Schutzzweck der Norm

Schutzzweck der Norm

Schutzzweck der Norm ist ein Begriff aus der Rechtswissenschaft. Die Frage nach dem Schutzzweck der Norm ist ein weiteres Eingrenzungskriterium der Kausalität und Zurechnung neben der Äquivalenztheorie und Adäquanz. Nach dem Schutzzweck der Norm muss zusätzlich zur Kausalität geprüft werden, ob die einschlägige Norm gerade vor genau dem Schaden schützen soll, welchen das (an sich) rechtswidrige Verhalten kausal verursacht hat. Diese Eingrenzung ist nötig, da es Fälle gibt, in denen sowohl Äquivalenz- als auch Adäquanztheorie zu unbilligen Ergebnissen führen.

Beispiel

Ein Autofahrer fährt innerhalb einer geschlossenen Ortschaft mit stark überhöhter Geschwindigkeit. Anschließend fährt er auf der Landstraße mit vorgeschriebener Geschwindigkeit. In der nächsten Ortschaft hält er sich ebenfalls an die Geschwindigkeitsbegrenzung und wird (ohne eigenes Fehlverhalten) in einen Verkehrsunfall verwickelt.

Fraglich ist, ob man den Autofahrer dafür bestrafen kann, den Verkehrsunfall fahrlässig herbeigeführt zu haben, indem er weit vor der Unfallstelle zu schnell fuhr: Das zu schnelle Fahren in der ersten Ortschaft war kausal für den Unfall, da der Fahrer bei geringerer Geschwindigkeit zum Unfallzeitpunkt noch nicht an der entsprechenden Stelle gewesen wäre. Die Adäquanztheorie entlastet den Fahrer ebenfalls nicht, da es nach der normalen Lebenserfahrung nicht außerhalb jeder Erwartung liegt, dass eine zu hohe Geschwindigkeit zu einem Unfall führen kann.

Hier greift nun die Theorie vom „Schutzzweck der Norm“: Der Zweck von Geschwindigkeitsbegrenzungen ist es, den typischen Gefahren der höheren Geschwindigkeit entgegenzuwirken. Sie sollen aber gerade nicht verhindern, dass ein Fahrer schneller in der nächsten Ortschaft ankommt. So kommt man zu dem Ergebnis, dass das zu schnelle Fahren nur ein Verstoß gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung war, es kommt aber nicht zu einer Strafe bezüglich des Verkehrsunfalles.

Literatur

  • Wilhelm Degener: Die Lehre vom Schutzzweck der Norm und die strafgesetzlichen Erfolgsdelikte. Nomos Verlag, Baden-Baden 2001, ISBN 978-3-7890-7041-9

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