskowschen Gemarkung Friedrichsfelde zu beiden Seiten der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn umfasste.

Gemeinsam mit der Bauvereinigung Eigenhaus wurde die Heimstätten-Actien-Gesellschaft gegründet, die das Terrain im Grundbuch auf den Baumeister und Friedrichsfelder Gemeindevertreter Oscar Gregorovius (1845–1913) eintrug und ihm die Geschäftsvollmachten für die Verhandlungen mit den Behörden und die Bebauungsplanung übertrug.

Gregorovius übernahm die Erschließung und Bebauung der neuen Siedlung Carlshorst westlich der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute: Lehndorffstraße) bis zur Grenze von Rummelsburg. Er entwarf eine Kolonie in einem einfachen rechtwinkligen Siedlungsgrundriss mit annähernd gleich großen Parzellen. Er sicherte durch Verträge die Gasversorgung durch das Gaswerk Oberspree und die Trinkwasserversorgung durch das Wasserwerk am Triftweg.

Am 28. Mai 1894 wurde der Grundstein für die ersten Carlshorster Häuser in der Kaiser-Wilhelm-Straße 1–3 (heute: Lehndorffstraße 2, 4 und 6) gelegt. Sie gingen aus einer Stiftung der kaiserlichen Familie hervor und wurden an bedürftige Familien, vor allem Eisenbahnbedienstete aus Friedrichsfelde, vergeben. 1943 wurden die Gebäude durch einen Luftangriff zerstört.

Am 25. Mai 1895 unterzeichnete der Landrat des Kreises Niederbarnim Wilhelm von Waldow (1856–1937) den Colonie-Consens der künftigen Villen- und Landhaussiedlung. Der Tag der Unterzeichnung gilt als Gründungstag der Kolonie Carlshorst (ab 1901 Karlshorst). Auf dem Rondell an der heutigen Wandlitz-/ Lehndorffstraße wurde 1913 ein Gedenkstein errichtet, der bei Kriegsende 1945 verschwunden war. Am 25. Mai 2005 wurde anlässlich des 110-jährigen Jubiläums von Karlshorst ein neuer Gedenkstein aufgestellt.

1895 wurde an der Einmündung der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute: Lehndorffstraße) in die Prinz-Heinrich-Straße (heute Wandlitzstraße) der Kaiserpavillon errichtet. Er wurde ab 1897 für Gottesdienste beider Konfessionen genutzt und deshalb auch als Kapelle bezeichnet. Das Gebäude wurde 1930 abgebrochen.

Zunächst beabsichtigten die Bauvereinigung Eigenhaus sowie die Villen- und Landhausbaugesellschaft Heimstätten AG ausschließlich eine Verbesserung der Wohnsituation von Arbeitern, Angestellten und unteren Beamten durch Errichten kleiner Siedlungshäuser.

Im Grundbuch war die ausschließliche Wohnnutzung der Kolonie festgelegt. Die Anlage von Fabriken oder geruchs- und geräuschverursachenden Betrieben war nicht zugelassen. Mit der zunehmenden Nachfrage nach Bauland Ende des 19. Jahrhunderts sowie der Attraktivität des Vorortes Karlshorst mit der günstigen Lage an der Trabrennbahn spekulierte man bald auf finanzkräftigere Bewohnerschichten. So ist ab der Wende zum 20. Jahrhundert mit der Errichtung repräsentativer Villen und Geschosswohnungsbauten ein Gesinnungswechsel in der Bebauung zu verzeichnen. Aber auch bei diesen Gebäuden wurden bestehende Gestaltungselemente wie niedriggeschossige offene Bauweise ohne Hinterhäuser und Seitenflügel aufgenommen.

Am 7. Oktober 1910 wurde auf dem Grundstück Auguste-Viktoria-Straße 35 (heute: Ehrlichstraße 63) die Friedrichsfelder Volksschule (IV. Volksschule) als siebenklassige Schule eröffnet. Ab 1921 hieß sie 30. Gemeindeschule, ab 1927 30. Volksschule, ab 1945 30. Grundschule, ab 1960 30. Oberschule, ab 1981 Oberschule M. W. Lomonossow (nach dem russischen Dichter Michail Wassiljewitsch Lomonossow) und 1991 bis 2002 23. Grundschule Am Seepark. Seit dem 8. Februar 2003 nutzt die nach den Prinzipien des Hans-Georg Mehlhorn arbeitende BIP Kreativitätsgrundschule das Gebäude.

1913 wurde zwischen Trautenauer Straße und der heutigen Liepnitzstraße der Seepark angelegt und dabei die zwischen der Wuhlheide und dem Kraftwerk Klingenberg fließende Rohrlake einbezogen. Nach 1945 wurden Trümmer auf dem Gelände abgeladen und die Anlage zu einer großen Rasenfläche eingeebnet. 1955 wurde der Seepark im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW) als Grünanlage neu gestaltet.[1] 1951 wurde das Prinzenviertel durch die neu eröffnete Linie 82 (heute: Linie 21) im Verlauf der Ehrlichstraße an das Straßenbahnnetz angeschlossen.

Zustandsbeschreibung

Das Prinzenviertel wird geprägt von vorwiegend gepflasterten und von Bäumen gesäumten Straßen und Wegen, vielfältig gestalteten Gebäuden und Gärten mit wiederkehrenden Gestaltungsmerkmalen. Sie dokumentieren anschaulich den Erhalt des nunmehr über 100 Jahre alten Gebietes im Villen- und Landhausstil.

Von den heute noch vorhandenen Gebäuden wurden über 63 Prozent zwischen 1894 und 1908, dem ersten großen Bauabschnitt der Siedlung, errichtet. Einige der Landhäuser und Villen stehen aufgrund ihrer Bedeutung und ihres ursprünglichen Zustandes unter Denkmalschutz.

Zuerst bebaute Straßen im Prinzenviertel und ihre Namen:

Straßenname Namensgeber Verwandtschaftsverhältnis Umbenennung
Kaiser-Wilhelm-Straße Wilhelm II. ab 1934 Lehndorffstraße
Auguste-Viktoria-Straße Auguste Viktoria Ehefrau Wilhelms II. ab 1951 Ehrlichstraße
Prinz-Heinrich-Straße Heinrich von Preußen Bruder Wilhelms II. ab 1951 Wandlitzstraße
Prinz-Friedrich-Wilhelm-Straße Wilhelm von Preußen 1. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Traberweg
Prinz-Eitel-Friedrich-Straße Eitel Friedrich von Preußen 2. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Üderseestraße
Prinz-Adalbert-Straße Adalbert von Preußen 3. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Liepnitzstraße
Prinz-August-Wilhelm-Straße August Wilhelm von Preußen 4. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Stechlinstraße
Prinz-Oskar-Straße Oskar von Preußen 5. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Müritzstraße
Prinz-Joachim-Straße Joachim von Preußen 6. Sohn Wilhelms II. ab 1951 Grimnitzstraße

Literatur

  • 100 Jahre Karlshorst. Geschichte einer Villen- und Landhaussiedlung. be.bra, Berlin 1995, ISBN 3-930863-02-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 2002, ISBN 3-00-009839-9, S. 118ff.
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