Geldtheorie

Geldtheorie

Geldtheorie ist eine Disziplin der Volkswirtschaftslehre, in der Wesen und Funktionen, Wert sowie Wirkungen des Geldes untersucht werden. Teilgebiete der Geldtheorie sind unter anderem die Theorie der Geldnachfrage, die Theorie des Geldangebotes (siehe Geldschöpfung), die Erklärung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus, die Inflationstheorie, die Zinstheorie und die Theorie der Geldpolitik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Geldtheorie

Die Geschichte der Geldtheorie ist eng mit der Geschichte der Makroökonomie und der Geschichte des Geldes verzahnt. Die Entwicklung der Geldtheorie kann in folgende Phasen untergliedert werden: Vormoderne Geldtheorie, Klassische Geldtheorie, Keynesianische Geldtheorie, Neoklassische Synthese, Monetarismus, Neuklassische Geldtheorie und Neukeynesianische Geldtheorie.

Vormoderne Geldtheorie

Obwohl bei Platon keine ausgearbeitete Geldtheorie nachzuweisen ist, lassen seine geldpolitischen Richtlinien - z. B. seine Abneigung gegen den Gebrauch von Gold und Silber, oder seine Idee einer heimischen Währung, die im Ausland wertlos wäre - erkennen, dass er davon ausging, dass der Wert des Geldes von seiner stofflichen Substanz unabhängig sei. Aristoteles hingegen vertrat genau die entgegengesetzte Theorie.[1] Joseph A. Schumpeter spricht im ersten Fall von "Chartal-Theorie", im anderen Fall von Metallismus oder der "metallistischen Theorie" des Geldes.[2]

Im Mittelalter war das Geld zentrale Frage für die Finanzierung, insbesondere der militärisch bedingten, Ausgaben der Territorialherren, die oft durch Geldabwertung bzw. Münzverschlechterung bestritten wurde. Die von Thomas von Aquin bzw. Tholomeus von Lucca vertretene Meinung, das Geld sei Besitz des Herrschers und könne in seinem Wert frei von ihm festgesetzt werden, wandelte sich dahingehend, dass es vielmehr der Allgemeinheit gehöre und der Geldwert somit von den Ständen zu bestimmen sei. Diese Sichtweise wurde am akzentuiertesten von Nikolaus von Oresme in seinem um 1358 verfassten Tractatus de mutatione monetarum vorgebracht. Gabriel Biel übernahm Oresmes Argumente und passte sie den damals herrschenden Verhältnissen an, wobei er nicht ganz so rigoros auf der Geldwertstabilität beharrte wie Oresme.

Klassische Geldtheorie

Die Phase der klassischen Geldtheorie währte von etwa 1800 bis 1936. Das wesentliche Merkmal der klassischen Geldtheorie war die Annahme, dass der güterwirtschaftliche (reale) und der geldwirtschaftliche (monetäre) Sektor der Volkswirtschaft voneinander unabhängig waren (Klassische Dichotomie von realem und monetärem Sektor). Geld hatte nach Auffassung der Klassiker lediglich die Aufgabe, den Tausch von Gütern und Dienstleistungen zu vereinfachen (Tauschmittelfunktion des Geldes). Folglich bestand die Geldpolitik damals auch im Wesentlichen darin, Banknoten auszugeben und die Umtauschbarkeit der Banknoten in Gold (oder Silber) zu gewährleisten. Die klassische Quantitätstheorie war ein Resultat dieser Sichtweise. Sie besagt, dass sich eine Veränderung der umlaufenden Geldmenge direkt proportional auf das gesamtwirtschaftliche Preisniveau auswirkt, während das reale gesamtwirtschaftliche Einkommen (der um Preisveränderungen bereinigte Wert aller produzierten Güter und Dienstleistungen) vollkommen unabhängig von Höhe und Veränderung der umlaufenden Geldmenge ist.[3] Karl Marx leistete zur Geldtheorie durch seine Wertformanalyse in Das Kapital einen bis ins 20. Jahrhundert hinein vielrezipierten Beitrag.

Keynesianische Geldtheorie

Die Veröffentlichung der Allgemeinen Theorie von John Maynard Keynes stellt einen Meilenstein in der Geschichte der Geldtheorie dar.[4] Mit der Allgemeinen Theorie unternahm Keynes u.a. den Versuch, die in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre in bis dahin unvorstellbarem Ausmaß zu beobachtende Arbeitslosigkeit zu erklären. Während es in der Theorie der Klassiker keine (unfreiwillige) Arbeitslosigkeit gab, zeigte Keynes, dass es unter bestimmten Voraussetzungen auch in einer Marktwirtschaft zu gravierender und anhaltender Arbeitslosigkeit kommen kann. Er baute seine Argumentation auf einer simultanen Analyse realer (Einkommen und Beschäftigung) und monetärer (Geldmenge und Zinsen) Variablen auf und verließ damit den Rahmen der klassischen Dichotomie von realem und monetärem Sektor. Man sprach von einer wissenschaftlichen Revolution.

Die von Keynes vorgenommene Analyse war im Wesentlichen verbaler Natur. In der Folgezeit wurde sie formalisiert und erweitert. John Richard Hicks überführte die Keynessche Argumentation in ein mathematisches Mehrgleichungssystem, das unter der Bezeichnung IS-LM-Modell für einige Jahrzehnte die Makroökonomie stark beeinflusste.[5] Ein Bestandteil des IS-LM-Modells ist die Keynessche Geldnachfragetheorie (Liquiditätspräferenztheorie). Sie stellt insofern eine Erweiterung der klassischen Sichtweise dar, als nun auch eine zweite Funktion des Geldes, nämlich die Wertaufbewahrungsfunktion, berücksichtigt wurde. Die Formalisierung bildete die Grundlage für die keynesianisch orientierte Geld- und Fiskalpolitik der 1950er und 1960er Jahre. Es bestand die Vorstellung, dass der Staat durch eine Feinsteuerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage anhaltend positive Effekte auf die gesamtwirtschaftliche Produktion und die Beschäftigung erzielen könne. Diese Feinsteuerung hatte jedoch nicht die erhofften Wirkungen. Ein wesentliches Problem bestand darin, dass die Folgen für die Inflationsrate im Rahmen der keynesianischen Geldtheorie nicht hinreichend berücksichtigt wurden.

Die Keynesianische Revolution blieb nicht ohne Gegenrevolutionen. Die drei bedeutenden Gegenrevolutionen waren der Monetarismus, die Neuklassische Makroökonomik und die Real-Business-Cycle-Theorie.

Monetarismus

Der Monetarismus, zu dessen bedeutendsten Vertretern Karl Brunner, Milton Friedman und Allan Meltzer zählen, sieht in der Geldpolitik die Hauptursache für konjunkturelle Schwankungen. Sie argumentieren, dass eine lockere Geldpolitik, die zu einem Anstieg der Geldmenge führt, kurzfristig zwar Effekte auf Produktion und Beschäftigung haben kann, aber mittel- bis langfristig nur die Inflationsrate erhöhe. Um dies zu verhindern, solle die Zentralbank als Träger der Geldpolitik nicht versuchen, aktive Konjunktursteuerung zu betreiben, sondern die Geldmenge gleichmäßig mit der durchschnittlichen langfristigen Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts ausweiten (Geldmengen-Regel nach Friedman).[6]

Neuklassische Geldtheorie

Die Neuklassiker, deren bedeutendste Vertreter Robert E. Lucas, Thomas Sargent und Neil Wallace sind, erweiterten die geldtheoretische Analyse vor allem um das Konzept der Rationalen Erwartungen. Bei rationaler Erwartungsbildung fließen alle verfügbaren Informationen in die Erwartungsbildung ein. Dies hat zur Folge, dass systematische wirtschaftspolitische Maßnahmen vorhergesehen werden und keine Wirkungen auf die reale gesamtwirtschaftliche Entwicklung haben. Systematische Geldpolitik, die in vorhersehbarer Weise auf gesamtwirtschaftliche Schwankungen reagiert, hat im Modellrahmen der Neuklassiker keine realwirtschaftlichen Wirkungen (Politikineffektivität[7]), sondern beeinflusst lediglich die Inflationsrate. Realwirtschaftliche Effekte kann die Geldpolitik demnach nur durch überraschend ausdehnende (expansive) oder einschränkende (restriktive) Maßnahmen erzielen.

Auf Robert Lucas geht auch die Forderung nach einer einzelwirtschaftlichen Fundierung gesamtwirtschaftlicher ökonomischer Modelle zurück (Mikrofundierung der Makroökonomik). Die Zusammenhänge zwischen gesamtwirtschaftlichen Variablen ändern sich, wenn sich das wirtschaftspolitische Umfeld ändert, d.h. auch wenn sich die Geldpolitik ändert. Daher können in der Vergangenheit beobachtete Regelmäßigkeiten nicht ohne weiteres als Grundlage für die Simulation der Effekte geldpolitischer Maßnahmen dienen (Lucas-Kritik). Vielmehr seien die Effekte geldpolitischer (und anderer wirtschaftspolitischer) Maßnahmen aus Modellen abzuleiten, die das Verhalten der einzelnen Marktteilnehmer unter Berücksichtigung des jeweiligen Umfeldes abbilden. Solche Modelle bilden gleichsam das Labor des Makroökonomen; denn schließlich kann die Makroökonomik nur in seltenen Ausnahmefällen Experimente durchführen, um die Wirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen zu studieren.[8]

Die Neuklassiker haben die Geldtheorie vor allem in methodischer Hinsicht weiterentwickelt. Rationale Erwartungen und mikroökonomische Fundierung sind heute fester Bestandteil der Geldtheorie. Die inhaltlichen Aussagen über die Wirksamkeit der Geldpolitik ließen sich jedoch nicht aufrechterhalten, insbesondere weil die tatsächlichen Märkte nicht so flexibel und vollkommen sind, wie es in der Neuklassik unterstellt wurde.

Neukeynesianische Geldtheorie

Die Neukeynesianische Geldtheorie verbindet die methodischen Fortschritte der Neuklassik (und insbesondere auch der Real-Business-Cycle-Theorie) mit der Analyse der in der Realität zu beobachtenden Unvollkommenheiten auf diversen Märkten. Man spricht daher auch von einer Neuen Neoklassischen Synthese.[9] Für die Geldtheorie bedeutsame Marktunvollkommenheiten sind insbesondere langsame Preisanpassung (rigide Preise), unvollkommener Wettbewerb auf Gütermärkten und asymmetrische Information auf Finanzmärkten. Diese Unvollkommenheiten haben einen großen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung:[10]

  • Unvollkommenheiten führen im Allgemeinen dazu, dass das Marktergebnis nicht effizient ist. Dies bedeutet, dass es Raum für wohlfahrtssteigernde wirtschaftspolitische Maßnahmen gibt und dass die Geldpolitik nicht wirkungslos ist.
  • Unvollkommenheiten verändern die Effekte ökonomischer Schocks auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Preisrigidität führt zum Beispiel dazu, dass monetäre Schocks realwirtschaftliche Konsequenzen haben und die klassische Dichotomie von monetärem und realem Sektor nicht gegeben ist.
  • Unvollkommenheiten können eine Quelle zusätzlicher Schocks sein. Asymmetrische Information und die damit verbundenen Probleme wirken sich zum Beispiel auf das realwirtschaftliche Gleichgewicht aus.

Die Neukeynesianische Geldtheorie bildet in methodischer Hinsicht die Grundlage für die moderne kurz- bis mittelfristige geldtheoretische Analyse. Sie hat auch die praktische Geldpolitik vieler Zentralbanken nachhaltig beeinflusst. Insbesondere liefert sie eine Erklärung des geldpolitischen Transmissionsprozesses, d.h. der Übertragung geldpolitischer Maßnahmen auf die Gesamtwirtschaft.

Moderne Geldtheorie

Geld und Inflation

Definition von Geld

Als Geld bezeichnet man alles, was als Zahlungsmittel in einer Volkswirtschaft akzeptiert wird. Heutzutage dienen vor allem Banknoten und Münzen (Bargeld) und Guthaben auf Bankkonten (Buchgeld) als Zahlungsmittel. Banknoten und Münzen werden beim täglichen Einkauf insbesondere für kleinere Beträge verwendet. Guthaben auf Bankkonten können durch Überweisung, Lastschrift, Scheck oder mittels Kreditkarte übertragen werden; dies wird als bargeldloser Zahlungsverkehr bezeichnet. Ein wichtiges Merkmal des heutigen Geldes ist, dass es keinen realen Stoffwert besitzt. Die Akzeptanz von heutigem Bargeld und Bankguthaben im Geschäftsverkehr basiert sowohl auf dem Vertrauen darauf, dass das Geld auch in Zukunft als Zahlungsmittel akzeptiert werden wird, als auch auf staatlichem Zwang („gesetzliches Zahlungsmittel«).

Funktionen von Geld

Geld erfüllt drei Funktionen im Wirtschaftsalltag.[11] Erstens dient es als Tauschmittel. Ohne Geld wäre es viel schwieriger, Tauschgeschäfte abzuschließen. Ein Bäcker der Fleisch haben möchte, müsste einen Schlachter finden, der zum gleichen Zeitpunkt eine entsprechende Menge an Brot haben möchte, damit ein Tauschgeschäft zustande kommt.[12] Ein allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel bewirkt, dass schneller Tauschpartner gefunden werden und damit die Kosten für die Suche nach einem Tauschpartner reduziert werden. Außerdem sind die meisten Menschen über den Wert des täglich verwendeten Geldes besser informiert als über andere von Dritten angebotene Produkte, so dass es nicht notwendig ist, vor dem Tausch den Wert der Gegenleistung mühsam zu ermitteln.

Zweitens ist Geld ein Wertaufbewahrungsmittel. Für die Aufbewahrung des gesamten Vermögens stehen in modernen Volkswirtschaften zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, und zwar sowohl in physischer Form (wertvolle Güter, zum Beispiel Gold, oder reales Anlagevermögen, zum Beispiel Maschinen) als auch in finanzieller Form (Bargeld und Bankguthaben, Rentenpapiere, Aktien, Investmentzertifikate, Ansprüche gegenüber Versicherungen oder Ansprüche aus Pensionsrückstellungen usw.).

Drittens können die in Geldeinheiten ausgedrückte Werte verschiedener Güter und Dienstleistungen gut miteinander verglichen werden. Bei vier Gütern, von denen eines als Geld verwendet wird, gibt es genau drei Geldpreise. Ohne Geld als allgemeinem Wertmaßstab (Recheneinheit) gäbe es insgesamt 6 Preisverhältnisse (Preis von Gut 1 in Einheiten der Güter 2, 3 und 4; Preis von Gut 2 in Einheiten der Güter 3 und 4; Preis von Gut 3 in Einheiten von Gut 4). Ohne Geld ist die Situation also viel unübersichtlicher, so dass es schwieriger ist, ökonomische Entscheidungen zu fällen.

Eine vierte Funktion wird in der Literatur nicht beschrieben, ist aber immanent. Geld entsteht, indem Geschäftsbanken oder Nichtbanken Schulden machen. Für diese Schulden müssen sie Zinsen zahlen. Um dies zu können, müssen sie Geld nachfragen. Geld hat also eine Antriebsfunktion.

Die Funktionen des Geldes begründen die Nachfrage nach Geld. Die Nachfrage nach Geld als Tauschmittel hängt vor allem von der Höhe des beabsichtigten Tauschvolumens und der Höhe der Zinsen ab, auf die man verzichtet, wenn man statt zinsbringender Vermögenswerte Geld hält (bei hohen Zinsen ist es vorteilhaft, durchschnittlich weniger Geld und mehr zinsbringende Vermögenswerte zu halten und im Gegenzug dazu bei niedrigen Zinsen öfter Wertpapiere zu verkaufen, um Geld für den Erwerb von Gütern und Dienstleistungen zu erhalten). Die Nachfrage nach Geld als Wertaufbewahrungsmittel hängt vor allem von der Höhe des gesamten Vermögens, von der Höhe der Verzinsung alternativer Vermögenswerte und von dem Risiko ab, das der Besitz von Geld in Form von Geldentwertung im Vergleich zum Risiko anderer Vermögenswerte mit sich bringt. Wenn das offizielle Zahlungsmittel eines Landes die Geldfunktionen aufgrund schneller Geldentwertung (Inflation) nicht mehr erfüllt, wird es immer weniger nachgefragt und reale Güter oder ausländische Währung übernehmen die Geldfunktionen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Währungssubstitution.

Entstehung von Geld

Um die Entstehung modernen Geldes (Geldschöpfung) zu verstehen, müssen zwei Arten von Geld unterschieden werden, nämlich Zentralbankgeld und Buch- oder Giralgeld. Bargeld und Guthaben (Einlagen) von Geschäftsbanken bei der Zentralbank stellen Zentralbankgeld dar.

Zentralbankgeld erlangen die Banken, indem sie sich bei der Zentralbank refinanzieren. Sie erhalten beispielsweise einen Kredit gegen Hinterlegung von Wertpapieren gegen Zinsen. Das Geschäftsbankensystem als Ganzes kann die Zinsen an die Zentralbank nicht ohne weiteres bezahlen, da es Zentralbankgeld nicht schaffen kann und die ausgeliehenen Beträge nur zur Tilgung der Ursprungsschuld reichen. Erst dadurch, dass die Zentralbank Ausgaben zum Eigenbetrieb tätigt und ihren Gewinn ausschüttet, ist es den Geschäftsbanken möglich, Ihre Zentralbankschulden zu bezahlen.

Die Einlagen der Nichtbanken (private Haushalte, Unternehmen und Staat) bei den Geschäftsbanken sind Buchgeld. Dies entsteht, wenn eine Bank einem Kunden einen Kredit gibt und den Kreditbetrag auf dem Bankkonto des Kunden gutschreibt. Die Fähigkeit einer Geschäftsbank zur Kreditvergabe hängt unmittelbar von dem Bestand an Zentralbankgeld dieser Geschäftsbank ab. Verfügt der Kunde über den Kredit durch Überweisung oder Barabhebung, so kann die Geschäftsbank für diesen Betrag keine weiteren Kredite vergeben. Anders ist es, wenn der Kunde an einen Kunden der gleichen Bank überweist, dann kann die Bank weiterhin über das Zentralbankgeld verfügen und weiter Kredite vergeben. Begrenzt wird diese Geldschöpfung durch die bei der Zentralbank unentgeltlich vorzuhaltende Mindestreserve, die sich nach der Höhe der vergebenen Kredite bemisst, und den Bestand an Bargeld.

Betrachtet man das Geschäftsbankensystem als ganzes, kann es bei einer Mindestreserve von 10 % etwa das 10 fache der Zentralbankgeldmenge als Giralgeld entstehen lassen. Man spricht in diesem Fall von multipler Geldschöpfung.

Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflationsrate

Unter Inflation versteht man den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Durch den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus verliert das Geld an Wert. Die prozentuale Veränderungsrate des Preisniveaus heißt Inflationsrate. Es ist empirisch gut belegt, dass auf mittlere und lange Frist eine hohe positive Korrelation zwischen der Wachstumsrate der Geldmenge und der Inflationsrate besteht.[13] Sehr hohe Inflationsraten, so genannte Hyperinflationen, wurden immer durch eine starke Ausweitung der Geldmenge hervorgerufen. Bei vergleichsweise niedrigen Inflationsraten (unter 10 Prozent pro Jahr) ist hingegen umstritten, inwieweit die mit der Inflation einhergehende Geldmengenausweitung Ursache oder Folge der Inflation ist.

Einzelnachweise

  1. Joseph A. Schumpeter, (Elizabeth B. Schumpeter, Hg.): Geschichte der ökonomischen Analyse. Erster Teilband. Vandenhoeck Ruprecht Göttingen 1965. S. 95f
  2. Joseph A. Schumpeter, (Elizabeth B. Schumpeter, Hg.): Geschichte der ökonomischen Analyse. Erster Teilband. Vandenhoeck Ruprecht Göttingen 1965. S. 104
  3. Die klassische Quantitätstheorie wurde zunächst von David Hume (1711-1776) beschrieben. Später wurde sie in John Stewart Mill: Principles of political economy. J.W. Parker, London 1848, und in Irving Fisher: The purchasing power of money, Macmillan, New York 1911, dargestellt. Zur Geschichte und kritischen Bewertung der Quantitätstheorie siehe David Laidler: The quantity theory is always and everywhere controversial: Why?, in: Economic Record 77, 1991, S. 199-225.
  4. John Maynard Keynes: The general theory of employment, interest and money. Macmillan, London 1936. (Deutsche Übersetzung: Jürgen Kromphardt und Stephanie Schneider (Hrsg.): Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. 10. Auflage, Duncker & Humblot, Berlin, 2006, ISBN 978-3428120963.)
  5. John R. Hicks: Mr. Keynes and the classics: A suggested interpretation. In: Econometrica 5, 1937, S. 147-159.
  6. Karl Brunner: The role of money and monetary policy. In: Federal Reserve Bank of St. Louis Review July, 1968, 9-24.
  7. Thomas Sargent and Neil Wallace: Rational expectations, the optimal monetary instrument, and the optimal money supply rule. In: Journal of Political Economy 83, 1975, 241-254.
  8. Robert E. Lucas: Methods and problems in business cycle theory. In: Journal of Money, Credit, and Banking 12(4), 1980, 696-715.
  9. Marvin Goodfriend: Monetary policy in the New Neoclassical Synthesis: A primer. In: Federal Reserve Bank of Richmond Economic Quarterly 90(3), 2004, 21-45.
  10. Olivier Blanchard: What do we know about macroeconmics that Fisher and Wicksell did not? In: Quarterly Journal of Economics 115, 2000, 1375-1409.
  11. Carl Menger: On the origin of money. In: Economic Journal 2, 1892, 239-255.
  12. Dieses Beispiel geht auf Adam Smith zurück. Adam Smith: An inquiry into the nature and the causes of the wealth of nations, 1776 (dt. Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, herausgegeben von Erich W. Streissler, Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 978-3-8252-2655-8, S. 105.
  13. George T. McCandless und Warren E. Weber: Some monetary facts. In: Federal Reserve Bank of Minneapolis Quarterly Review 19(3), 1995, 2-11.

Literatur

Einführende Lehrbücher

  • Dieter Gerdesmeier: Geldtheorie und Geldpolitik. Eine praxisorientierte Einführung. Bankakademie Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 393751905X.
  • Horst Gischer, Bernard Herz und Lukas Menkhoff: Geld, Kredit, Banken. Eine Einführung, 2. Auflage, Springer, Berlin 2005, ISBN 3540241698.
  • Oliver Holtemöller: Geldtheorie und Geldpolitik. Mohr Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-148525-1.
  • Otmar Issing: Einführung in die Geldtheorie. Vahlen, München 2003, ISBN 3-8006-2993-3.
  • Hans-Joachim Jarchow: Theorie und Politik des Geldes. UTB Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 978-3825224530.
  • Mervyn K. Lewis and Paul D. Mizen: Monetary economics. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-829062-4.
  • Karl-Heinz Moritz: Geldtheorie und Geldpolitik. Vahlen, München 2001, ISBN 978-3-8006-2706-6.

Lehrbücher für Fortgeschrittene

  • Jordi Galí: Monetary policy, inflation, and the business cycle. An introduction to the New Keynesian Framework. Princeton University Press, Princeton 2008, ISBN 978-0-691-13316-4.
  • Carl E. Walsh: Monetary theoriy and policy. 2nd edition, MIT Press, Cambridge and London 2003, ISBN 0-262-23231-6.
  • Michael Woodford: Interest and prices: Foundations of a theory of monetary policy. Princeton University Press, Princeton and Oxford 2003, ISBN 0-691-01049-8.

Sammelwerke

Sonstige Literatur

  • Niklas Luhmann: Geld als Kommunikationsmedium, Kapitel 7 (S.230-271) in Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 3518287524.
  • Hanno Pahl: Das Geld in der modernen Wirtschaft: Marx und Luhmann im Vergleich, 2008, ISBN 3593386070

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Geldtheorie — Geldtheorie,   Geld. * * * Gẹld|the|o|rie, die <o. Pl.>: ↑Theorie (1 a), die die Rolle des Geldes im gesamtwirtschaftlichen Prozess definiert, das Funktionieren einer Geldwirtschaft erklärt u. die Grundlagen für die Geldpolitik liefert …   Universal-Lexikon

  • Geldtheorie — monetäre Theorie. 1. Charakterisierung: Die G. umfasst die Beziehungen zwischen den geldwirtschaftlichen Größen untereinander und jene zwischen Geld und Güterwirtschaft unter Berücksichtigung internationaler Verflechtungen: Sie erklärt, welche… …   Lexikon der Economics

  • postkeynesianische Geldtheorie — Weiterentwicklung der keynesianischen ⇡ Geldtheorie sowohl zur Transmission monetärer Impulse, als auch zum Kausalzusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Aktivität und der in einer Volkswirtschaft umlaufenden Geldmenge. Den Ausgangspunkt der… …   Lexikon der Economics

  • Kaufgeld (Geldtheorie) — Kaufgeld ist ein von Rudolf Steiner verwendeter Begriff des Begriffs Trios Kaufgeld, Leihgeld, Schenkgeld, der von ihm und seinen Schülern im Kontext der Idee der Dreigliederung des sozialen Organismus Verwendung fand und findet. Solange Geld,… …   Deutsch Wikipedia

  • geldpolitische Übertragungswege — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

  • monetaristische Geldnachfragetheorie — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

  • monetäre Theorie — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

  • monetärer Transmissionsprozess — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

  • Geldangebotstheorie — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

  • Geldnachfragetheorie — ⇡ Geldtheorie …   Lexikon der Economics

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”