- Sommerfrische
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Das Wort Sommerfrische bezeichnet sowohl die jahreszeitliche Übersiedlung aus der Stadt auf das Land als auch den Zielort.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Ausdruck „Sommerfrische“ hat sich im 19. Jahrhundert verbreitet, heute ist er veraltend. Im Wörterbuch der Brüder Grimm wird der Begriff definiert als „Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Lande zur Sommerzeit“ oder „Landlust der Städter im Sommer“.[1]
Das Übersiedeln vom Quartier in der Stadt auf den Landsitz ist schon beim Adel in der Antike üblich gewesen. Die Gründe sind anfangs primär wirtschaftlich, der Adel hatte im Sommer den landwirtschaftlichen Betrieb zu betreuen, der die wirtschaftliche Basis seiner Herrschaft bildete. „Urlaubs“-Zeit war dann im Winter, wo die Landwirtschaft ruht, man konnte in die Stadt übersiedeln und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Daneben schätzte man aber auch, den im Sommer bedenklichen hygienischen Bedingungen der Stadt entkommen zu können.
Während der mittelalterliche Adel Europas eher aus politischer Notwendigkeit heraus zwischen verschiedenen befestigten Ansitzen wechselt, wird mit dem Aufblühen der Städte seit der beginnenden Neuzeit (Renaissance) in Kreisen der Aristokratie der saisonelle Wechsel von Stadtpalais (Winterschloss) in das Sommerschloss wieder üblich. Ab der Industrialisierung geht der Brauch auf das gehobene Bürgertum über.
Das Wort selbst soll dem Italienischen entstammen, venetianisch spricht man, dass „der einzige zweck des spaziergangs zu sein scheint, frische und kühlung zu suchen. sie sagen nicht 'spazieren gehen', sondern 'prendere il fresco' (kühlung nehmen)“.[1] Für das Deutsche ist frühe Verwendung aus dem Bozener Raum überliefert, wo die Bürger aus dem heißen Talkessel in die kühlen Sommerwohnungen des Mittelgebirges auf dem Ritten und nach St. Konstantin bei Völs am Schlern zogen:
- „frisch(e), f. ebenda, das in diesem sinne schon aus dem 17.
jahrh. bezeugt ist: wo die statt Bozen ire refrigeria oder frischen halten.“[1]
Ab dem 19. Jahrhunderts wird Europa durch die Eisenbahn erschlossen, das früher aufwändige, unbequeme und auch gefährliche Übersiedeln des gesamten Hausstandes wird zur Erholungsreise. Damit war ab Mitte des 19. Jh. die Sommerfrische fester Bestandteil des Sommerlebens der Aristokratie und des wohlhabenden Bürgertums. Wer sich keinen eigenen Sommersitz leisten konnte, quartierte sich in Gasthäusern und dann zunehmend Privatquartieren ein. So sind Sommerfrische und der beginnende Tourismus eng miteinander verbunden, zur Unterkunft kommen dann auch die örtlichen Unterhaltungsangebote für die Sommerfrischler (Sommergäste), wie das vorher unbekannte Freibaden an Seen, Wandern oder Bergsteigen.
Ludwig Steub, der „Entdecker“ Tirols für den deutschen Norden, verwendete den Ausdruck in seinen Büchern und förderte so seine Popularisierung.
Österreichische Sommerfrischen
Bekannte österreichische Sommerfrischen der Jahrhundertwende und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren das Salzkammergut, die Region um Semmering und Rax, das oststeirische Joglland, der Wienerwald und das Kamptal als Wiener Naherholungsräume, die Regionen, die teilweise noch heute Zentren des Sommertourismus sind. Die Gebiete wurden durch die Südbahn (ab 1838), die Semmeringbahn (1854), die Westbahn (1858), die Kamptalbahn, die Salzkammergutbahn (1869) und die Salzkammergut Lokalbahn (1893) erschlossen. In der Gründerzeit kommen die wichtigen Badeorte, wie Bad Gastein, Bad Fusch oder das Steirische Thermenland hinzu. Der zentrale Alpenraum wird erst mit der Automobilisierung des einsetzenden 20. Jahrhundert erschlossen.
Literatur
- Erich Bernard u.a. (Hg.): Der Attersee. Die Kultur der Sommerfrische - Kultur- und Naturlandschaft, Wien 2008. ISBN 978-3850330220
- Silke Götsch: „Sommerfrische“. Zur Etablierung einer Gegenwelt am Ende des 19. Jahrhunderts. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bd. 98 (2002), S. 9-15.
- Hanns Haas: Die Sommerfrische – Ort der Bürgerlichkeit. In: Hannes Stekl u.a. (Hrsg.): "Durch Arbeit, Besitz, Wissen und Gerechtigkeit". Zur Geschichte des Bürgertums der Habsburgermonarchie.Bd. 2, Verlag Böhlau, Wien 1992, S. 364-377. ISBN 978-3205055624
- Susanne Hawlik: Sommerfrische im Kamptal. Der Zauber einer Flusslandschaft, Wien-Köln-Weimar 1995. ISBN 978-3205983156
- Willibald Rosner: Sommerfrische. Aspekte eines Phänomens, Wien 1994. ISBN 978-3850060615
Einzelnachweise
- ↑ a b c SOMMERFRISCHE, f. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854ff (dbw.uni-trier.de)
Kategorie:- Urlaub und Erholung
- „frisch(e), f. ebenda, das in diesem sinne schon aus dem 17.
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