Stadioner Hof

Stadioner Hof
Der Stadioner Hof in Mainz

Der Stadioner Hof ist ein Adelspalais in Mainz. Ursprünglich wurde er als Mainzer Wohnsitz für die Adelsfamilie von Rollingen, ein luxemburgisches Dynastengeschlecht, erbaut und wurde daher auch Rollingscher Hof genannt. Für den Entwurf war der Kavaliersarchitekt und Geheime Kurmainzische Hofrat Anselm Franz von Ritter zu Groenesteyn verantwortlich. Der Bauherr war der Geheime Hofrat Lothar Friedrich von Rollingen, Herr von Dalenbroich und Koerich, Erbmarschall des Herzogtums Luxemburg und der Grafschaft Chiny .[1] Lothar Friedrich von Rollingen wurde seinerzeit die Realfreiheit, das heißt Freiheit von allen Kommunallasten als Schatzung, Einquartierung und Service gewährt.[2] Der Baubeginn erfolgte im Jahr 1728, fertiggestellt wurde das Bauwerk 1733. Anton Heinrich Friedrich von Stadion ersteigerte das Gebäude im Jahre 1737. Nach dem Eigentümerwechsel kam es zur Umbenennung in Stadioner Hof.[3]

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Allianzwappen Stadion-Sickingen
Mittelrisalit
Treppenhaus, Aufnahme von Ernst Neeb

Aufgrund der Studienreisen zu Groenesteyns nach Frankreich und seiner dortigen Ausbildung, prägte zu Groenesteyn in Mainz den französisch klassizistischen Stil und adaptierte die Idee des französischen Hôtel particulier. Dieser ersetzte spätestens ab der Mitte des 18. Jahrhunderts den bis dahin in Mainz vorherrschenden italienisch-österreichisch sowie mainfränkisch-mittelrheinisch geprägten Barockstil.[4]

Der Bau entstand im ersten, nach barocken Gesichtspunkten geschaffenen Stadtquartier, dem Bleichenviertel. Mit den drei neuen Straßenzügen Große Bleiche, Mittlere Bleiche und Hintere Bleiche entstand dieses Viertel auf schachbrettartigem Grundriss und wurde mit breit angelegten Straßen versehen, wovon die Große Bleiche die Prachtstraße wurde.

Der heute noch bestehende Corps de Logis ist schlicht und zurückhaltend konzipiert, typisch für die Stilrichtung des französischen Klassizismus. Im Dreiecksgiebel des Mittelrisalits befindet sich das Allianzwappen Stadion-Sickingen, über diesem die Rangkrone eines Grafen mit ihren 9 Zinken. Der Balkon des Mittelrisalits wird von 6 reich verzierten Konsolen getragen. Die beiden äußeren Konsolen sind mit Löwenfellen drapiert, auf den inneren Konsolen, rechts und links vom Schlussstein der Eingangstür waren ursprünglich je zweimal wiederkehrend die verschlungenen Initialen „vR“ (von Rollingen) und „vt“ (von Thüngen für seine Ehefrau) zu sehen. Die mit weiblichen Masken verzierten drei Schlusssteine der unter dem Balkon liegenden Tür und der Fenster dienen gleichzeitig als Minaturkonsolen für den Balkon. Das geschwungene schmiede eiserne Gitter des Balkons war ursprünglich ebenfalls mit einem Wappenschild derer von Stadion versehen. Die Verzierung der Schlusssteine der mit Kreisbogen abschließenden drei zu dem Balkon führenden Fenster und Türe bilden Frauenköpfe, die mit Blumen- und Akanthusranken versehen sind. Treppenhaus und Säle waren mit reichen Stuckverziehrungen versehen, die an die Arbeiten des im vergleichbaren Zeitraum entstandenen Deutschhauses erinnern.

Die ursprünglich vorhandenen beiden Seitenflügel des Palais, wie auch der Ehrenhof sind heute nicht mehr erhalten. Das repräsentative barocke Treppenhaus im Inneren des Gebäudes wurde 1927 beseitigt.[5]

Der Bau ist im Kontext zur Gruppe anderer barocker Adelspalais wie dem Schönborner Hof, dem Bassenheimer Hof und dem Osteiner Hof rund um den Schillerplatz zu sehen.

Geschichte

Die Familie Stadion-Thannhausen besaß das Gebäude bis 1787.[6] Nach dem Ende des Kurstaates siedelte bereits am 11. Januar 1798 der französische Generalkommissar für die vier linksrheinischen Departements François Joseph Rudler aus Bonn nach Manz über und requirierte den Stadioner Hof. Während der folgenden vier Jahre gliederte er von hier aus die eroberten Gebiete in Départements und Kantone. Er stellte eine völlig neue Verwaltung auf, die auf der Übernahme französischen Rechts beruhte. Als Hauptort des Département du Mont-Tonnerre hatte Mayence ein Zivil-, ein Zuchtpolizei- und ein peinliches Gericht, dem der Stadioner Hof von 1802 bis 1814 als französischer Justizpalast diente.

Danach zogen zwischen 1816 und 1890 die jeweiligen Vize-Militärgouverneure der Festung Mainz ein, das Gebäude diente als Kommandantur.[7] Später ging es wieder in Privatbesitz über. Während der Luftangriffe auf Mainz im zweiten Weltkrieg, wurde der Hof erheblich beschädigt, ab 1949 ließ ihn die französische Besatzungsmacht unter Wahrung der Barock-Fassade wiederaufbauen. Bis auf die historischen Fassaden, welche unter erheblichem Aufwand gesichert werden mussten, konnten große historische Teile nicht gerettet werden und mussten völlig neu entstehen. Das Gebäude beherbergt heute eine Filiale der Dresdner Bank. Die Wiederherstellung der Fassaden mit ihrer ursprünglichen Farbgebung fand zu Beginn der 1990er Jahre statt.

Literatur

  • Rolf Dörrlamm, Susanne Feick, Hartmut Fischer, Hans Kersting: Mainzer Zeitzeugen aus Stein. Baustile erzählen 1000 Jahre Geschichte. Verlag Hermann Schmidt, Mainz, 2001, ISBN 3-87439-525-1

Einzelnachweise

  1. Annales des Institut archéologique du Luxemburg
  2. Ernst Neeb: Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Stadt Mainz, Mainz, H. Prickarts, 1905, S. 23
  3. Der Stadioner Hof in Mainz Photos schöner alter Wappen Nr. 298 von Bernhard Peter
  4. Wolfgang Balzer: Mainz : Persönlichkeiten der Stadtgeschichte. Band 3, S. 180, Kapitel: Anselm Franz von Ritter zu Groenesteyn.
  5. Marlene Hübel: Über all dem der Dom… Literarische Stadtansichten von Mainz , in Hrsg.: Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz: Mainz - Die Geschichte der Stadt. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1998 (Erstauflage).
  6. Alfred Börckel: Mainz als Festung und Garnison von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Verlag von J. Diemer, Mainz 1913 (S. 190).
  7. Die Bebauung der Mainzer Bleichen auf festung-mainz.de
50.000948.264798

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