SSB ZT 4

SSB ZT 4
SSB ZT 4
SSB ZT 4
Nummerierung: 1001–1003
Anzahl: 3
Hersteller: Maschinenfabrik Augsburg – Nürnberg (MAN) (Mechanischer Teil, Wagenkasten), Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM) (Drehgestelle), Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) (elektrische Ausrüstung
Achsformel: A1A1 (von Talseite aus)
Spurweite: 1000 mm (Meterspur)
Länge über Kupplung: 20.105 mm
Höhe: 3715 mm
Breite: 2650 mm
Leermasse: 33 t
Höchstgeschwindigkeit: 30 km/h, bei Talfahrt auf 21 km/h abregelbar
Dauerleistung: 2×263 kW
Stromsystem: 750 V Gleichstrom
Stromübertragung: Oberleitung
Kupplungstyp: Scharfenbergkupplung
Sitzplätze: 56
Stehplätze: 56 (4 P/m²)
Fußbodenhöhe: 1005 mm

Der ZT 4 ist ein Triebfahrzeug der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), das seit 1982 auf der Strecke der Zahnradbahn Stuttgart eingesetzt wird. Die Bezeichnung „ZT 4“ steht für Zahnrad-Triebwagen mit vier Achsen. Die Spurweite des ZT 4 ist 1000 Millimeter, somit Meterspur, der Zahnradantrieb ist für eine einlamellige, leiterförmige Zahnstange nach dem System Riggenbach in Gleismitte und auf gleicher Höhe mit der Schienenoberkante konstruiert. Der ZT 4 hat die vorausgegangenen Fahrzeuggenerationen auf der Stuttgarter Zahnradbahnstrecke abgelöst.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

In den 1970er Jahren befanden sich die Stuttgarter Zahnradbahn und ihr Rollmaterial in einem kritischen und desolaten Zustand. Die Strecke war, von punktuellen Veränderungen und der neuen Oberen Weinsteigebrücke abgesehen, praktisch seit ihrem Umbau auf elektrischen Betrieb im Jahr 1902 nicht mehr saniert worden, der Betrieb wurde mit fünf zum Teil rund 40 Jahre alten Triebwagen (Nr. 101-105) und fünf Vorstellwagen aus der Dampfbahnzeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts (Nr. 116-120) durchgeführt. Das hohe Alter der Fahrzeuge, die es meist bereits auf weit über eine Million Laufkilometer gebracht hatten, und der zunehmende Mangel an Ersatzteilen führten zu immer kürzeren Wartungsintervallen der elektrischen und mechanischen Teile und immer häufigeren Ausfällen; 1974 musste bereits der Triebwagen Nummer 102 aufgegeben und zerlegt werden. Nicht zuletzt verursachten die Fahrzeuge einen beträchtlichen Lärm und waren in Ausstattung und Fahrkomfort alles andere als zeitgemäß.

Hinzu kamen verschärfend rechtliche und wirtschaftliche Probleme: der Einsatz von Wagen mit Holzaufbauten war nach Straßenbahnbau- und Betriebsordnung (BOStrab) bereits nur noch mit Ausnahmegenehmigung zulässig, eine wünschenswerte Automatisierung der Türen bzw. ein Verschließen der Plattformen wäre zumindest bei den Vorstellwagen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich gewesen. Doch selbst bei automatischen Türen und dem damit möglichen Wegfall des Schaffners hätte man bei den Vorstellwagen auf einen verantwortlichen Bremser nicht verzichten können, da der Triebfahrzeugführer vom talseitig angeordneten Triebwagen aus die Strecke nicht überblicken konnte.

Die SSB litt ihrerseits unter der wirtschaftlichen Situation und der nach wie vor anwachsenden Konkurrenz durch den Individualverkehr und war so zu einem konsequenten Sparkurs gezwungen, weshalb sie den kostengünstigeren Ein-Mann-Betrieb auf allen Linien anstrebte. 1978 entschloss sie sich daher zur Beschaffung neuer, größerer Triebwagen mit der Kapazität eines bisherigen Zuges und damit zum endgültigen Verzicht auf den Vorstellwageneinsatz.

Entwicklung

Der ZT 4 wurde 1979 nahezu zeitgleich mit den ersten drei Stadtbahn-Prototypen von den SSB in Auftrag gegeben. Da die Firma MAN für den Aufbau und den mechanischen Teil beider Fahrzeugtypen verantwortlich zeichnete, bot es sich auch zwecks Vereinheitlichung des Fuhrparks an, auf die gewonnenen Erkenntnisse der Stadtbahnwagenentwicklung zurückzugreifen. Das Fahrzeug hat die äußere Form und das Aussehen eines halbierten DT 8 nach dem Entwurf des Designerbüros Lindinger & Partner, jedoch mit zwei Führerständen, die Innenraumaufteilung erfolgte nach dem später auch für die Stadtbahn-Serienfahrzeuge übernommenen Schema der Prototypen 1 und 3. So entstand als „Nebenprodukt“ des Stadtbahnwagens ein gefälliger und den Erfordernissen angepasster vierachsiger Solotriebwagen. Da die Zahnradbahn von Anfang an nicht als Straßenbahnstrecke, sondern als Eisenbahn mit entsprechend dimensionierten Fahrzeugen konzipiert war, wirkte sich auch die vermeintliche Überbreite der Meterspurwagen von 2,65 Metern kaum nachteilig aus.

Technik

Der Antrieb der ZT 4 erfolgt durch zwei quer zur Fahrtrichtung liegende Mischstrom-Reihenschlussmotoren über ein Getriebe auf die jeweils talseitige Achse eines Drehgestells, auf der auch das Antriebszahnrad sitzt. Die Drehgestelle stammen von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM) und verfügen über keinen Drehzapfen; der Wagenkasten stützt sich über zwei Gummi-Metall-Schichtfedern als Querträger ab, die Längskräfte werden von außen liegenden Längslenkern übernommen. Zur Vereinfachung der Wartung und um Standzeiten zu verkürzen beschaffte die SSB außerdem ein zusätzliches Reservedrehgestell.

Der ZT 4 besitzt drei voneinander unabhängige Bremssysteme. Als Haupt- und Betriebsbremse dient die generatorische Widerstandsbremse, die eine Rückspeisung der Bremsenergie ins Leitungsnetz bei Anwesenheit eines Abnehmers ermöglicht. Außerdem sind zwei mechanische Federspeicherbremsen vorhanden, die sich in unteren Geschwindigkeitsbereichen durch das abnehmende elektrische Bremsmoment automatisch zuschalten (bemerkbar am abrupt einsetzenden „Quietschen“ der Bremsen bei Talfahrt), und von denen eine als Klinkenbremse zur Rücklaufsicherung bei Bergfahrt ausgeführt ist. Auch eine etwaige Notbremsung erfolgt über die mechanische Reibungsbremse.

Ausstattung

Der ZT 4 verfügt über 56 Sitz- und ebenso viele Stehplätze, die Innenraumaufteilung entspricht der des DT8 mit zwei abgetrennten, teilweise verglasten Fahrerkabinen, zwei doppelflügeligen Türen auf beiden Seiten und Anordnung der Sitzlehnen auf Höhe der Fensterholmen. Auch der ZT 4 ist ein Hochflurfahrzeug mit 1005 Millimeter Fußbodenhöhe, allerdings muss der Höhenunterschied mittels dreier fest eingebauter Trittstufen in den Türbereichen überwunden werden. Die ursprüngliche Farbgebung wich sowohl vom Serien-DT 8 als auch von den Prototypen ab: es wurden grüne Sitzpolster mit gelben Haltestangen und einem braunkarierten Textilteppich-Fußboden kombiniert, außen waren die Wagen schwarz im Unterbereich, kadmiumgelb an den Seiten und anthrazit an Fensterpartie und Dach lackiert.

Die Linien- und Zielbeschilderung erfolgte über Rollbänder an den Frontseiten, auf eine seitliche Beschilderung und eine innere Perlband-Anzeige wie beim DT 8 konnte verzichtet werden.

Einsatz und schrittweise Modernisierung

Um den ZT 4 auf der Stuttgarter Zahnradbahnstrecke einsetzen zu können, musste diese zuvor grundlegend modernisiert werden. Vom 24.Juli bis zum 7. September 1980 wurde sie daher für acht Wochen gesperrt, den Verkehr übernahmen in dieser Zeit Omnibusse. Sofern nicht schon vorhanden, wurde ein unabhängiger Gleiskörper angelegt, der Unterbau verstärkt, ein neuer Mittelbahnsteig an der Ausweiche Wielandshöhe gebaut, die romantische, aber zu leistungsschwache Doppelfahrleitung an den historischen geschwungenen Masten durch eine moderne Tragseilfahrleitung ersetzt und eine neue, längere Schiebebühne in den Betriebshof eingebaut. Der historische Zahnradbahnhof an der Filderstraße wurde zur modernen Abstellhalle für zwei ZT 4 umgestaltet, der dritte fand auf dem ertüchtigten Gleis 3 der südlichen Wagenhalle Platz. Die Werkstatthallen auf der Nordostseite wurden aufgegeben, hier zog einige Jahre später das Theater Rampe ein.

Der erste ZT 4 mit der Nr. 1001 traf am 3. August 1982 im Zahnradbahnhof Degerloch ein. Nachdem am 23. August 1982 mehrere der verkauften Altbauwagen abtransportiert worden waren und so Platz geschaffen war, wurden bereits am 27. August 1982 der Triebwagen 1002 bei der Zahnradbahn, ebenfalls in Degerloch, angeliefert. Unter großem öffentlichem Interesse wurden die Neubaufahrzeuge von den historischen Triebwagen 103 beziehungsweise 101 und 104 in den Betriebshof Marienplatz geschleppt. Die technische Abnahme der Wagen erfolgte durch das Eidgenössische Amt für Verkehr (BAV) nach Schweizer Sicherheitsbestimmungen, da es in Deutschland keine entsprechenden Vorschriften gab. Unmittelbar danach begannen die Probefahrten, und bereits am 11. und 12. September 1982 konnten die Wagen im Rahmen eines „Zacke-Festes“ der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Am 23. Oktober 1982 folgte schließlich TW 1003. Seither übernahmen sie Zug um Zug den Planverkehr auf der Zahnradbahnstrecke, allerdings musste wegen anfänglicher unvorhergesehener Schwierigkeiten der zum Verkauf vorgesehene Triebwagen 105 bis Ende 1983 als Betriebsreserve vorgehalten werden. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten 1984 erlitt schließlich der verbliebene Museumstriebwagen 104 durch Schaltüberspannung eine irreparable Schädigung der Wicklungsisolation des bergseitigen Motors, so dass seitdem ausschließlich ZT 4 samt den zwischenzeitlich ausgelieferten Fahrradbeiwagen auf der Strecke zum Einsatz kommen.

Die ZT 4 Nr. 1001 und 1002 tragen seit den 1980er Jahren die Namen „Heslach“ und „Degerloch“, Wagen 1003 wurde 1995 auf den Namen „Helene“ (nach der Degerlocher Bürgerin Helene Pfleiderer) getauft.

Ab 1989 wurden als erster größerer Umbau Zug um Zug die störanfälligen elektrischen Schwingschiebetüren durch druckluftbetriebene Außenschwingtüren aus Kunststoff ersetzt, wie sie auch bei den DT 8 zur Anwendung kommen.

Ab dem Jahr 2000 wurden die Wagen nacheinander einer grundlegenden Modernisierung unterzogen, wodurch zeitweilig nur ein Zug im Halbstundentakt auf der Strecke verkehren konnte. Als erster Triebwagen kam ab Februar 2001 TW 1001 in diesem neuen Gewand zum Einsatz, bei dem vor allem die nunmehr am Stadtbahnwagentyp DT 8.10 orientierte Farbgebung mit durchgehend ginstergelb lackiertem Wagenkasten und nachtblauem Fensterband auffällt. Des Weiteren wurde der Teppichboden durch einen Kunststoffbodenbelag wie bei der Stadtbahn ersetzt und die Fahrzeugtechnik unter anderem durch elektronische Antriebssteuerung und Installation des Zugbeeinflussungssystems ZUB und des Bordinformationssystems IBIS sowie Einbau eines Fahrtenschreibers modernisiert.

Nach entsprechender Sanierung der anderen beiden Triebwagen folgten in den nächsten Jahren im Rahmen von Werkstattaufenthalten weitere Veränderungen: Die ZT 4 erhielten wie auch die Stadtbahntypen DT 8.4-9 zweiteilige, blaue Sitzpolster; im Herbst 2008 wurden schließlich die Rollbänder zur Liniennummern- und Zielbeschilderung durch LED-Anzeigen ersetzt.

Literatur

  • Über Berg und Tal – Nachrichtenblatt der Stuttgarter Straßenbahnen AG / Stuttgarter Straßenbahnen AG (Hrsg.)
  • Ulrich Theurer: 100 Jahre Zahnradbahn Stuttgart–Degerloch
  • Dirk v. Harlem: Neue Zahnradbahn-Triebwagen für Stuttgart – Technische Beschreibung
  • Straßenbahn Magazin, Heft 53, August 1984, S. 163 ff. Franckh’sche Verlagshandlung Stuttgart, ISSN 0340-7071
  • Gottfried Bauer: Straßenbahn in Stuttgart, „Über Berg und Tal mit der SSB“, GeraMond Verlag, München 2003, ISBN 3-7654-7188-7
  • G. Bauer, U. Theurer, C. Jeanmaire: Strassenbahnen um Stuttgart, FBG, CSB, ESS, END, SSF. Verlag Eisenbahn 1984, ISBN 3-85649-047-7
  • Gottfried Bauer, Ulrich Theurer: Von der Straßenbahn zur Stadtbahn Stuttgart 1975–2000. Stuttgarter Straßenbahnen AG, Stuttgart 2000, ISBN 3-00-006615-2.

Weblinks

 Commons: Zahnradbahn Stuttgart – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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