Realkasseneffekt

Realkasseneffekt

Der Begriff Realkasseneffekt stammt aus der Volkswirtschaftslehre. Es handelt sich hierbei um einen Transmissionsmechanismus, welcher beschreibt, wie Wirtschaftssubjekte eine Veränderung ihrer realen Geldbestände als Veränderung ihres Vermögens wahrnehmen und darauf mit einer Variation ihrer Güternachfrage reagieren.

Inhaltsverzeichnis

Realkasseneffekt bei einem Anstieg der realen Geldmenge

Eine Erhöhung der Geldmenge führt zu einem Angebotsüberschuss auf dem Geldmarkt. Hierdurch wird die von Wirtschaftssubjekten gehaltene Transaktionskasse real betrachtet größer, als es für die geplanten Ausgaben notwendig wäre. Bemerken die Wirtschaftssubjekte den Anstieg ihrer realen Geldbestände, so werden sie ihre Güternachfrage ausdehnen. Eine Ausdehnung der Nachfrage nach einem Gut erhöht die Knappheit dieses Gutes. Der Preis des entsprechenden Gutes steigt an (siehe: Preisbildung). Um volkswirtschaftlich relevant zu sein, muss eine Vielzahl von Wirtschaftssubjekten die Erhöhung ihrer realen Geldbestände in den Konsum vieler teils unterschiedlicher Güter investieren. Ist dies der Fall, kann infolge des zu verzeichnenden Anstiegs der realen Geldmenge einer Volkswirtschaft auch das Preisniveau dieser Volkswirtschaft ansteigen. Ist der Anstieg von ausreichender Dauer und Signifikanz, kommt es zu Inflation. Der Wert des Geldes, gemessen im Austauschverhältnis zu Konsumgütern, sinkt und dementsprechend reduziert sich auch die reale Geldmenge. Dieser Prozess strebt einem Gleichgewicht zwischen realer Geldmenge und Preisniveau entgegen. Das Preisniveau wird somit so lange ansteigen, bis die reale Geldmenge wieder auf ihr Ausgangsniveau gesunken ist und damit die ursprüngliche Realkasse wieder hergestellt wurde.

Wirkungskette eines Realkasseneffekts bei Anstieg der realen Geldmenge:

reale Geldmenge steigt → Güternachfrage steigt → Preisniveau steigt → Inflation → reale Geldmenge sinkt

Realkasseneffekt bei einem Rückgang der realen Geldmenge

Ein Rückgang der realen Geldmenge senkt die Güternachfrage von Wirtschaftssubjekten. Dies sorgt wiederum für einen Rückgang der Güterpreise und kann in der volkswirtschaftlichen Aggregation, ein sinkendes Preisniveau hervorrufen. Bei ausreichender Dauer und Signifikanz des Preisniveaurückgangs kommt es zur Deflation. Die daraus resultierende Aufwertung des Geldes im Vergleich zu Konsumgütern lässt die realen Geldmenge wieder ansteigen. Auch hier findet ein Prozess des Ausgleichs zwischen Preisniveau und realer Geldmenge statt.

Wirkungskette eines Realkasseneffekts bei sinkender realer Geldmenge

reale Geldmenge sinkt → Güternachfrage sinkt → Preisniveau sinkt → Deflation → reale Geldmenge steigt

Anwendungen

Die sich durch den Realkasseneffekt ergebenden Veränderungen des Preisniveaus sind zentraler Bestandteil diverser wirtschaftswissenschaftlicher Modelle. Die Argumentation der folgenden Anwendungsbeispiele beruht unter anderem auf den vom Realkasseneffekt beschriebenen Preisniveauvariationen.

Pigou-Effekt

Der Pigou-Effekt beschreibt die Wirkung, die ein sinkendes Preisniveau auf die Konsumneigung von Wirtschaftssubjekten hat. Weil durch das rückläufige Preisniveau bei den Wirtschaftssubjekten das Gefühl entsteht, wohlhabender zu sein, erhöhen sich ihre Konsumausgaben und damit die in einer Volkswirtschaft nachgefragte Gütermenge. Der Pigou-Effekt gleicht in seiner Wirkungsweise dem generell zu beschreibenden Realkasseneffekt. Allerdings setzt Arthur C. Pigou in seinem Modell bei der Senkung des Preisniveaus anstatt der realen Geldmenge an.

Wirkungskette des Pigou-Effekts

Preisniveau sinkt → Deflation → reale Geldmenge steigt → Güternachfrage steigt

Keynes-Effekt

Der Keynes-Effekt (auch: Keynes-Zinssatzeffekt) ist ein indirekt wirkender Realkasseneffekt. Er beschreibt den Einfluss einer Preisniveauvariation auf den Marktzins im Zuge des Realkasseneffekts und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Güternachfrage.

Wirkungskette des Keynes-Effekts

Preisniveau sinkt → Sparneigung steigt → Marktzins sinkt → Investitionsnachfrage steigt

bzw.

Preisniveau steigt → Sparneigung sinkt → Marktzins steigt → Investitionsnachfrage sinkt

Kritik am Modell

Der Realkasseneffekt wird mitunter kritisch betrachtet, da mit jedem Geldvermögensbestand äquivalent ein Schuldenstand verbunden ist.[1] Dementsprechend erhöht der Realkasseneffekt nicht nur Vermögensstände, sondern auch Verbindlichkeiten, so, dass sich die negativen und positiven Auswirkungen auf den Konsum ausgleichen.[2]Dieses stellt die empirische Bedeutsamkeit des Realkasseneffektes in Frage.

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. Vgl. Klinger, Sabine (2005), Strom- und Bestandsgrößen in der Ökonomik, Hamburg: Verlag Dr. Kovač, Seite 99
  2. Vgl. ebd.

Literatur

  • Berlemann, Michael (2005),Makroökonomik, Berlin: Springer
  • Felderer, Bernhardt und Homburg, Stefan (2005), Makroökonomik und neue Makroökonomik, 9. Auflage, Berlin: Springer
  • Klinger, Sabine (2005), Strom- und Bestandsgrößen in der Ökonomik, Hamburg: Verlag Dr. Kovač
  • Mankiw, Nicholas Gregory (2001), Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage, Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag
  • Peschner, Jörg (1998), Makroökonomische Vermögenseffekte unter Berücksichtigung des Sachkapitals – eine theoretische und empirische Analyse, Berlin: Logos Verlag

Weblinks


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