Wilhelm-Sander-Stiftung

Wilhelm-Sander-Stiftung

Die Wilhelm-Sander-Stiftung ist aus dem Nachlass des am 31. Dezember 1973 in Neustadt an der Donau verstorbenen Fabrikanten Wilhelm Sander hervorgegangen. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere der Krankheits- und Krebsbekämpfung. Der Schwerpunkt der Förderung ist zunehmend die Krebsforschung.

Für diesen Zweck hat die gemeinnützige Wilhelm-Sander-Stiftung seit ihrer Gründung über 190 Millionen Euro für Projekte der klinischen und klinisch-experimentellen Forschung bewilligt, womit ihr in Deutschland eine herausragende Bedeutung bei der Unterstützung innovativer Forschung außerhalb der staatlichen Förderung zukommt.

Inhaltsverzeichnis

Leben des Stifters

Verwaltungsgebäude Neustadt

Wilhelm Sander wurde am 26. August 1897 als Sohn eines Arztes in Roth bei Nürnberg geboren. Im Jahre 1923 gründete er in Nürnberg unter der Firma Dr. Ruhland Nachf. eine Fabrik für medizinisches Nahtmaterial. Nachdem der Betrieb während des Zweiten Weltkriegs bei einem Luftangriff zerstört worden war, verlegte Wilhelm Sander das Unternehmen nach Neustadt an der Donau, wo er auch seinen Wohnsitz nahm.

Bereits vor der Währungsreform hatte Wilhelm Sander begonnen, in Mietwohngebäude zu investieren, zunächst durch den Kauf von älteren Gebäuden in Herne und Gießen, später durch den Bau von Mietwohnungen. Ab Ende der fünfziger Jahre betrieb Wilhelm Sander dann den Bau von Wohnungen in großem Stil. So errichtete er in München, Nürnberg und vor allem im Raum Leverkusen Wohnsiedlungen. In den sechziger Jahren richtete Wilhelm Sander sein Augenmerk auch auf den Wohnungsmarkt in der Schweiz und erwarb dort mehrere Objekte. Zuletzt war er unmittelbar Eigentümer von 4.404 Wohnungen in Deutschland und der Schweiz und über Beteiligungen an Gesellschaften im Besitz weiterer 227 Wohnungen in der Schweiz.

Das Bild des Stifters, der die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts erlebte, lässt eine facettenreiche Persönlichkeit erkennen: Er galt als sparsam, nüchtern kalkulierend und in den Augen mancher Zeitgenossen sogar als geizig. Er ließ auch unkonventionelle Methoden zu, wenn es um die Mehrung seines Besitzes ging, und zeigte außerhalb des persönlichen Umfelds weder karitatives Engagement noch soziale Verantwortung.

Die Stiftung

Damit entzieht er sich zu Lebzeiten den Klischees eines vorbildlichen Stifters. Dennoch hatte sich Wilhelm Sander, der unverheiratet blieb, schon lange vor seinem Tod mit dem Gedanken getragen, sein umfangreiches Vermögen gemeinnützigen Zwecken zu widmen.* So verfügte er kraft letztwilliger Verfügung vom 12. Januar 1964 die Errichtung der Wilhelm-Sander-Stiftung und vererbte ihr sein gesamtes Vermögen mit Ausnahme einiger Vermächtnisse an seine nächsten Verwandten und langjährige verdiente Mitarbeiter.

Es war der letzte Wille des Stifters, dass die Erträge der Stiftung ausschließlich der medizinischen Forschung, insbesondere der Krankheits- und Krebsbekämpfung, zugute kommen sollten. Diesen Entschluss fasste Wilhelm Sander wohl auch aus persönlichen Gründen. Im unmittelbaren Umfeld wurde er mit der Krebskrankheit konfrontiert, als seine langjährige Mitarbeiterin und Haushälterin Karoline Burkhardt an einem multiplen Myelom, einer Art Knochenmarkkrebs, starb. Der schmerzhafte Verlust eines wichtigen Menschen und die Furcht vor einer Erkrankung gaben Wilhelm Sander den unmittelbaren Anstoß zur Errichtung einer Stiftung.

Mit dem Tod des Stifters war es zunächst die Aufgabe des von ihm eingesetzten Testamentsvollstreckers, Notar Dr. Christian Schelter in Erlangen, den Nachlass zu ordnen und zu konsolidieren, die testamentarisch verfügte Stiftungssatzung den inzwischen veränderten Verhältnissen anzupassen und sodann die Genehmigung der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, einzuholen. Die Genehmigung wurde mit Verfügung vom 11. Dezember 1974 erteilt.

Am 13. Oktober 1975 trat der inzwischen satzungsgemäß berufene Stiftungsrat in Neustadt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Er bestellte den Vorstand als geschäftsführendes Organ und berief die Mitglieder für den in der Satzung vorgesehenen Wissenschaftlichen Beirat. Nachdem die Wilhelm-Sander-Stiftung somit handlungsfähig geworden war, konnte der Testamentsvollstrecker noch im Oktober 1975 den Nachlass Wilhelm Sanders der Stiftung übergeben.

Organisation

Die Satzung der Wilhelm-Sander-Stiftung sieht in § 4 drei Stiftungsorgane vor, nämlich den Stiftungsrat, den Vorstand und den Wissenschaftlichen Beirat.

Der Stiftungsrat ist das oberste Organ der Stiftung. Ihm obliegen alle Aufgaben, soweit sie nicht nach Gesetz oder der Satzung anderen Organen zugewiesen sind (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Dazu gehören insbesondere die Bestellung, die Überwachung und Abberufung des Vorstands, die Vertretung der Stiftung gegenüber dem Vorstand, die Feststellung des alljährlich aufzustellenden Finanzplans sowie der Vermögensrechnung und die Entscheidung über die Verwendung der für den Stiftungszweck satzungsgemäß zur Verfügung stehenden Mittel.

Der Stiftungsrat besteht aus fünf Mitgliedern, von denen immer zwei Mediziner sind und zwar ein ständiger Vertreter der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München und, jeweils wechselnd nach Ablauf einer Berufungsperiode von vier Jahren, ein Vertreter der Medizinischen Fakultät einer anderen bayerischen Universität. Die drei anderen Mitglieder des Stiftungsrats werden je einzeln vom Präsidenten der IHK Regensburg, dem Präsidenten des Landgerichts Regensburg sowie dem Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst berufen.

Der Vorstand ist das geschäftsführende Organ der Stiftung. Ihm obliegt nicht nur die Verwaltung des umfangreichen Stiftungsvermögens, sondern auch die Bearbeitung der eingehenden Sachbeihilfeanträge und die Abwicklung der vom Stiftungsrat sodann bewilligten Projekte.

Aufgabe des Wissenschaftlichen Beirats ist es, die anderen Stiftungsorgane bei der Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben zu beraten und zu unterstützen. Insbesondere koordiniert das jeweils ein Mitglied des Beirats das Begutachtungsverfahren der einzelnen an die Stiftung gestellten Sachbeihilfeanträge und fasst das Ergebnis der Begutachtung in einer Vorlage für die Beiratsmitglieder und den Stiftungsrat, verbunden mit einem Entscheidungsvorschlag, zusammen. Die Mitglieder des Beirats beschließen sodann in mündlicher Verhandlung oder im Umlaufverfahren über die einzelnen Anträge, und der mehrheitlich gefasste Beschluss dient dann dem Stiftungsrat als Vorschlag für seine endgültige Entscheidung.

Dieses Verfahren ermöglicht es der Wilhelm-Sander-Stiftung, bei den eingereichten Anträgen die hohe Qualität des Bewilligungsverfahrens und die Unabhängigkeit von Einzelinteressen zu gewährleisten.

Stiftungsrat

  • Christian Schelter (Ehrenvorsitzender), Jörg Koppenhöfer (Vorsitzender), Udo Löhrs (stellv. Vorsitzender), Hermann Einsele, Karl-Heinz Michels, Olaf Wirth

Wissenschaftlicher Beirat

  • Bernhard Fleckenstein (Vorsitzender), Heinz Höfler (stellv. Vorsitzender), Cord-Michael Becker, Eva-Bettina Bröcker, Wolfgang Hiddemann, Franz Hofmann, Thomas Hünig, Karl-Walter Jauch, Olaf Ortmann

Vorstand

  • Berhard Knappe, München
  • Ulrich Reuter, Leverkusen

Die Wilhelm-Sander-Stiftung ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen und ihre Gremien betrachten die Grundsätze guter Stiftungspraxis als verbindlich.

Förderziel

Unterstützt werden Forschungsprojekte aus dem Bereich der Humanmedizin mit dem Schwerpunkt Krebsforschung (klinisch und klinisch-experimentell). Forschungsprojekte, die sich nicht mit onkologischen Fragestellungen befassen, müssen einen unmittelbaren Bezug zum Patienten aufweisen.

Die Förderung durch die Wilhelm-Sander-Stiftung ist beschränkt auf Deutschland und die Schweiz.

Literatur

  • Wilhelm Sander-Stiftung (Hrsg.): Sander-Stiftung. 1975 bis 2005. Stifter – Entstehung – Tätigkeit. Gorbach GmbH, Utting 2005, ISBN 3-929691-06-X.
  • Wilhelm Sander-Stiftung (Hrsg.): Wilhelm Sander-Stiftung Bericht 2006 - 2008. Gorbach GmbH, Utting 2009, ISBN 978-3-929691-15-3.
  • Wilhelm Sander-Stiftung (Hrsg.): Wilhelm Sander-Stiftung Bericht 2003 - 2005. Gorbach GmbH, Utting 2006, ISBN 3-929691-07-8.
  • Wilhelm Sander-Stiftung (Hrsg.): Wilhelm Sander-Stiftung Bericht 2000 - 2002. Urban & Vogel, München 2003, ISBN 3-89935-198-3.

Weblinks


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