Christian Geissler

Christian Geissler

Christian Geissler (* 25. Dezember 1928 in Hamburg; † 26. August 2008 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Christian Geissler, dessen Vater Bauunternehmer war, nahm 1944/45 als Flakhelfer am Zweiten Weltkrieg teil. Nach dem Abitur begann er 1949 in Hamburg evangelische Theologie zu studieren. 1950 war er kaufmännischer Lehrling in einem Industriebetrieb, und 1951 arbeitete er für ein halbes Jahr als Landarbeiter in England. Ab 1952 setzte er sein Theologiestudium an der Universität Tübingen fort. 1953 konvertierte er zum Katholizismus und wechselte zum Studium der Philosophie und Psychologie an die Universität München. 1956 brach er sein Studium endgültig ab und wurde freier Schriftsteller.

In den folgenden Jahren (bis 1959) war Geissler Mitarbeiter beim Norddeutschen Rundfunk und produzierte dort erste Rundfunk- und Fernsehsendungen. Von 1960 bis 1964 war er Redakteur der Werkhefte katholischer Laien. 1962 trat er aus der Katholischen Kirche aus. In den Jahren 1962 bis 1968 war er Mitglied des „Kuratoriums der Kampagne für Abrüstung und Ostermarsch“; von 1965 bis 1968 Redakteur der linken Literaturzeitschrift Kürbiskern. 1967 trat er in die illegale Kommunistische Partei Deutschlands ein, die er 1968 wieder verließ, da er den legalistischen Kurs der geplanten und 1968 vollzogenen Neugründung Deutsche Kommunistische Partei nicht billigte.

Grabstelle des Schriftstellers Christian Geissler auf dem Friedhof der Reformierten Kirche in Ditzumerverlaat im Rheiderland (Ostfriesland)

Ab 1969 arbeitete Geissler als Dokumentarfilmer; von 1972 bis 1974 war er Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. Ab 1973 engagierte er sich im Hamburger Komitee gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD. Bis Ende der Siebzigerjahre lebte er in Hamburg, danach an wechselnden Orten im In- und Ausland. Von 1985 bis 2004 lebte er in Ostfriesland, danach wieder in Hamburg. Er war von 1971 bis zu seinem Austritt 1976 Mitglied des PEN-Clubs und erhielt u. a. folgende Auszeichnungen: 1972 und 1973 einen Adolf-Grimme-Preis, 1988 den Irmgard-Heilmann-Preis, 1993 den Hörspielpreis der Kriegsblinden und 1999 den Niedersächsischen Kulturpreis für Literatur für sein Gesamtwerk. 2002 erhielt er die Dr. Manfred Jahrmarkt Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung von 1859. Sein Sohn Benjamin Geissler (* 1964) ist ebenfalls als Dokumentarfilmer tätig.

Porträt des Schriftstellers Christian Geissler auf seinem Grabkreuz. (Porzellanbild)

In den 80er Jahren hatte sich Geissler der antiimperialistischen Linken politisch und künstlerisch stark angenähert. Der Roman Kamalatta von 1988 war eine literarische Auseinandersetzung mit dem bewaffneten Kampf der RAF. 1989 beteiligte sich Geissler an Solidaritätsaktionen, die den Hungerstreik der Gefangenen aus der RAF begleiteten. Es ging um bessere Haftbedingungen und ein Ende der Isolierung im Gefängnis. In der Schrift "Dissonanzen der Klärung" machte Geissler auch politische Differenzen mit Teilen der Antiimperialistischen zum Gegenstand seiner literarischen Arbeit. Bis wenige Jahre vor seinem Tod verteidigte Geissler auf Podien und bei Diskussionsveranstaltungen den bewaffneten Kampf als eine Form linker Politik. Dabei zog er immer wieder historische Vergleiche. Für ihn ist die kampflose Kapitulation der Arbeiterbewegung vor dem NS-Regime das Grundtrauma mit dem er sich sowohl in der Literatur als auch in seiner politischen Arbeit immer wieder beschäftigte.

Christian Geisslers Werk, das Romane, Gedichte, politische Publizistik, Fernsehspiele und Hörspiele umfasst, dokumentiert die Entwicklung eines engagierten Autors vom linkskatholischen Gesellschaftskritiker der frühen Sechzigerjahre zum Kommunisten und Antiimperialisten, der in den 1970er Jahren einen auch sprachlich äußerst eigenwilligen Weg eingeschlagen hat. Die Veröffentlichungen der Neunzigerjahre bekräftigten mit ihrer zunehmenden Verrätselung Geisslers Stellung als die eines Außenseiters innerhalb der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

Geissler erlag einem Krebsleiden.

Der autobiografische Roman seiner Ehefrau Sabine Peters, Feuerfreund (Göttingen 2010) beschreibt – kaum verschlüsselt – das gemeinsame Zusammenleben und die Reaktion der Protagonistin auf den Tod des langjährigen Weggefährten.

Werke

  • Anfrage, Hamburg 1960
  • Das Dritte Reich mit seiner Vorgeschichte, Ebenhausen b. München 1961
  • Schlachtvieh, Hamburg 1963
  • Kalte Zeiten, Hamburg 1965
  • Wie aus Mitläufern freie Menschen werden können, Köln 1965
  • Ende der Anfrage, München 1967
  • Das Brot mit der Feile, München [u.a.] 1973
  • Wird Zeit, daß wir leben, Berlin 1976
  • Die Plage gegen den Stein, Reinbek bei Hamburg 1978
  • Im Vorfeld einer Schußverletzung, Berlin 1980
  • Spiel auf Ungeheuer, Berlin 1983
  • Kamalatta, Berlin 1988
  • Dissonanzen der Klärung, Kiel 1990
  • Prozeß im Bruch, Hamburg 1992
  • Wildwechsel mit Gleisanschluß, Hamburg 1996
  • Klopfzeichen, Hamburg 1998
  • vogel schatten kreisen kuss, gedichte, Kiel 1999
  • Ein Kind essen, Hamburg 2001

Hörspiele

  • Eine alte Frau geht nach Hause, WDR 1956
  • Es war ganz einfach Liebe, Regie: Otto Kurth, WDR 1957
  • Träumen ist billiger, Regie: Friedhelm Ortmann, WDR 1957
  • Die Kinder von Gallatin, Regie: Raoul Wolfgang Schnell, WDR 1957
  • Urlaub auf Mallorca oder Der Tod des Dr. Stein, Regie: Fritz Wilm Wallenborn, BR 1958
  • Ende der Anfrage, Regie: Hans Bernd Müller, SWR 1965
  • Jahrestag eines Mordes, Regie: Dieter Munck, SWF 1968
  • Verständigungsschwierigkeiten, Regie: Hermann Naber, SWF 1969
  • Taxi Trancoso, Regie: Hermann Naber, SWF 1993
  • Unser Boot nach Bir Ould Brini, Regie: Hermann Naber, SWR 1993 Hörspielpreis der Kriegsblinden, Hörspiel des Jahres
  • Walkman Weiß Arschloch Eins A - Hörspiel aus meinem Dorf, Regie: Hermann Naber, SWF 1994
  • Wanderwörter, Regie: Ulrich Lampen, SWR 2001
  • Zwillingsgassen, Regie: Ulrich Lampen, SWR 2003
  • Ohren Aufbohren. Monolog der Schurkenfrau, Regie: Ulrich Lampen, SWR 2011

Herausgeberschaft

  • Das Dritte Reich, München 1968

Literatur

  • Sven Kramer: Die Subversion der Literatur, Stuttgart 1996
  • Thomas Hoeps: Arbeit am Widerspruch. 'Terrorismus' in deutschen Romanen und Erzählungen (1837–1992)., Dresden 2001, ISBN 3-933592-24-0.
  • Div.: „Vorwärts & Wohin?“ Oder: Literatur als Grenzüberschreitung / Vom Schreiben an Erfahrungsgrenzen. die horen, 43. Jg. (1998), H. 192. (Mit zahlreichen Texten von und über Christian Geissler / zum 70. Geburtstag des Autors)
  • Egbert-Hans Müller: "Laudatio auf Christian Geissler in Dokumentation 2003 der Deutschen Schillerstiftung von 1859" (ISBN 3-931548-40-6)

Weblinks


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