Russisch-Schwedischer Krieg (1788–1790)

Russisch-Schwedischer Krieg (1788–1790)
Russisch-Schwedischer Krieg (1788–1790)
Zweite Schlacht am Svensksund im Juli 1790 Gemälde von Johan Tietrich Schoultz
Zweite Schlacht am Svensksund im Juli 1790
Gemälde von Johan Tietrich Schoultz
Datum 28. Juni 1788–14. August 1790
Ort Skandinavien
Casus Belli Gebietsverlust Schwedens im Frieden von Nystad und Frieden von Turku
Ausgang Patt
Friedensschluss Frieden von Värälä
Konfliktparteien
SchwedenSchweden Schweden Russisches Kaiserreich 1721Russisches Kaiserreich Russland
Ab August 1788:
DanemarkDänemark Dänemark
Befehlshaber
Flag of Sweden.svg Gustav III.
Flag of Sweden.svg Prinz Karl, Herzog of Södermanland
Flag of Sweden.svg Carl Olof Cronstedt
Russisches Kaiserreich 1721Russisches Kaiserreich Katharina II.
Russisches Kaiserreich 1721Russisches Kaiserreich Samuel Greigh
Russisches Kaiserreich 1721Russisches Kaiserreich Wassili Tschitschagow
Flag of Denmark.svg Christian VII.
Flag of Denmark.svg Karl von Hessen-Kassel

Der Russisch-Schwedische Krieg von 1788 bis 1790 (russisch Русско-шведская война 1788–1790; schwedisch Rysk-svenska kriget 1788–1790) wurde mit dem Friedensschluss von Värälä beendet.

Inhaltsverzeichnis

Motive

Der schwedische König Gustav III. entschied sich 1788, einen neuen Krieg gegen Russland zu beginnen. Seine Motive waren vielfältig. Mit einem Sieg über seine Cousine Katharina II. versprach er sich eine Verbesserung seines innenpolitischen Ansehens in Schweden. Außerdem sollten mit dem Krieg die finanzielle Lage und der Ruhm der schwedischen Armee verstärkt werden. Schließlich wollte er die militärische Schmach Schwedens im Siebenjährigen Krieg wieder wettmachen. Wenn möglich sollten territoriale Gewinne in den Gebieten erzielt werden, die Schweden 1721 (Frieden von Nystad) und 1743 (Frieden von Turku) an Russland abtreten musste. Darüber hinaus sollte Russlands Einfluss auf die schwedische Innenpolitik ein Ende bereitet werden.

Kriegsbeginn

Obwohl in Schweden seit Gustavs staatsstreichartiger Abschaffung des Parlamentarismus 1772 wieder der aufgeklärte Absolutismus herrschte, musste der König auf die Widerstände im schwedischen Adel Rücksicht nehmen und versuchen, starke kritische Stimmen durch einen geschickten Kriegsbeginn auf seine Seite zu ziehen. Er vermutete zurecht in der schwedischen Bevölkerung und im schwedischen Militär eine ablehnende Haltung gegenüber einem Waffengang mit Russland.

Am 28. Juni 1788 begann der Krieg mit einer Inszenierung, bei der schwedische Soldaten in nachgemachten russischen Uniformen bei Puumala schwedisches Territorium beschossen. Danach sollte Russland die Schuld an diesem Zwischenfall in die Schuhe geschoben werden. Allerdings erschienen wirkliche russische Soldaten bei Puumala, durch deren Eingreifen tatsächlich der Krieg ausgelöst wurde.

Insgeheim sahen die Großmächte England, Niederlande und Preußen den Kriegsausbruch zwischen Schweden und Russland mit Wohlwollen. Sie erhofften sich eine Schwächung des russischen Reiches, das im 1787 ausgebrochenen russisch-türkischen Krieg (1787-1792) bereits einige militärische Erfolge erzielt hatte.

Wie schon 1738, vor dem letzten schwedisch-russischen Krieg (1741-1743) um Finnland, schloss Schweden in der Hoffnung auf Russlands Verwicklung in einen Zweifrontenkrieg 1789 erneut ein Bündnis mit dem Osmanischen Reich ab.

Liikala-Memorandum

Schon kurz nach Kriegsbeginn verfassten im August 1788 hohe schwedische Offiziere in Finnland das sogenannte Liikala-Memorandum, das sich gegen die Politik Gustavs wandte. Wenige Tage später unterzeichneten 113 schwedische Militärs des oppositionellen Anjalabundes einen Brief an den König, in dem sie ihre Unterstützung für das Memorandum zum Ausdruck brachten. Darin erklärten sie den Krieg für ungesetzlich und sprachen sich für einen Verhandlungsfrieden mit Russland aus. Sie forderten die Einberufung eines Reichstags. Gustav III. sah darin Hochverrat und ließ die meisten Anführer der Verschwörung zum Tode verurteilen. Das Urteil wurde allerdings nur an einem Mann vollstreckt. Einige wurden auf die seit 1784 schwedische Karibik-Insel Saint-Barthélemy deportiert oder später begnadigt.

Kriegseintritt Dänemarks und der Preiselbeerkrieg

Im August 1788 kündigte Dänemark-Norwegen seine Neutralität auf und trat als Verbündeter Russlands in den Krieg ein. Der dänische König Christian VII. erfüllte damit seine Verpflichtungen aus dem militärischen Beistandspakt aus dem Jahr 1773 gegenüber der russischen Zarin.

Am 24. und 25. September 1788 fielen etwa 10.000 dänische Soldaten, hauptsächlich norwegische Truppen, unter dem Befehl von Prinz Karl von Hessen-Kassel im nördlichen Teil des Bohuslän ein. Auch der dänische Kronprinz Friedrich (später König Friedrich VI.) war auf dem Feldzug dabei. Nach dem Eintreffen von norwegischen Truppen in Bohuslän zogen die wenigen schwedischen Verteidiger sich zurück.

Zum ersten größeren Zusammentreffen zwischen schwedischen und norwegischen Truppen kam es am 29. September 1788 in der Schlacht bei Kvistrum Brücke im heutigen Ort Munkedal in der Mitte von Bohuslän, ungefähr 30 km nördlich von Uddevalla. In der Schlacht wurden 800 schwedische Soldaten von der übermächtigen norwegischen Armee eingekesselt. Der Kampf dauerte nur 45 Minuten und endete mit schwedischer Kapitulation. Auf beiden Seiten fielen je 5 Soldaten, 61 Schweden und 16 Norweger wurden verwundet. Am 30. September nahmen dänische und norwegische Truppen fast kampflos Uddevalla ein, am 3. Oktober Vänersborg und später Åmål.

Am 6. Oktober begannen die dänischen Truppen mit der Belagerung Göteborgs und forderten die Kapitulation der Stadt. König Gustav III. erhielt in Mariestad die Nachricht vom Ergebnis der Schlacht bei Kvistrum. Er begab sich sofort nach Göteborg, das er um Mitternacht vom 3. auf den 4. Oktober erreichte. Die Ankunft des Königs erhöhte den Verteidigungswillen der Stadt, Gustav lehnte eine Kapitulation kategorisch ab.

Unmittelbar danach gelang es der schwedischen Diplomatie mit englischer Unterstützung, Dänemark für eine nachgiebige Haltung gegenüber Schweden zu gewinnen. Am 9. Oktober 1788 schlossen beide Staaten einen Waffenstillstand. Er galt zunächst für acht Tage, wurde auf vier Wochen und schließlich bis zum 1. Mai 1789 verlängert. Am 12. November 1788 zogen sich die dänischen Truppen über die Grenze nach Norwegen zurück. Am 9. Juli 1789 erklärte sich Dänemark (auch auf Druck Englands und Preußens hin) im Krieg zwischen Schweden und Russland für neutral.

In der schwedischen Geschichte ist der Konflikt zwischen Schweden und Dänemark als der „Theaterkrieg“ (schwedisch Teaterkriget) bekannt, weil die theatralischen Einschläge des Krieges über die eigentlichen Streitigkeiten dominierten. In Norwegen ist der Krieg unter dem Namen „Preiselbeerkrieg“ (norwegisch Tyttebærkrigen) bekannt, da die zurückkehrenden norwegischen Truppen sehr wenig Lebensmittel hatten und deshalb gezwungen waren, Beeren zu pflücken, um den Hunger abzuwehren. Wegen dieser schrecklichen Bedingungen starben etwa 1500 Männer aus der norwegischen Armee an verschiedenen Krankheiten.

Kriegsverlauf

Sehr viel blutiger verlief der bewaffnete Konflikt zwischen Schweden und Russland. Im Verlauf des Krieges kam es vor allem in Finnland zu neun größeren Feldschlachten zwischen dem schwedischen und dem russischen Heer:

Datum Feldschlacht Sieger
13. Juni 1789 Erste Schlacht bei Porrassalmi Schweden
19. Juni 1789 Zweite Schlacht bei Porrassalmi     Schweden
28. Juni 1789 Schlacht bei Uttismalm Schweden
15. Juli 1789 Schlacht bei Kaipias Russland
21. Juli 1789 Schlacht bei Parkumäki Schweden
29. April 1790 Schlacht bei Valkeala Schweden
6. Mai 1790 Schlacht bei Korhois Russland
19./20. Mai 1790     Schlacht bei Keltis Schweden    
4. Juni 1790 Schlacht bei Savitaipale Russland

Daneben fanden sieben Seeschlachten zwischen Schweden und Russland statt, ohne dass Schweden allerdings sein militärisches Hauptziel, die Belagerung und Beschießung Sankt Petersburgs, erreichen konnte:

Datum Seeschlacht Sieger
17. Juli 1788 Schlacht bei Hogland Russland
26. Juli 1789 Schlacht an der südlichen Landzunge Ölands      unentschieden
15. August 1789 Schlacht bei Korkiansaari unentschieden     
24./25. August 1789     Erste Schärenschlacht am Svensksund Russland
13. Mai 1790 Schlacht bei Reval Russland
15. Mai 1790 Schärenschlacht bei Fredrikshamn Schweden
3. Juli 1790 Spießrutenlauf von Wyborg Russland
9./10. Juli 1790 Zweite Schärenschlacht am Svensksund Schweden

Besonders die Zweite Schärenschlacht am Svensksund im Finnischen Meerbusen vor Kotka wurde zu einer Katastrophe für Russland. Russland verlor zwischen 9.000 und 14.000 Mann sowie ein Drittel seiner Flotte. Es war der größte militärische Erfolg in der Geschichte der schwedischen Marine. Kurz danach sandte Alexander Besborodko, der starke Mann der russischen Außenpolitik, Friedenssignale nach Stockholm.

Friedensschluss

Gegen Ende des Sommers 1790 erreichte auch in Schweden die Kriegsmüdigkeit einen entscheidenden Punkt. Beide Seiten sahen keine Möglichkeit mehr, entscheidende Erfolge im Krieg zu verbuchen. Am 14. August 1790 unterzeichneten Schweden und Russland den Frieden von Värälä. Er sah keine territorialen Veränderungen vor. Alle Kriegsgefangenen sollten bedingungslos freigelassen werden. Schweden erhielt einige kleine wirtschaftliche Vorteile im Handel mit russischen Häfen. Russland verzichtete auf eine Einmischung in die schwedische Innenpolitik.

Ergebnis

Auf schwedischer Seite sollen während des Krieges 21.000 Soldaten sowie 29.000 Zivilisten ums Leben gekommen sein. Die russischen Verluste sind unbekannt. Der Russisch-Schwedische Krieg von 1788 bis 1790 blieb letztlich für Russland wie für Schweden weitgehend folgenlos. Das Engagement Katharinas II. richtete sich ohnehin mehr auf den anhaltenden Krieg mit dem Osmanischen Reich. Europa selbst war mehr mit den revolutionären Bewegungen in Polen und Frankreich beschäftigt.

Gustav III. schloss 1791 sogar einen Freundschaftsvertrag mit Russland, um - von Preußen und Österreich unterstützt - einen abenteuerlichen Zug für das monarchische Prinzip gegen die Französische Revolution zu unternehmen, was sich allerdings wegen innerschwedischer Widerstände nicht realisieren ließ. Gustav III. selbst wurde 1792 in der Königlichen Oper von Stockholm ermordet.

Literatur

  • Petri Karonen: Pohjoinen suurvalta – Ruotsi ja Suomi 1521–1809. Porvoo W. Söderström, Helsinki 1999, ISBN 951-0-23739-6 (finnisch).

Weblinks


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