Sophie Templer-Kuh

Sophie Templer-Kuh

Sophie Templer-Kuh (* 23. November 1916 in Wien) ist eine Tochter des Psychoanalytikers und Anarchisten Otto Gross und Ehrenvorsitzende der Internationalen Otto Gross Gesellschaft e.V.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sophie Templer-Kuh ist eine uneheliche Tochter des Psychoanalytikers Otto Gross und seiner Geliebten Marianne Kuh (1894-1948), einer Schwester des Wiener Journalisten und Kaffeehausliteraten Anton Kuh; damit auch Enkelin des Kriminologen Hans Gross.

Von Februar 1920 bis 1924 wuchs Sophie Kuh bei Pflegeeltern in Dänemark auf. Als ihre Mutter den Schriftsteller Alexander Solomonica geheiratet hatte, holte sie ihre Tochter nach Berlin, wo die Familie in der Nähe des Romanischen Cafés wohnte, in dem auch ihr Onkel Anton Kuh verkehrte. Das Kind blieb in dem Glauben, Alexander Solomonica sei ihr Vater. Während ihrer Berliner Zeit war Sophie Kuh mit dem älteren John Graudenz befreundet. Schon 1933 emigrierte sie wegen ihrer jüdischen Abstammung mütterlicherseits nach Wien und 1939 nach London. Im Zweiten Weltkrieg arbeitet sie in der britischen Armee. 1946 heirateten Sophie Kuh und Simon Templer. Das Ehepaar hat zwei Kinder: Tochter Anita (* 1946) und Sohn Anthony (* 1954). 1960 kehrte Sophie Templer-Kuh – gemeinsam mit ihrer Familie − das erste Mal nach Deutschland zurück. Nach der Scheidung siedelte sie 1963 in die USA. 1985 kehrte sie ein zweites Mal nach Österreich und Deutschland zurück. Am 24. Mai 2011 hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter - Landesverband Brandenburg - Sophie Templer-Kuh die Ehrenmitgliedschaft verliehen.[1]

Zitate

Franz Kafka begegnete während einer nächtlichen Bahnfahrt von Budapest nach Prag im Juli 1917 Otto Gross, der sich in der Begleitung von Marianne Kuh, Sophie Kuh als Säugling und Anton Kuh befand. An Milena Jesenská schreibt Kafka in einem Brief, für den die Herausgeber das Datum 25. Juni 1920 und den Ort Meran angeben:

"Otto Gross habe ich kaum gekannt; daß hier aber etwas Wesentliches war das wenigstens die Hand aus dem >Lächerlichen< hinausstreckte, habe ich gemerkt. Die ratlose Stimmung seiner Freunde und Verwandten (Frau, Schwager, selbst noch der rätselhaft schweigende Säugling zwischen den Reisetaschen – er sollte nicht aus dem Bett fallen, wenn er allein war – der schwarzen Kaffee trank, Obst aß, alles aß, was man wollte) erinnerte in etwas an die Stimmung der Anhänger Christi, als sie unter dem Angenagelten standen." [2]

In seinem Roman Barbara oder die Frömmigkeit beschreibt Franz Werfel eine Szene, die ebenfalls auf Sophie Kuh als Kind bezogen wird:

"Der Grund aber, warum Ferdinand, diesen Unterschlupf schon nach drei Tagen verließ und irgendwo ein enges Zimmer mietete, war nicht allein der Schmutz, die Überfülle und der Lärm - der Grund war das Kind. Ja, der quäkende Organismus, der unbeaufsichtigt in einem Wäschekorb auf dem Tische lag, während daneben die verschlungenen Wege des Eros erörtert wurden, war ein Kind." [3]

Filmdokumentation

Mit einer finanziellen Förderung des Filmfonds Wien hat Sandra Löhr 2008 den Dokumentarfilm Die Vatersucherin gedreht. In einer Synopsis heißt es:

"Der Film zeigt die 88-jährige Jüdin Sophie Templer-Kuh bei der Suche nach ihrem österreichischen Vater, dem Anarchisten und Psychoanalytiker Otto Gross. Sie begibt sich dabei direkt in die Anfangsjahre der Moderne: in das Wien der zehner und zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Suche nach ihrer verlorenen (Familien)Geschichte ist der fremde Blick einer Emigrantin auf Europa, die nach und nach begreift, wie sehr ihr Vater etwas mit den heutigen Werten einer liberalen, selbstbestimmten und individualistischen Gesellschaft zu tun hat." [4]

Anläßlich des 7. Internationalen Otto-Gross-Kongresses wurde der Dokumentarfilm in Dresden am 3. Oktober 2008 - im Beisein der Protagonistin - dem Kongresspublikum gezeigt.

Weblink

Quellen

Einzelnachweise

  1. Ehrenmitgliedschaft auf BDK.de
  2. Jürgen Born u. Michael Müller (Hrsg.): Franz Kafka. Briefe an Milena. Fischer, Frankfurt 1983, S. 78f. (Hinweis der Otto-Gross-Gesellschaft vom 28. August 2009.)
  3. Franz Werfel: Barbara oder die Frömmigkeit. Zsolnay, Berlin/Wien/Leipzig 1929, S. 466-468. (Hinweis der Otto-Gross-Gesellschaft vom 28. August 2009.)
  4. Sandra Löhr: Die Vatersucherin.

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