Aufgeklärter Absolutismus

Aufgeklärter Absolutismus

Der aufgeklärte Absolutismus ist eine im 18. Jahrhundert außerhalb des französischen Herrschaftsgebiets entstandene Form des Absolutismus. Impulse der Aufklärung wurden insbesondere von Herrschern in Preußen und Österreich aufgegriffen und zumindest teilweise versucht in Reformen umzusetzen.

Kaiser (HRR) Joseph II. von Österreich
König Friedrich II. von Preußen

Der Absolutismus ist eine monarchische Herrschaftsform des 17. bis 19. Jahrhundert, in der Fürsten ihre Stellung von Gott ableiteten (Gottesgnadentum) und versuchten, "losgelöst" von den Gesetzen und den Ständen (Geistlichkeit, Adel und Bürger) zu regieren. Die absolutistischen Fürsten fühlten sich nur Gott und ihrem Gewissen verantwortlich.

Genauso wie schon der Begriff des Absolutismus ist auch jener des aufgeklärten Absolutismus in der historischen Forschung umstritten und nicht sehr einfach zu erklären. Kritiken am Absolutismus als Epochenbegriff beziehen sich u.a. auf dessen Herrschaftsbezogenheit, die gesellschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklungen nur unzureichend erklären kann. Auch die Tatsache, dass eine wirkliche absolutistische Herrschaft nirgendwo (in Reinform) verwirklicht wurde, wird als Gegenargument angeführt. Vor allem aus Mangel an Alternativen wird aber dennoch von vielen Historikern an dem Begriff festgehalten.[1]

Der Begriff des aufgeklärten Absolutismus geht ursprünglich auf Wilhelm Roscher zurück, der in seinen Umrissen zur Naturlehre der drei Staatsformen von 1847 erstmals zwischen einem frühen konfessionellen Absolutismus zur Zeit Philipps II. (1527–1598), einem höfischen Absolutismus Ludwigs XIV. und einem aufgeklärten Absolutismus Friedrichs II. unterschied.[2] Auch heute noch findet der Begriff Verwendung, auch wenn immer wieder die in ihm angelegte Widersprüchlichkeit zwischen aufgeklärtem Denken und absolutistischer Herrschaft betont wird.

Der aufklärerische Einfluss bezieht sich im Wesentlichen auf Vorstellungen der Frühaufklärung und die darin bedeutende naturrechtliche Staatslehre. Darin wurde der Herrscher nicht mehr als von Gott eingesetzter Herrscher und über jedem Gesetz stehender Souverän verstanden (Gottesgnadentum), sondern als oberster Repräsentant einer vernünftigen Staatsordnung, dessen Verpflichtung es ist, dem Allgemeinwohl zu dienen.[3] Diese Vorstellung basierte auf einem unkündbaren Gesellschaftsvertrag, der den souveränen Herrscher in der Ausübung seiner Macht legitimierte. So bezeichnete sich z.B. Friedrich II. von Preußen (König 1740–1786) als der „erste Diener seines Staates“. Aufgeklärte Herrscher strebten (zumindest vorgeblich) an, die Judikative aus der Hand zu legen, überwachten aber das Geschehen und revidierten verschiedene Urteile der Gerichte.

Als wichtigste Vertreter des aufgeklärten Absolutismus gelten Friedrich II. von Preußen und Joseph II. von Österreich (HRR Kaiser 1765–1790) und, bedingt durch den Einfluss Josephs und ihrer Minister, seine Mutter Maria Theresia (Erzherzogin 1740–1780). Auch die russische Zarin Katharina die Große (1729–1796) verstand sich als aufgeklärte Herrscherin und bot dissidenten französischen Aufklärern wie Denis Diderot, D'Holbach und Voltaire[4] Zuflucht und Publikationsmöglichkeiten, verschärfte aber gleichzeitig die Leibeigenschaft und gab dem Adel weitere Privilegien.

Aufgrund der humanitären Verpflichtung führten Herrscher des aufgeklärten Absolutismus verschiedene Reformen durch. Dies geschah unter anderem durch das „Allgemeine Landrecht“ in Preußen und durch das „Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch“ (ABGB) in Österreich. Diese Reformen leiteten den Beginn zur Rechtsstaatlichkeit und die Abkehr von der Willkür ein. [3] Die Reformen betrafen unter anderem Folgendes:

  • Gesetze sollten für alle gleich und verbindlich gelten
  • Abkehr vom Grundsatz: „Cuius regio, eius religio“, wonach der Landesherr bestimmt, welcher Konfession seine Untertanen angehören müssen; Folge: bedingte Toleranz für Einwanderer und Angehörige anderer Konfessionen, zum Teil auch Religionen (erste Ansätze einer Judenemanzipation)
  • teilweise Gewährung freier Meinungsäußerung und Aufhebung der Zensur; Folge: Entstehen von Ansätzen einer kritischen Öffentlichkeit
  • Ansätze zur Abschaffung der Folter und entwürdigender Strafen sowie eine Humanisierung des Strafvollzugs
  • Aufweichen der Leibeigenschaft
  • Ende der Hexenprozesse
  • weiterer Ausbau des Beamtentums
  • Einführen bzw. Bestätigung der Schulpflicht (Preußen 1717/1763, Österreich 1774).

Der aufgeklärte Absolutismus ließ jedoch keine politische Mitbestimmung der Untertanen in dem Sinne zu, dass diese etwas politisch gegen den Willen des Monarchen hätten erzwingen können. Auch waren die Reformen in den meisten Fällen sehr begrenzt oder nicht erfolgreich. Generell zeigt sich in ihrer Umsetzung immer wieder die schon im Begriff des aufgeklärten Absolutismus angelegte Widersprüchlichkeit.

Friedrich II.

Friedrich II. von Preußen galt als „Prototyp“ des aufgeklärten Monarchen.[5] Der preußische König hatte ein relativ klar ausgeformtes aufklärerisches Selbstbild, welches sich vor allem in den sog. „Rheinsberger Jahren“ zwischen seiner Hochzeit und seiner Thronbesteigung ausprägte. In dieser Zeit wird ein Einfluss insbesondere von Christian Wolff, Samuel von Pufendorf und Christian Thomasius sowie im kontinuierlichen Kontakt mit Voltaire gesehen.[6] Seine Haltung drückte sich unter anderem in der religiösen Toleranzpolitik aus.

In seiner Regierungszeit von 1740 bis 1786 initiierte Friedrich II. eine ganze Reihe von Reformen, die von aufklärerischem Denken zumindest beeinflusst waren. In diesem Zusammenhang sind die Reformen des Justizwesens hervorzuheben. Noch im Jahr des Amtsantritts wurde die Folter weitgehend abgeschafft und Einschränkungen bei der Anwendung der Todesstrafe vorgenommen. In der Rechtsprechung wurde eine Proportionalität von Verbrechen und Strafen angestrebt und der Strafvollzug sollte humanisiert werden. Erste Reformen betrafen eine Neuordnung der Prozessordnung, die die Verschleppung von Verfahren verhindern sollte. Auch manifestierten sich die Reformbemühungen im Justizwesen im nach dem Tod Friedrichs veröffentlichten Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten. Im Bildungsbereich wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt, die sich allerdings nach Friedrichs Vorstellungen vor allem auf den Adel bezog. Die übrigen Untertanen sollten zwar Lesen und Schreiben lernen, aber „nicht zu viel wissen“.[7]

Wenig Fortschritt fand sich hingegen in der Agrarpolitik, wo der König zwar die Erbuntertänigkeit als „widerwärtige Einrichtung“ bezeichnete, sie aber dennoch nicht aufhob. Auch die Außenpolitik Friedrichs mit seiner Großmachtpolitik, die sich unter anderem in den drei Schlesischen Kriegen manifestierte, widersprach aufgeklärten Idealen weitgehend.

Literatur

Christian Rohr, Peter Gutschner: geschichte.aktuell. Veritas, ISBN 978-3-7058-6820-5.

Einzelnachweise

  1. Vgl. hierzu u.a. Baumgart, Peter (2000): Absolutismus ein Mythos? Aufgeklärter Absolutismus ein Widerspruch? Reflexionen zu einem kontroversen Thema gegenwärtiger Frühneuzeitforschung, In: Zeitschrift für historische Forschung, Band 27, Nr. 4, S.573-589.
  2. Borgstedt, Angela (2004): Das Zeitalter der Aufklärung, Darmstadt: WBG, S.21.
  3. a b Aufgeklärter Absolutismus. Christian Albrechts Universität Kiel, abgerufen am 8. März 2009.
  4. mit dem er sich jedoch zeitweise überwarf und eines seiner Bücher verbrennen ließ
  5. Borgstedt 2004, S.18.
  6. Reinalter, Helmut (Hrsg.)(2005): Lexikon zum Aufgeklärten Absolutismus in Europa. Herrscher – Denker – Sachbegriffe, Wien [u.a.]: Böhlau, S.76.
  7. Birtsch, Günter (1987): Friedrich der Große und die Aufklärung, In: Hauser, Oswald (Hrsg.): Friedrich der Große in seiner Zeit, Köln [u.a]: Böhlau, S.31-46, S.42.

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