Renn, wenn Du kannst

Renn, wenn Du kannst
Filmdaten
Deutscher Titel Renn, wenn Du kannst
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2010
Länge 116 Minuten
Stab
Regie Dietrich Brüggemann
Drehbuch Dietrich Brüggemann
Anna Brüggemann
Produktion Stefan Schubert
Ralph Schwingel
Sabine Holtgreve
Musik Milena Fessmann
Schnitt Vincent Assmann
Besetzung

Renn, wenn Du kannst ist eine deutsche Tragikomödie von Dietrich Brüggemann. Der Film startete in Deutschland bei der Berlinale 2010 in der neunten Ausgabe der Perspektive deutsches Kino.[1] Der deutsche Kinostart war am 29. Juli 2010.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Ben ist Student der Komparatistik und Tetraplegiker. Er lebt, betreut von Zivildienstleistenden und hin und wieder auch von seiner alleinerziehenden Mutter, in einer Duisburger Hochhauswohnung, von deren Balkon aus er mit dem Fernrohr Annika beobachtet, die auf dem Weg in die Musikhochschule mit dem Fahrrad vorbeikommt und dabei regelmäßig bei Rotlicht eine Kreuzung überquert. Als sie dabei fast mit Bens neuem Zivildienstleistenden Christian kollidiert, beginnt sich eine Dreiecksgeschichte zu entwickeln. Christian sucht Annika ohne das Wissen Bens in der Hochschule auf und vernachlässigt dabei seine Pflichten als Zivildienstleistender, Annika hingegen interessiert sich auch für Ben und ist entsetzt über dessen pessimistische Lebenseinstellung, kommt jedoch einerseits mit seiner körperlichen und seelischen Situation nicht immer zurecht und leidet andererseits selber unter ihrem möglicherweise verfehlten Ausbildungsweg: Sie hat sich für ein Cellostudium entschieden, verpatzt aber jeden Auftritt durch ihre Blockaden.

Erst in einer Notlage, als ihre WG-Genossin und Mitstudentin während eines Konzertes feststellt, dass sie wegen einer Handverletzung ihr Solo nicht spielen kann, gelingt es Annika, für diese einzuspringen und ihre Hemmungen zu überwinden. Den Schnitt in der Hand hat die Freundin sich an den Splittern einer Fensterscheibe zugezogen, durch die die tollpatschige Annika eine Büste fallen lassen hat - die ständigen Stürze dieser Büste sind ein Running Gag im ersten Teil des Films. Die Büste - ob sie nun Bach, Beethoven, Mozart, Schopenhauer oder Goethe darstellen soll, wird bis zum Schluss nicht geklärt - ist direkt auf Bens Auto gelandet, zusammen mit weiteren Scherben, von denen eine in Bens Oberschenkel steckengeblieben ist.

Dies gibt dem angehenden Medizinstudenten Christian die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen, denn da Ben sich strikt weigert, einen Arzt aufzusuchen, muss der Zivildienstleistende die Wunde vernähen. Dabei stellt sich heraus, dass Christian ebenfalls mit seinem Berufswunsch auf dem falschen Weg zu sein scheint, da er den Anblick von Blut nicht ertragen kann. Während Annika nach ihrem Erfolgserlebnis beim Konzert beschließt, in Moskau bei einer antiautoritären Professorin weiterzustudieren und so doch noch Cellistin werden zu können, beginnt Christian sich durch gezielten Konsum von Horror- und Kriegsfilmen abzuhärten.

Während Annika und Christian durch Scherben und Blut auf den „richtigen Weg“ gebracht werden, spielt für Ben das Motiv des Wassers eine große Rolle. Es erscheint zunächst in einer Nebenepisode um einen Goldfisch, der aus einem zertrümmerten Glasbehältnis in einen augeschnittenen Tetra Pak umgesiedelt wird, dort später einen Partner und schließlich sogar Junge bekommt, taucht dann in Form von Filmen, die Ben konsumiert, wieder auf - darunter insbesondere ein von Kindern hergestellter einminütiger Trickfilm über ein verliebtes Paar, das aus den Gefahren der Tiefe gerettet wird, - und nimmt schließlich dramatische Formen an, als Ben sich in Selbstmordabsicht auf das Eis eines zugefrorenen Sees begibt und dort einbricht. Während die Rettungskräfte ihn zu reanimieren versuchen, steht er in einer Traumsequenz vor dem Himmelstor, wird aber nicht eingelassen, sondern erhält den Auftrag, erst noch etwas aus seinem Leben zu machen - wohingegen seine ehemalige Freundin das Tor durchschreiten darf. Annikas wiederholte Fragen nach dem Ursprung seiner Behinderung sind damit endlich beantwortet: Bei einem Autounfall vor sieben Jahren ist Bens Wagen in diesem See gelandet. Während Ben selbst vorher aus dem Fahrzeug geschleudert wurde, ist seine Freundin im Auto ertrunken.

Die eher klamaukartige Himmelstorszene soll offenbar Bens Trauma aufgelöst haben. Am Ende des Films erfährt man, dass er statt seiner eigenen Magisterarbeit, die er nach mehrfachen Fristverlängerungen doch noch fertiggestellt hatte, die dann aber aus dem Fenster geweht und zerstört wurde, eine aus dem Internet heruntergeladene fremde Arbeit eingereicht und dafür eine gute Note erhalten hat, und dass er vorhat, im Motorradbeiwagen seiner neuen Betreuerin Lisa eine Tour durch die Vereinigten Staaten zu unternehmen. Finanzieren will er sie durch gerichtliche Klagen, die er bei Verstößen gegen die Barrierefreiheit zu erheben gedenkt.

Kritiken

  • Ekkehard Knörer bescheinigte Dietrich Brüggemann die Fähigkeit, zu verhindern, dass der Film berechenbar wird, hatte jedoch auch handfeste Einwände: „Leider hat er gelegentlich einen Einfall zu viel und schnappt gegen Ende dann über [...] Der Film weiß mit seiner Geschichte nicht weiter, rettet sich ins Überambitionierte, nur um in letzter Minute [...] noch einen formal etwas übermütigen Schlenker zu wagen.“ Das Werk ist laut Knörer „ein Film, der mehr will, als er kann. Am Ton, am Rhythmus, an den Dialogen und an der Musik stimmt aber was und das macht allemal neugierig auf Brüggemanns nächstes Projekt.“[2]
  • "Ohne die Behindertenkarte zu sehr auszureizen, geht es auch um äußerliche Attraktivität als Verkaufswert, um die Erfüllung eines fast unmöglichen Traumes, die Ziellosigkeit einer Generation. (...) Der Trumpf ist Robert Gwisdek ("13 Semester"), der die emotionale Skala vom misanthropischen Humor bis zur größten Verzweiflung austariert, die Komplexität dieser Figur bis zur Grenze ausreizt und nicht eine Sekunde auf Mitleidseffekt setzt." Quelle: Margret Köhler für kino.de [3]

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Filmdatenblatt Renn, wenn du kannst, abgerufen am 28. Juli 2010
  2. http://www.perlentaucher.de/artikel/6362.html
  3. Film-Kritik kino.de
  4. Preisträger 2010

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