Franz Werfel

Franz Werfel
Franz Werfel, fotografiert von Carl van Vechten

Franz Viktor Werfel (* 10. September 1890 in Prag; † 26. August 1945 in Beverly Hills, Kalifornien) war ein österreichisch-US-amerikanischer Schriftsteller. Er war ein Wortführer des Expressionismus. In den 1920er und 1930er Jahren waren seine Bücher Bestseller. Seine Popularität beruht vor allem auf seinen erzählenden Werken und Theaterstücken, über die aber Werfel selbst seine Lyrik setzte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz Werfel wurde 1890 in Prag als Sohn des wohlhabenden Handschuhfabrikanten Rudolf Werfel und dessen Frau Albine, geb. Kussi, geboren. Die Familie gehörte dem deutschböhmischen Judentum an. Die Frömmigkeit seiner tschechischen Kinderfrau, der Besuch der Privatvolksschule der Piaristen und die barocke Katholizität seiner Heimatstadt prägten den jungen Werfel. Seine Reifeprüfung legte Werfel 1909 am Deutschen Gymnasium Stefansgasse in Prag ab. Schon während seiner Schulzeit veröffentlichte er Gedichte.

Mit den Schriftstellern Willy Haas, Ernst Deutsch, Max Brod und Franz Kafka sowie mit dem Literaturagenten Ernst Polak, seinem ehemaligen Mitschüler, war Werfel ein Leben lang befreundet.

Volontär und Lektor

1910 absolvierte Werfel ein Volontariat bei einer Hamburger Speditionsfirma. Zwischen 1911 und 1912 leistete er Militärdienst auf dem Prager Hradschin. Von 1912 bis 1915 war er Lektor beim Kurt-Wolff-Verlag in Leipzig. Unter seiner Mitverantwortung erschien die expressionistische Schriftenreihe Der jüngste Tag. Werfel begegnete Rainer Maria Rilke und schloss Freundschaft mit Walter Hasenclever und Karl Kraus, mit dem er sich später überwarf. Er publizierte u. a. auch in der ungarischen deutschsprachigen Zeitung Pester Lloyd.

Erster Weltkrieg

Zwischen 1915 und 1917 diente Werfel an der ostgalizischen Front. 1917 wurde er ins Wiener Kriegspressequartier versetzt.

Wohnung in Sanary-sur-Mer
Interessante Spuren des letzten Arztes Franz Werfels [1]
Franz-Werfel-Denkmal von Ohan Petrosjan gestaltet im Schillerpark in Wien

Alma Mahler

Werfel lebte die folgenden zwei Jahrzehnte in Wien und schloss hier Freundschaft mit Alma Mahler, der Witwe Gustav Mahlers und der Ehefrau von Walter Gropius. Unter Almas Einfluss zog er sich weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück, ging aber oft auf Reisen, so z. B. nach Breitenstein am Semmering, Santa Margherita Ligure und nach Venedig. Während einer Nahostreise Ende der zwanziger Jahre traf er in einem Waisenhaus in Syrien Überlebende des Völkermordes an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges. Diese Begegnung inspiriert ihn zu seinem Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh, in dem das Schicksal von etwa 5000 Armeniern geschildert wird, die sich vor den Jungtürken auf den Berg Musa Dağı geflüchtet hatten.

1918 brachte Alma, noch während ihrer Ehe mit Walter Gropius, Werfels mutmaßlichen Sohn Martin Carl Johannes zur Welt, der 1919 verstarb. Am 7. August 1929 heiratete Werfel Alma Mahler, die 1920 von Gropius geschieden worden war. Friedrich Torberg beschreibt sie in Die Erben der Tante Jolesch als „Frau von gewaltigem Kunstverstand und Kunstinstinkt. Wenn sie von jemandes Talent überzeugt war, ließ sie für dessen Inhaber – mit einer oft an Brutalität grenzenden Energie – gar keinen anderen Weg mehr offen als den der Erfüllung“.[2] Am Höhepunkt seiner amerikanischen Bestsellererfolge sagte Franz Werfel zu seinem Freund Friedrich Torberg: „Wenn ich die Alma nicht getroffen hätte – ich hätte noch hundert Gedichte geschrieben und wäre selig verkommen...“ Laut Torberg hatte Werfel „oft und oft davon gesprochen, wie unvorstellbar ein Leben ohne Alma für ihn gewesen wäre“.

1935 starb seine an Kinderlähmung erkrankte Stieftochter Manon Gropius.

Emigration

Nach dem „Anschluss“ Österreichs ließ sich Werfel, der sich schon im Winter 1937/1938 mit seiner Frau im Ausland aufgehalten hatte und nach dem Anschluss nicht mehr zurückkehrte, mit Alma in Sanary-sur-Mer in Südfrankreich nieder, wo auch andere Emigranten lebten. 1940, als die Wehrmacht große Teile Frankreichs besetzte, fand er Zuflucht in Lourdes, und Werfel gelobte, falls er gerettet würde, ein Buch über die heilige Bernadette zu schreiben. Zu Fuß überquerte er mit seiner Frau Alma, Heinrich, Nelly und Golo Mann die Pyrenäen nach Spanien. Das Ehepaar erreichte von dort Portugal und emigrierte in die USA, nach Beverly Hills und Santa Barbara. Werfel erhielt 1941 die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1943 wurde sein Roman Das Lied von Bernadette mit Jennifer Jones in der Titelrolle mit großem Erfolg verfilmt.

Werfels Ehrengrab

Tod

1943 verschlimmerte sich Werfels Angina Pectoris, und er erlitt zwei Herzanfälle. 1945 starb Werfel im Alter von 54 Jahren an einem Herzinfarkt. Er wurde in Beverly Hills auf dem Rosedale Cemetery begraben und hat seit 1975 ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 C, Nummer 39).

Namensgebung

Der vom Zentrum gegen Vertreibungen ausgelobte Franz-Werfel-Menschenrechtspreis ist nach Werfel benannt.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Lyrik

  • 1911 Der Weltfreund (Gedichte)
  • 1913 Wir sind (Gedichte)
  • 1915 Einander - Oden, Lieder, Gestalten
  • 1917 Gesänge aus den drei Reichen (ausgew. Ged.)
  • 1919 Der Gerichtstag (Gedichte)
  • 1923 Beschwörungen (Gedichte)
  • 1928 Neue Gedichte

Romane

Erzählungen und Novellen

  • 1920 Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig
  • 1927 Der Tod des Kleinbürgers
  • 1927 Geheimnis eines Menschen (Novellen)
  • 1931 Kleine Verhältnisse
  • 1933 Das Trauerhaus In: Novellen deutscher Dichter der Gegenwart. Hrsg. von Hermann Kesten bei: Allert de Lange, Amsterdam, 1957 bei Piper München / Zürich.
  • 1939 Weißenstein, der Weltverbesserer
  • 1941 Eine blaßblaue Frauenschrift, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1955; als Fischer Taschenbuch 1990, ISBN 3-596-29308-1, 1984 verfilmt von Axel Corti
  • 1943 Géza de Varsany

Dramen

  • 1911 Der Besuch aus dem Elysium (Einakter)
  • 1912 Die Versuchung
  • 1914 Die Troerinnen des Euripides
  • 1919 Mittagsgöttin (Zauberspiel)
  • 1920 Spiegelmensch („magische Verstrilogie“), auf Einladung von Max Reinhardt April 1920 in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt
  • 1921 Bocksgesang (Tragödie)
  • 1922 Schweiger (Trauerspiel)
  • 1925 Juarez und Maximilian („dramatische Historie“)
  • 1926 Paulus unter den Juden („dramatische Legende“)
  • 1930 Das Reich Gottes in Böhmen („Tragödie eines Führers“)
  • 1936 Der Weg der Verheißung (Bibelspiel; 1937 Vertonung: Kurt Weill: The Eternal Road)
  • 1937 In einer Nacht
  • 1944 Jacobowsky und der Oberst („Komödie einer Tragödie“)

Libretti

  • Die Zwingburg. Szenische Kantate (zusammen mit Fritz Demuth). Musik (1922): Ernst Krenek. UA 1924, Berlin
  • Maximilien. Historische Oper (mit Rudolf Stephan Hoffmann und Armand Lunel). Musik (1930/31): Darius Milhaud. UA 1932
  • Der Weg der Verheißung. Bibeldrama mit Musik. Musik: Kurt Weill (1934/35; Fragment). – Neufassung (1935/36): The Eternal Road. Musik: Kurt Weill. UA 1937

Essays

  • Unser Weg geht weiter , in Aufbau Jahrg.6 (1940), Ausg.52, S.1+2 online lesen Eine kurze Analyse des aktuellen Antisemitismus: Israel schenkte der Welt einen Gott, der den naturhaften Menschen überfordert, dieser wehrt sich durch Feindschaft gegen die Träger des Gottesgeistes... Nachdruck in Ausg. 12/2008 & 1/2009
    Auch die Situation 1942 deutete er nicht anders als schon 1930: „Ein Religionskrieg“ (in Aufbau 8.5 S.13)
  • Weitere 125 Fundstellen in digitalisierter Exil-Presse

Ein Versuch über das Kaisertum Österreich, Schlußzitat: „Der noch in alten Reich geborene Österreicher hat keine Heimat mehr.“

Veröffentlichungen (postum)

  • 1946 Gedichte aus den Jahren 1908 bis 1945
  • 1946 Stern der Ungeborenen (Roman)
  • 1946 Zwischen Oben und Unten (Sammlung von Essays)
  • 1952 (1938/39 entstanden) Cella oder die Überwinder (Romanfragment)

Gesamtausgaben

  • 1948–67 Gesammelte Werke in Einzelbänden Hg. Adolf D. Klarmann, Frankfurt
  • 1989–93 Gesammelte Werke in Einzelbänden Hg. Knut Beck, Frankfurt

Dokumente

  • Karl Kraus – Franz Werfel. Eine Dokumentation. Zusammengestellt und dokumentiert von Christian Wagenknecht und Eva Willms, (Reihe Bibliothek Janowitz, hg. von Friedrich Pfäfflin), Wallstein, Göttingen 2011. ISBN 978-3-8353-0983-8

Verfilmungen

50. Todestag von Franz Werfel: deutsche Briefmarke von 1995

Hörspiele

Literatur

  • Norbert Abels: Franz Werfel. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 2. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1993. (= Rowohlts Monographien; 472) ISBN 3-499-50472-3
  • Auckenthaler, Karlheinz (Hrsgb.) Franz Werfel: Neue Aspekte seines Werkes. Szeged: 1992
  • Frank Joachim Eggers: „Ich bin ein Katholik mit jüdischem Gehirn“. Modernitätskritik und Religion bei Joseph Roth und Franz Werfel. Untersuchungen zu den erzählerischen Werken. Frankfurt am Main u. a.: Lang 1996. (= Beiträge zur Literatur und Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts; 13) ISBN 3-631-48649-9
  • Lore B. Foltin: Franz Werfel. Stuttgart: Metzler 1972. (= Sammlung Metzler; 115; Abt. D) ISBN 3-476-10115-0
  • Volker Hartmann: Religiosität als Intertextualität. Studien zum Problem der literarischen Typologie im Werk Franz Werfels. Tübingen: Narr 1998. (= Mannheimer Beiträge zur Sprach- und Literaturwissenschaft; 40) ISBN 3-8233-5640-2 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  • Jugend in Böhmen. Franz Werfel und die tschechische Kultur - eine literarische Spurensuche. Beiträge des internationalen Symposions in Budweis (Ceské Budejovice) vom 12. bis 15. März 1998, hrsg. v. Michael Schwidtal u. Václav Bok. Wien: Ed. Praesens 2001. ISBN 3-7069-0102-1
  • Peter Stephan Jungk: Franz Werfel. Eine Lebensgeschichte. Frankfurt am Main: Fischer 2001. ISBN 3-596-14975-4
  • Wolfgang Klaghofer: Mensch und Gott im Schatten. Franz Kafka und Franz Werfel - Konturen des Exodus. Bern u. a.: Lang 2000. (= Bohemia; 2) ISBN 3-906764-40-0
  • Hendrikje Mautner: Aus Kitsch wird Kunst. Zur Bedeutung Franz Werfels für die deutsche Verdi-Renaissance. Schliengen: Ed. Argus 2000. (= Sonus; 6) ISBN 3-931264-09-2
  • Wolfgang Paulsen: Franz Werfel. Sein Weg in den Roman. Tübingen u. a.: Francke 1995. ISBN 3-7720-2147-6
  • Michaela Ronzoni: 610 Bedford Drive - Ein Bühnenstück - Thomas Sessler Verlag/Wien 1997
  • Klaus Schuhmann: Walter Hasenclever, Kurt Pinthus und Franz Werfel im Leipziger Kurt-Wolff-Verlag (1913-1919). Ein verlags- und literaturgeschichtlicher Exkurs ins expressionistische Jahrzehnt. Leipzig: Leipziger Universitäts-Verlag 2000. (= Leipzig - Geschichte und Kultur; 1) ISBN 3-934565-83-2
  • Erich Sporis: Franz Werfels politische Weltvorstellung. Frankfurt am Main u. a.: Lang 2000. (= Aspekte pädagogischer Innovation; 25) ISBN 3-631-37089-X
  • Hans Wagener : Von Weißstrümpfen und Motormenschen - Franz Werfel und der National(sozial)ismus in : Literatur und politische Aktualität, Amsterdam 1993 - Seite 326-46 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  • Alfons Weber: Problemkonstanz und Identität. Sozialpsychologische Studien zu Franz Werfels Biographie und Werk - unter besonderer Berücksichtigung der Exilerzählungen. Frankfurt am Main u. a.: Lang 1990. (= Studien zur deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts; 8) ISBN 3-631-40648-7
  • Franz Werfel im Exil (International Franz Werfel Conference, Los Angeles, Oct. 1990), Wolfgang Nehring (Hrsg.). Bonn u. a.: Bouvier 1992. (= Studien zur Literatur der Moderne; 22) ISBN 3-416-02329-3
  • Klaus-Gunther Wesseling: WERFEL, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 13, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-072-7, Sp. 786–832.

Weblinks

 Commons: Franz Werfel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Deckblatt der Entschädigungsakte zum Gerichtsverfahren, das die Zerstörung der Wandbilder Ernst Ludwig Kirchners im ehemaligen Sanatorium Dr. Kohnstamm während der NS-Zeit zum Gegenstand hatte. Der auf Entschädigung klagende Arzt, der hier genannt wird – Dr. Bernhard Spinak (Warschau 1884 - Luzern 1963) - war „lange Zeit bis zu dessen Tod der ständige Betreuer des berühmten Schriftstellers Franz Werfel. Alma Mahler-Werfel spricht in ihrer Biografie (1960) mit dankbarer Herzlichkeit von Spinak“. Der andere auf dem Papier genannte Kläger - mit amerikanisiertem Namen „Clarnce C. Franklin - war der Bruder des Piloten Wilhelm Frankl. Aus: Walther Amelung: Es sei wie es wolle, es war doch so schön - Lebenserinnerungen als Zeitgeschichte. Frankfurt (Main), 1984, ISBN 978-3980095105
  2. Friedrich Torberg: Die Erben der Tante Jolesch: Anhang: Nachrufe: Ein Denkmal ihrer selbst. In: Friedrich Torberg: Die Tante Jolesch und Die Erben der Tante Jolesch (Doppelband), Verlag Langen/Müller, München 2008, ISBN 978-3-7844-3139-0, S. 643f.

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