Winfried Schrammek

Winfried Schrammek

Winfried Schrammek (* 7. Juni 1929 in Breslau) ist ein deutscher Organist und Musikwissenschaftler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung

Der Sohn eines Vermessungsingenieurs erhielt seinen ersten Orgelunterricht als Schüler des Herzog-Friedland-Gymnasiums in Sagan durch seinen Musiklehrer Gustav Mikeleitis. Im Alter von 15 Jahren wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und nach Kriegsende mit den Eltern aus der schlesischen Heimat vertrieben. In Jena legte er 1948 das Abitur ab und begann zunächst ein zweijähriges Studium der Kirchenmusik an der Musikhochschule Weimar, das er mit der Mittleren Staatlichen Prüfung für Kirchenmusiker abschloss. Anschließend studierte er bis 1953 an der Universität Jena Musikwissenschaft, Germanistik und Völkerkunde. Nach einer dreijährigen Aspirantur an der Jenaer Universität wurde er dort 1956 bei Heinrich Besseler promoviert. Sein Dissertationsthema lautete: Das deutsche Lied in den deutschen Orgeltabulaturen des 15. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des Buxheimer Orgelbuches.

Wissenschaftliche Tätigkeit

In den Jahren 1956 bis 1962 war Schrammek wissenschaftlicher Mitarbeiter der Musikabteilung am Institut für Volkskunstforschung in Leipzig. Hier redigierte er Volksliedausgaben und arbeitete in der Feldforschung zur Harzer Volkskunde. Früchte dieser Arbeit waren die im Friedrich Hofmeister Musikverlag unter seiner Federführung erschienene Reihe Volkslieder aus deutschen Landschaften und andere Publikationen zum Brauchtum im Harz.

1962 nahm er seine Tätigkeit am Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig auf, die 33 Jahre währen sollte. Er begann zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1977 wurde er Kustos, 1988 kommissarischer Direktor und 1989 schließlich Direktor des Museums. Er widmete sich allen anfallenden museologischen Arbeiten und war an über 50 Sonderausstellungen des Museums beteiligt. Sein Spezialgebiet waren die Tasteninstrumente und hier vor allem die Orgel und das Clavichord. Von 1965 bis 1990 war er Mitglied des Rates für Museumswesen beim Ministerium für Kultur.

Schrammek betrieb umfangreiche wissenschaftliche Forschungen und wurde der ausgewiesene Fachmann auf dem Gebiet der Orgel, insbesondere der mitteldeutschen Orgellandschaft. Seine besonderen Bemühungen galten der Lösung sowohl bautechnischer als auch aufführungspraktischer und liturgischer Probleme. Er war Sachverständiger bei der Restaurierung zahlreicher historischer Orgeln in Sachsen. Am 27. Mai 1968 war er maßgeblich an der Rettung der kleinen Orgel aus der bereits zur Sprengung vorbereiteten Leipziger Universitätskirche beteiligt.

1993 wurde er in die Kommission „Kunstgeschichte, Literatur- und Musikwissenschaft“ der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und 1994 zum außerplanmäßigen Professor berufen.

Nach dem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1995 war Schrammek weiterhin bis 2006 Gastprofessor an der Universität Leipzig und wirkte bis 2011 am Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr in Hilden. Daneben war und ist er Orgelsachverständiger, so auch für die neuen Orgeln in der Universitätskirche in Leipzig.

Kirchenmusiker

Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Winfried Schrammek langjähriger Organist und Chorleiter an der katholischen Kirche St. Bonifatius. Bis 1990 gehörte er einem Collegium musicum, dem „Chorus Cantorum“, an, das sich ausschließlich der Erforschung und werkgetreuen Aufführung des Gregorianischen Chorals widmete. Daneben wirkte er als Solist in Konzerten, wo er vor allem als Interpret mittelalterlicher Orgel- und Clavichordmusik auftrat. Eine enge Zusammenarbeit bestand mit Hans Grüß und der Capella Fidicinia. Als Organist und Sachverständiger hat er bei zahlreichen Aufnahmen für Radio und CD mitgewirkt.

Ehrungen

Publikationen (Auswahl)

Bücher

  • Über Ursprung und Anfänge der Musik, Leipzig: Breitkopf & Härtel Musikverlag 1957
  • Musikinstrumente, (Fotos R. Langematz), Leipzig: Prisma-Verlag, 1970, 1985
  • Museum Musicum, (Fotos S. und V. Herre), Leipzig: Edition Peters 1981, 1986, ISBN 978-3876260761
  • Bach-Orgeln in Thüringen und Sachsen, Leipzig: Nationale Forschungs- und Gedenkstätten Joh.Seb.Bachs, 1984
  • Orgelinstrumente, Harmoniums, (mit Klaus Gernhardt und Hubertus Henkel in: Katalog des Musikinstrumenten-Museums Bd. 6, Leipzig: Deutscher Verlag für Musik, 1983
  • Magister und Musicus, Hans Grüß zum Gedenken, Universität Leipzig 2005
  • Über das Jodeln im Harz, Wernigerode 2005, 2007
  • Über das Birkenblattblasen im Harz, Halle an der Saale, 2010

Artikel

  • Die mg. Stellung der Orgeltriosonaten von J.S. Bach, in: BJ 1954, 7–28
  • Birkenblattblasen, in: Festschrift Heinrich Besseler, Leipzig 1961, 7–14
  • Die Geschichte des sogenannten Harzspruchs vom Mittelalter bis zur Gegenwart, in: Journal of the International Folk Music Council 13, 1961, S. 50–53
  • Die Ausbildung von Musikinstrumenten-Restauratoren im Musikinstrumenten-Museum in der Karl-Marx-Universität Leipzig, in: Neue Museumskunde 12, 1969, 98–105
  • Johann Sebastian Bach, Gottfried Silbermann und die französische Orgelkunst, in: Bach-Studien 5, Leipzig 1975, 93–107
  • Viola Pomposa und Violoncello piccolo bei Johann Sebastian Bach, in: Kongressbericht Bachfest Leipzig 1975, Leipzig 1977, 345–354
  • Versuch über Johann Sebastian Bachs Vorstellung von Orgelbau, Orgeldisposition und Orgelregistrierung, in: Bach-Studien 7, Leipzig 1982, 192–211
  • Zur Geschichte der großen Orgel in der Thomaskirche zu Leipzig von 1601–1885, in: Beiträge zur Bachforschung 2, Leipzig 1983, 46–55
  • Die Viola d'amore zur Zeit Johann Sebastian Bachs, in: Bach-Studien 9, Leipzig 1986, 56–66
  • Orgel, Positiv, Clavicymbel und Glocken der Schloßkirche zu Weimar 1658 bis 1774, in: Kongressbericht Bachfest Leipzig 1985, Leipzig 1988, 99–111
  • Über den Wert von Musikinstrumenten, in: Arbeitsblatt Nr. 2 der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 1998, 25–31
  • Gregorianischer Choral zur Zeit der zweiten Jahrtausendwende - Betrachtungen anläßlich der Ars Gregoriana von Helmut Kirchmeyer, in: Arbeitsblatt Nr. 16/I der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 2000, 5–19
  • Musen – Museum – Musica, in: Theatrum Instrumentorum Dresdense, Schneverdingen 2003, 27–35
  • Sämtliche Artikel über Musikinstrumente und Instrumentenbauer in 7 verschiedenen Ausgaben von „Meyers Lexikon“, Leipzig 1968–1980
  • Sämtliche Artikel über Musikinstrumente und Instrumentenbauer sowie über musikalisch-liturgische Begriffe im „Lexikon der Renaissance“, Leipzig 1989

Editionen

  • Volkslieder aus deutschen Landschaften (mit K. Fiedler, P. Nedo, K. Petermann), 7 Bände: Obersachsen (1958), Harz (1957), Hessen (1958), Thüringen (1959), Sachsen-Anhalt (1958) Lausitzer Sorben (1960), Mecklenburg (1960)

Literatur

Winfried Schrammek, in: Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Verlag: Metzeler, Band 15 (2006), S. 27, ISBN 978-3476410221

Weblinks


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