Reiter-SS

Reiter-SS

SS-Reiterstandarten (amtliche Abkürzung SS-RSt.), auch Reiterstandarten der Allgemeinen SS, umfassten alle berittenen Einheiten der Allgemeinen SS der NSDAP. Der Terminus "SS-Reiterstandarten" wurde im Sommer 1934 eingeführt. Zuvor wurden diese berittenen Einheiten als Reiter-SS bezeichnet.

Die Reiter-SS war zum einen der Inspektion der SS-Reiterei und zum anderen der Inspektion der SS-Reitschulen unter Christian Weber unterstellt. Beides waren Dienststellen im SS-Hauptamt. Die Reiter-SS war seit März 1936 offiziell dem NS-Reiterkorps unterstellt, de facto war sie jedoch dessen Einfluss entzogen. Die Mitglieder der Reiter-SS trugen bis Kriegsende (1945) die schwarze SS-Uniform, da sie der Allgemeinen SS angehörten. Ursprünglich trugen sie auf der rechten Kragenpatte ein "R". Mit der Schaffung des NSRK wurde der Buchstabe durch das Emblem des NSRK ersetzt, das aus zwei überkreuzte Lanzen bestand. Dieses wurde in den unteren und mittleren Führerdienstgraden auf dem rechten Kragenspiegel und bei den oberen Führerdienstgraden auf einer Ärmelraute am linken Unterarm getragen.

Diese SS-Teilorganisation wurde 1946, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, als einzige aktive SS-Organisation als nicht verbrecherisch eingestuft.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgeschichte

Die Geschichte der Reiter-SS beginnt im Februar 1931, als in München eine berittene SS-Abteilung aufgestellt wurde. Diese "berittene SS-Abteilung" wurde aus fünfundzwanzig Mitgliedern des ehemaligen Bund Oberland gebildet und erhielt ihre Pferde über den Reitstallbesitzer Hans Fegelein. Auf dessen Reiterhof wurden die ersten regelmäßigen Übungen abgehalten.[1][2] Für Hans Fegelein dürfte für diesen Schritt ausschlaggebend gewesen sein, dass sich sein ältester Sohn Hermann als SS-Anwärter zu dieser neuen berittenen Einheit gemeldet hatte. Hermann Fegelein wird im Allgemeinen als treibende Kraft und als Gründer der späteren Reiter-SS angesehen. Ihm stand sein jüngerer Bruder Waldemar zur Seite. Dieser meldete sich später ebenfalls zur Reiter-SS.

Der Weg der Reiterstürme zur Reiter-SS und organisatorische Zuordnung

Die "berittene SS-Abteilung München" wurde bis zum Jahr 1932 zu einem SS-Reitersturm ausgebaut und gilt als Basis der Reiter-SS. Als Sondereinheit der Allgemeinen SS wurden die verschiedenen Reiterstürme der im betreffenden SS-Abschnitt angesiedelten SS-Fußstandarten zugeordnet und nach ihnen benannt (z. B. Reitersturm der SS I/10 Zweibrücken/Reinpfalz).

Größere Bedeutung und einen Mitgliederanstieg erfuhr die Reiter-SS in den Jahren 1933 und 1934. In dieser Zeitspanne wurden zahlreiche Pferdezucht- und Reitervereinigungen in die SS eingegliedert. Um zu verhindern, dass sich deren Mitgliedern den 1930 aufgestellten berittenen berittenen SA-Einheiten anschlossen, hatte Heinrich Himmler ihnen eine pauschale Übernahme in die SS zusichern müssen. Auch wurden die neuen Mitglieder ihrer politischen Überzeugung wegen nicht überprüft. So waren ab diesem Zeitpunkt an in der Reiter-SS vor allem deutsch-national gesinnte Elemente zusammengeschlossen. Eine Tatsache, die auch immer wieder von "altgedienten" SS-Führern bemängelt wurde.[3] So gehörten vor allem der deutsche Hoch und Erbadel sowie das gehobene Bürgertum der Reiter-SS an. Bekanntes Mitglied der Reiter-SS war Prinz Bernhard zur Lippe-Biesterfeld, der spätere Gemahl der niederländischen Königin und Vater der aktuellen Königin Beatrix.

Gliederung der Reiter-SS und ihr Einsatz im Zweiten Weltkrieg

Berittene SS-Einheit, Russland 1941

Die Reiter-SS wurde von einem Oberabschnittsleiter der Allgemeinen SS kontrolliert. Jede Reiterstandarte der SS wies mindestens fünf Stürme auf und beinhaltete in der Regel auch eine Sanitätsstaffel sowie ein Trompeterkorps. Die SS-Oberabschnitte waren das oberste Führungsorgan der Reiter-SS. Gehörten mehrere Reiterstandarten einem SS-Oberabschnitt an, wurde aus diesen ein SS-Reiterabschnitt gebildet. Doch letztendlich war die Reiter-SS nicht in jedem Oberabschnitt der Allgemeinen SS vertreten. Wie alle NS-Kampfverbände war auch die Reiter-SS in Standarten organisiert. Diese bestanden aus drei aktiven Sturmbannen (I–III) und einer Reserveeinheit, dem IV. Sturmbann.

Bis zum 9. November 1944 umfasste die Allgemeine SS insgesamt 22 Reiterstandarten, doch bestanden die meisten nach 1940 aufgestellten Einheiten nur auf dem Papier und erreichten meist nicht die von Himmler vorgeschriebene Sollstärke.[4]

Nach dem 1. September 1939 ging der einstige Einfluss der Reiter-SS in Himmlers "schwarzen Orden" zurück. Die Angehörigen der Reiter-SS traten überwiegend ihren Wehrdienst in der Wehrmacht an und wurden dort in den jeweiligen Kavallerieeinheiten eingesetzt. Nur ein sehr kleiner Teil der Reiter-SS kam zur Waffen-SS, wo sie ebenfalls berittene Einheiten bildeten.

Tabelle mit den Standarten der Reiter-SS (Sachstand: 9. November 1944)
SS-Reiterstandarte Oberabschnitt Sitz SS-Reiterstandarte Oberabschnitt Sitz
1 "Nordost" Insterburg 13 "Rhein-Westmark" Frankfurt (Main)
2 "Weichsel" Danzig 14 "Südwest" Stuttgart
3 "Nordost" Treuburg 15 "Süd" München
4 "Nordsee" Hamburg 16 "Elbe" Dresden
5 "Ostsee" Stettin 17 "Main" Regensburg
6 "West" Düsseldorf 18 "Donau" Wien
7 "Spree" Berlin 19 "Weichsel" (ohne Nennung)
8 "West" Pelkum 20 "Nordost" Tilsit
9 "Nordsee" Bremen 21 "Mitte" Hannover
10 "Fulda-Werra" Arolsen 22 "Warthe" Posen
11 "Südost" Breslau "Totenkopf" "Süd" München
12 "Ostsee" Schwerin

Reiter-SS und die Totenkopfverbände

Während die Reiterabschnitte der Reiter-SS einem Oberabschnittsleiter unterstellt waren, bildete der SS-Reiterabschnitt V eine Besonderheit. Dieser wurde de jure am 1. April 1935 aufgestellt, nahm aber de facto erst am 31. Oktober 1936 seinen Betrieb auf. Abschnittsleiter war der damalige SS-Hauptsturmführer Hermann Fegelein, der seinen Abschnitt innerhalb der Allgemeinen SS autonom führte. Die organisatorische Zuordnung des Reiterabschnitt V zum SS-Oberabschnitt "Süd" war nur formal. Seine besondere Rolle innerhalb der Reiter-SS erhielt der Reiterabschnitt dadurch, dass sich in seinem damaligen Bereich nicht nur die Reiterstandarten 15 und 17 befanden, sondern auch das Konzentrationslager Dachau lag. So übernahm die Reiterstandarte 15 unter dem Kommando von Hermann Fegelein die Außenbewachung dieses Konzentrationslagers.[5] Ihre Angehörigen trugen zu diesem Zweck die Uniformen der SS-Wachverbände, ohne ihnen rechtlich anzugehören. Der Führer der SS-Totenkopfverbände, Theodor Eicke, hatte verfügt, dass die Angehörigen der Totenkopf- und der Wachverbände sowie der ihnen von der Allgemeinen SS abgeordneten Reiterstandarten in der Öffentlichkeit, dem Straßen- sowie im KZ-Außendienst einheitliche Uniformen zu tragen hätten.

Noch im Jahr 1939 wurden aus Teilen der Reiterstandarten 15 und 17 die SS-Reiterstandarte "Totenkopf" gebildet. Diese wurde offiziell in die SS-Totenkopfverbände eingegliedert und wurden 1940 in die neuen SS-Kavallerie-Regimenter 1 und 2 aufgeteilt. Die neuen Regimenter waren dem "Kommandostab RFSS" unmittelbar unterstellt und Teil der Waffen-SS. Später wurden sie in der SS-Kavallerie-Brigade zusammengefasst, die dann zur 8. SS-Kavallerie-Division „Florian Geyer“ erweitert wurde. Näheres siehe dort.

Status der Reiter-SS nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden alle NS-Kampforganisationen aufgrund zahlreich begangener Verbrechen international angeklagt. So wurden auch Angehörige aufgrund der Zugehörigkeit der Reiter-SS zur Gesamt-SS vor Gericht gestellt. Doch aufgrund der Einflussnahme Großbritanniens wurde die Reiter-SS 1946 von einer Verurteilung zur verbrecherischen Organisation ausgenommen. Sie galt nun als offiziell als "elitärer Reiterverein" innerhalb der SS und wurde offiziell aus diesem Grund nicht verurteilt, obgleich ihre Angehörigen innerhalb der Waffen-SS in zahlreichen Kriegsverbrechen verstrickt waren. Als weitere SS-Organisation wurde der Lebensborn von einer Verurteilung ausgenommen.[6]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Matthias Rötsch: Die Münchner NSDAP 1925—1933, abgerufen am 5. November 2011
  2. Im Jahr 1937 wurde das Reitergut der Fegeleins bei München zur SS-Hauptreitschule ernannt und diese der "besonderen Verwendung" Himmlers unterstellt.
  3. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS. Weltbild, 1992, S. 129f.
  4. SS-Dienstaltersliste, 9. November 1944
  5. Bundesarchiv: Pferde im Einsatz, abgerufen am 5. November 2011
  6. Heiner Wember, Umerziehung im Lager. Internierung und Bestrafung von Nationalsozialisten in der britischen Besatzungszone Deutschlands, Essen 1991, ISBN 3-88474-152-7 (Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens; Bd.30), S. 152

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