Recht Singapurs

Recht Singapurs

Das Recht Singapurs bezeichnet die Gesamtheit gerichtlich durchsetzbarer gesellschaftlicher Normen in Singapur.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgeschichte

Nachdem im Jahre 1819 der Sultan von Johore mit Stamford Raffles einen Freundschafts- und Beistandsvertrag geschlossen hatte, kam es durch die 2nd Charter of Justice 1826 zur Errichtung der Court of Judicature of Prince of Wales Island, Singapore and Malacca. Auf dem Gebiet des heutigen Singapur bestand damit erstmals ein Gerichtssystem nach westlichem Verständnis. In den im gleichen gegründeten Straits Settlements fasste die britische Krone ihre Kolonien in Südostasien zusammen und unterstellte sie indischer Präsidentschaft. Als 1867 die Straits Settlements von Indien losgelöst wurden, trat an die Stelle des Court of Judicature of Prince of Wales Island, Singapore and Malacca der Supreme Court of the Straits Settlements. Hiermit begann die Verselbständigung des Rechtssystems. Der Supreme Court war erstinstanzliches Gericht und nur dem Privy Council in London unterstellt; erst sechs Jahre später entstand mit dem Court of Appeal ein eigenes Appellationsgericht.[1]

Nach dem zweiten Weltkrieg und der Besetzung Singapurs durch die Japaner wurden die Straits Settlements aufgelöst und eine eigenständige Kolonie. 1965 folgte die Unabhängigkeit von Malaysia. Das Recht Singapurs besteht in seinem Kern größtenteils aus rezipiertem englischen Recht. Erst 1993 endete mit dem Application of English Law Act die strikte Anlehnung an das englische Recht, 1994 schaffte man den Privy Council als letztinstanzliches Gericht ab. Dessen ungeachtet gehört Singapur zum common law-Rechtskreis; die Verbindungen zum englischen Recht bleiben stark.[1]

Rechtsquellen

In Singapur sind drei Arten von Rechtsquellen zu beachten, die einander in hierarchischem Verhältnis stehen: An erster Stelle steht die Verfassung Singapurs, ihm nachgeordnet ist das gesamte statute law. Gesetze der singapurischen Legislative gehen dabei allen anderen, besonders englischen, Gesetzen vor. Durch das Application of English Law Act 1993 sind nunmehr abschließend alle Gesetze des englischen Parlaments aufgezählt, die auch in Singapur zu beachten sind; diese sind:

  • Mercantile Law Amendment Act 1856
  • Policies of Assurance Act 1867
  • Factors Act 1889
  • Partnership Act 1890
  • Marine Insurance Act 1906
  • Third Party (Rights against Insurers) Act 1930
  • Corporate Bodies’ Contracts Act 1960
  • Misrepresentation Act 1967
  • Unfair Contracts Terms Act 1977
  • Sale of Goods Act 1979
  • Supply of Goods and Services Act 1982
  • Minors’ Contracts Act 1987
  • Carriage of Goods by Sea Act 1992

In Ermangelung von statute law kommt common law zur Anwendung.

Für die doctrine of stare decisis gilt in Singapur Folgendes: Wie in England gilt auch in Singapur die bindende Wirkung nur bezüglich der ratio decidendi. Der Court of Appeal war bis 1994 an seine eigenen Präjudizien gebunden. Mit der Abschaffung der Appellation zum Privy Council wurde der Court of Appeal zugleich höchstes Gericht und erklärte, fortan nicht mehr an seine eigenen precedents gebunden zu sein:

“It is proper that the Court of Appeal should not hold itself bound by any previous decisions of its own or of the Privy Council, which by the rules of precedent prevailing prior to 8 April 1994 were binding on it, in any case where adherence to such prior decisions would cause injustice in a particular case or constrain the development of the law in conformity with the circumstances of Singapore.
Therefore, whilst this court will continue to such prior decisions as normally binding, this court will, whenever it appears right to do so, depart from such prior decisions. Bearing in mind the danger of retrospectivity disturbing contractual, proprietary and other legal rights, this power will be exercised sparingly.
This statement is not intended to affect the use of precedent in the High Court or in any subordinate courts. ”

Practice Statement on Judicial Precedent (1994) 2 SLR 689

Familienrecht

Hauptartikel: Familienrecht (Singapur)

Strafrecht

Hauptartikel: Strafrecht (Singapur)

Copyright law

Hauptartikel: Copyright law (Singapur)

Literatur

Einführung

  • Michael Hwang: Länderbericht Singapore. In: Anthony Colman (Hrsg.): Encyclopedia of International Commercial Litigation. Graham & Trotman, London 2004.
  • Ahmad Ibrahim: Länderbericht Singapore. In: International Encyclopedia of Comparative Law.
  • Hans-Wilhelm Jenckel: Das Rechtssystem der Republik Singapur. Eine Studie zur Rezpetion des englischen Rechts im Commonwealth. Lang, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-8204-9424-3.
  • Rolf A. Schütze und René-Alexander Hirth: Einführung in das Recht Singapurs. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3406557309.

Rechtsgeschichte

  • Ahmad Ibrahim: Towards a History of Law in Malaysia and Singapore. Dewan Bahasa dan Pustaka, Kuala Lumpur 1992, ISBN 978-9836230539.
  • Beate Müller: Die Entwicklung des Privatrechts in Singapur. Lit, Münster 1999, ISBN 3-8258-4140-5.

Einzelnachweise

  1. a b Rolf A. Schütze und René-Alexander Hirth: Einführung in das Recht Singapurs. C.H. Beck, München 2007, S. 1–3.

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