Theodor Heinrich Mayer

Theodor Heinrich Mayer

Theodor Heinrich Mayer (* 27. Februar 1884 in Wien; † 3. November 1949 ebenda) war ein österreichischer Schriftsteller und Apotheker.

Leben

Er wurde als Sohn eines Apothekers in Wien geboren und trat als junger Mann in dessen Fußstapfen. Er studierte Pharmazie und Chemie an der Universität Wien und promovierte 1910. Schon ab dem Jahr 1908 arbeitete er in der väterlichen Apotheke „Zum heiligen Karl“ in Wien-Landstraße, deren Leitung er 1914 übernahm.[1] Er sah diese Tätigkeit jedoch mehr als Brotberuf, sein eigentliches Interesse galt der Literatur. Schön früh verkehrte er in literarischen Kreisen der damaligen Kaiserstadt. Mit dem Schriftsteller Anton Wildgans verband ihn seit der Jugend eine enge Freundschaft. Mit diesem und anderen Künstler- und Literatenfreunde verbrachte er nicht nur regelmäßig die Sommerfrische in Steinhaus am Semmering, Mayer war es auch der Wildgans zum Schreiben ermutigte und ihm gemeinsam mit Arthur Trebitsch die Veröffentlichung seines ersten Gedichtbandes „Vom Wege“ im Jahr 1902/1903 finanzierte.

Neben der Literatur begeisterte sich Mayer für die Technik. Er zählte zu den ersten Automobilisten seiner Zeit und war um die Jahrhundertwende ein eifrigen Photograph. Der technischen Fortschritt und dessen Auswirkung auf das Leben der Menschen, den er in seinen Texten durchaus kritisch und von den Ideen der Soziologie und der noch jungen Psychologie beeinflusst untersuchte, wurden damals zum Hauptthema seines Schreibens.[2] Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs veröffentlichte er 1915 den Erzählband „Von Menschen und Maschinen“. In der dort enthaltenen Novelle „Ordonanzfahrt“ beschreibt er euphorisch die Kriegsabenteuer im k.u.k. Automobilcorps und stilisiert das Auto zum technischen Kameraden des Soldaten.[3] Später, durch die Dauer des Krieges und dessen Ausgang ernüchtert, wandte sich Theodor Heinrich Mayer erst exotischen Themen zu, etwa in dem Roman Rapanui - Der Untergang einer Welt von 1923, einer erotischen Fabel über die Osterinsel. Später widmete er sich dem historischen Roman, wobei die letzten Jahrzehnte der Habsburgermonarchie einen Schwerpunkt bildeten. Er verfasste mehrere Romane über große Persönlichkeiten dieser vergangen Epoche, so etwa über den Eisbahnpionier Carl von Ghega (Die Bahn über den Berg, 1928), Minister Karl Ludwig von Bruck (Minister Bruck, 1929) und General Ludwig von Benedek (Königgrätz, 1931). Im Jahr 1935 veröffentlichte er mitten in der Weltwirtschaftskrise den historischen Roman „Geld ... Geld!“, der in Wien zur Zeit des Gründerkrachs 1873 spielt und eine mit viel Lokalkolorit ausgeschmückte Kritik am Finanzkapitalismus zeichnet.

Im Jahr 1924 hatte Theodor Heinrich Mayer die ererbte Apotheke verkauft um sich ganz der Literatur zu widmen. Von nun lebte er als freie Schriftsteller und erreichte mit seinen Romanen in Österreich Bekanntheit. Politisch war Mayer in dieser Zeit bürgerlich-liberal und befürwortete wie vieler seiner Zeitgenossen einen Anschluss Österreichs an Deutschland. Nach der dortigen Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 näherte er sich aber mehr und mehr der Position der katholisch-konservativen Vaterländischen Front an. In der Zeit des Kanzlers Schuschnigg wurde Mayer unter anderen in die Jury mehrerer staatlicher Literaturpreise bestellt.[4][5] Nach dem Anschluss Österreichs 1938 musste er jedoch seine schriftstellerische Karriere beenden, da er wegen der Mitgliedschaft in der Freimaurerloge „Mozart“ nicht in die Reichsschrifttumskammer aufgenommen wurde, was einem Publikationsverbot gleichkam.[6] So kehrte er 1939 in seinen erlernten Beruf zurück und wurde wieder Apotheker, ab 1945 als Leiter der ehemals eigenen Apotheke im 3. Wiener Gemeindebezirk.

Nach dem Krieg begann er wieder zu schreiben und veröffentlichte noch einige Novellen und Romane, meist mit der nun wieder politisch genehmen Betonung der österreichischen Heimat als Thema. 1949 starb er in seiner Heimatstadt Wien. Sein Nachlass an Manuskripten, Filmskizzen und Theateraufsätzen wurde 1975 der Österreichischen Nationalbibliothek übergeben.[7]

Romane

  • Typhus (1920)
  • Prokop der Schneider (1922)
  • Rapanui - Der Untergang einer Welt (1923)
  • Cyprian der Abenteurer (1924)
  • David findet Abissag (1925)
  • Der große Stiefel (1926)
  • Die letzten Bürger (1927)
  • Die Bahn über den Berg (1928)
  • Minister Bruck: Das Buch vom Anschluß Österreichs, wie er vor siebzig Jahren hätte sein können und auch heute noch sein kann (1929)
  • Königgrätz (1931)
  • Clown der Welt: Ein Film-Roman (1931)
  • Deutscher im Osten (1932)
  • Geld ... Geld! (1935)
  • Der Adjutant des Prinzen (1937)
  • Sudeten (1938)
  • Menschenland (1946)
  • Im ewigen Eis (1949)

Einzelnachweise

  1. Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950: Theodor Heinrich Mayer
  2. Gerhard Ringhofer: „In diesem großen Traurigsein, das Leben heißt“, Der Widerspruch als bestimmendes Moment in Leben und Werk von Anton Wildgans; Diplomarbeit, Wien, Oktober 2008 (PDF)
  3. Dorit Müller: Gefährliche Fahrten: das Automobil in Literatur und Film um 1900, Königshausen & Neumann, 2004 ISBN 9783826026720, S. 147
  4. Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938: Ralph A. Höger-Verlag
  5. Wissenschaftliche Kommission zur Erforschung der Republik Österreich: Geistiges Leben im Österreich der Ersten Republik, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1986, ISBN 9783486537314, S. 339
  6. Marcus G. Patka: Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus: Treue und Verrat, Böhlau Verlag Wien, 2010 ISBN 9783205785460, S. 71
  7. Murray G. Hall, Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren, Böhlau Verlag Wien, 1995, ISBN 9783205983712, S. 224

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