- August Wilhelm von Preußen (1887–1949)
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August Wilhelm Heinrich Günther Viktor von Preußen (auch Auwi genannt; * 29. Januar 1887 in Potsdam; † 25. März 1949 in Stuttgart) war der vierte Sohn des Deutschen Kaisers Wilhelm II. und ein hoher SA-Führer im Rang eines Obergruppenführers während der Zeit des Nationalsozialismus.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kaiserreich
Prinz August Wilhelm wurde als 4. Sohn des späteren Deutschen Kaisers Wilhelm II. und seiner Gemahlin Auguste Victoria im Potsdamer Stadtschloss geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er mit seinen Geschwistern im Potsdamer Neuen Palais, seine Schulzeit im Plöner Prinzenhaus. Er studierte an den Universitäten von Bonn, Berlin und Straßburg. 1907 promovierte er „auf äußerst dubiose Weise“[1] (die Dissertation schrieb größtenteils Friedrich Wolters) zum Doktor der Staatswissenschaften bei Gustav von Schmoller.
Am 22. Oktober 1908 heiratete Prinz August Wilhelm im Berliner Stadtschloss seine Cousine Prinzessin Alexandra Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Eigentlich sollte das Prinzenpaar Schloss Schönhausen (damals noch) bei Berlin beziehen, änderte seine Pläne aber, als sich August Wilhelms Vater dazu entschloss, seinem Sohn die im Park Sanssouci gelegene Villa Liegnitz zu überlassen. Am 26. Dezember 1912 wurde das einzige Kind des Paares, Prinz Alexander Ferdinand von Preußen († 12. Juni 1985), geboren. Das Potsdamer Haus des Prinzenpaares entwickelte sich zu einem Treffpunkt von Künstlern und Gelehrten.
Während des Ersten Weltkrieges wurde August Wilhelm Landrat des Landkreises Ruppin mit Amts- und Wohnsitz im Schloss Rheinsberg. Sein persönlicher Adjutant Hans Georg von Mackensen, mit dem er bereits seit seiner Jugend eng befreundet war, spielte eine große Rolle im Leben des Prinzen. Diese „ausgeprägten homosexuellen Neigungen“[2] trugen zum Scheitern der Ehe mit Prinzessin Alexandra Viktoria bei. Zu einer formalen Scheidung kam es jedoch wegen des Widerspruchs des Vaters, Kaiser Wilhelm II., zunächst nicht.
Weimarer Republik
Kurz nach Kriegsende trennten sich die Eheleute und ließen sich im März 1920 scheiden. Das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn wurde August Wilhelm zugesprochen. Nach seiner Scheidung und der Heirat des Freundes Hans Georg von Mackensen mit Winifred von Neurath, der Tochter Konstantin von Neuraths, lebte August Wilhelm wieder zurückgezogen in seiner Potsdamer Villa. Er nahm Zeichenunterricht bei Professor Arthur Kampf. Der Verkauf seiner Bilder sicherte ihm eine zusätzliche Einnahmequelle.
August Wilhelm trat dem deutsch-nationalen Frontkämpferbund „Stahlhelm“ bei. In den Folgejahren kam er zunehmend mit den Nationalsozialisten in Berührung. Schließlich erfolgte zum Unbehagen seiner Familie am 1. April 1930 der Eintritt in die NSDAP, wobei er „ehrenhalber“ die niedrige Mitgliedsnummer 24 erhielt.[3][4] Im November 1931 wurde August Wilhelm im Rang eines Standartenführers in die SA aufgenommen. Wegen seiner Anbiederung an den Nationalsozialismus und seiner Verehrung für Adolf Hitler war August Wilhelm häufig Zielscheibe des Spotts bei linken Druckmedien („Braunhemdchen Auwi“), unter Politikern („Hanswurst“, André François-Poncet), wie auch in nationalsozialistischen Kreisen selbst (Goebbels nannte ihn den „gutmütigen, aber etwas doofen Jungen“).[5]
Als Vertreter des einstigen preußischen Königs- und Deutschen Kaiserhauses wurde er von den Nationalsozialisten bewusst als Stimmenfänger bei den Wahlen – „als Zuschauermagnet, als Agitator und natürlich als Werbeträger in Sachen Seriosität“[6] – eingesetzt, z. B. als Spitzenkandidat der NSDAP für die preußischen Landtagswahlen im April 1932 oder als Wahlredner neben Hitler, den er bei seinen legendären Deutschlandflügen zur selben Zeit begleitete. Durch seine Auftritte auf Massenkundgebungen der Nationalsozialisten sprach er Bevölkerungsgruppen an, die dem Nationalsozialismus gegenüber eher zurückhaltend waren, und machte sie glauben, „daß Hitler eben keine Bedrohung, sondern ein Wohltäter für das deutsche Volk und Reich sei“.[7]
Nationalsozialismus
1933 wurde August Wilhelm preußischer Staatsrat und Mitglied des deutschen Reichstages. Doch nach der Etablierung der Diktatur waren die Nationalsozialisten nicht mehr auf einen Ex-Prinzen angewiesen, der selbst insgeheim hoffte, „daß Hitler ihn oder seinen Sohn Alexander eines Tages auf den vakanten Kaiserthron hieven würde“.[8] So wurde ihm im Frühjahr 1934 der direkte Zugang zu Hitler verweigert, im Sommer geriet er durch die Röhm-Affäre ins politische Abseits, was seine Hitlerverehrung jedoch nicht schmälerte. Am 1. Juli 1939 wurde er zum SA-Obergruppenführer, dem zweithöchsten Dienstgrad der SA, ernannt. Nach abfälligen Bemerkungen über Joseph Goebbels im privaten Kreis wurde er 1942 denunziert und daraufhin politisch völlig kaltgestellt und mit einem Redeverbot belegt.
Anfang Februar 1945 flüchtete August Wilhelm vor der herannahenden Roten Armee in Begleitung der ehemaligen Kronprinzessin Cecilie aus Potsdam nach Kronberg zu Margarete Landgräfin von Hessen, einer Schwester seines Vaters.
Nach 1945
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde August Wilhelm von Preußen am 8. Mai 1945 durch US-amerikanische Truppen verhaftet und auf dem Gelände der Flakkaserne Ludwigsburg inhaftiert. Wegen seiner aktiven Mitgliedschaft in NSDAP und SA wurde er zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt. „Auf die Frage im Spruchkammerverfahren von 1948, ob er wenigstens inzwischen den Nationalsozialismus ablehne, fragte er verständnislos: ‚Wie bitte?‘“[9] So wurde er durch die Spruchkammer des Internierungslagers Ludwigsburg in die Gruppe der Belasteten eingestuft und zu zweieinhalb Jahren Arbeitslager verurteilt. Durch die seit dem 8. Mai 1945 bestehende Haft in der Internierung wurde die Strafe aber als verbüßt angesehen.
Sofort nach August Wilhelms Haftentlassung waren aber neue Verfahren gegen ihn anhängig. So lag u. a. vom Amtsgericht Potsdam ein Haftbefehl gegen den Kaisersohn vor. Zur Vollstreckung des Haftbefehls und zur Einleitung der Verfahren kam es jedoch nicht mehr. August Wilhelm Prinz von Preußen erkrankte schwer und verstarb in einem Krankenhaus in Stuttgart. Er wurde in Langenburg auf dem Friedhof der Fürsten von Hohenlohe-Langenburg beigesetzt.
Literatur
- Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006 (Inhaltsverzeichnis).
- Fritz Carl Roegels: August Wilhelm von Preussen, SA-Mann und Hohenzollernprinz. Stollberg, Berlin 1933.
- Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1.
- Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934–1944. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6.
Weblinks
Commons: August Wilhelm von Preußen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über August Wilhelm von Preußen (1887–1949) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- August Wilhelm von Preußen bei preussen.de
- August Wilhelm von Preußen in der Fotokollektion von Schloss Doorn
- Der Sohn August Wilhelms - 'Alexander Ferdinand von Preußen' in der Fotokollektion von Schloss Doorn
- Tilman Krause: Braunhemdchen Auwi. Lothar Machtans interessant mißlungene, gleichwohl hochspannende Biographie des Nazi-Hohenzollern Prinz August Wilhelm. In: Welt Online, 24. Juni 2006.
- Volker Ullrich: Parteigenosse 24. Wie der Prinz und SA-Führer August Wilhelm von Preußen half, den deutschen Hochadel für den Nationalsozialismus zu begeistern. In: Die Zeit, 22. Juni 2006.
- Kurzbiographie im Munzingerarchiv
Einzelnachweise
- ↑ Peter Winzen: Rezension zu: Lothar Machtan, Der Kaisersohn bei Hitler, Hoffmann und Campe 2006. In: Historische Zeitschrift 283, 2006, S. 812-814, hier S. 813; Lothar Machtan: Einen Doktor für den Prinzen, in: Die Zeit, 22. Oktober 2009, Nr. 44.
- ↑ Peter Winzen: Rezension zu: Lothar Machtan, Der Kaisersohn bei Hitler, Hoffmann und Campe 2006. In: HZ 283, 2006, S. 813. Vgl. Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler. Hamburg 2006.
- ↑ Volker Ullrich: Parteigenosse 24. Wie der Prinz und SA-Führer August Wilhelm von Preußen half, den deutschen Hochadel für den Nationalsozialismus zu begeistern. In: Die Zeit, 22. Juni 2006.
- ↑ Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 472.
- ↑ Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler. Hamburg 2006, S. 363. Vgl. auch Tilman Krause: Braunhemdchen Auwi. Lothar Machtans interessant mißlungene, gleichwohl hochspannende Biographie des Nazi-Hohenzollern Prinz August Wilhelm. In: Welt Online, 24. Juni 2006.
- ↑ Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler. Hamburg 2006, S. 259.
- ↑ Lothar Machtan: Der Kaisersohn bei Hitler. Hamburg 2006, S. 259.
- ↑ Peter Winzen: Rezension zu: Lothar Machtan, Der Kaisersohn bei Hitler, Hoffmann und Campe 2006. In: HZ 283, 2006, S. 813.
- ↑ Tilman Krause: Braunhemdchen Auwi. Lothar Machtans interessant mißlungene, gleichwohl hochspannende Biographie des Nazi-Hohenzollern Prinz August Wilhelm. In: Welt Online, 24. Juni 2006.
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