Trolleybus Solingen

Trolleybus Solingen
29. Juli 1986: Wagen 73 in Wuppertal-Vohwinkel

Der Trolleybus Solingen – abgekürzt TS – ist ein ehemaliger deutscher Oberleitungsbus-Typ. Die insgesamt 80 dreiachsigen, zweitürigen und teilweise niederflurigen Solowagen entstanden in den Jahren 1967 bis 1974 als Eigenbauten der Stadtwerke Solingen (SWS) für den Oberleitungsbus Solingen. Der Aufbau stammt vom Essener Karosseriebauer Ludewig. Für das Fahrwerk verwendete man ferner einzelne Bauteile von Krupp-Lastkraftwagen – darunter Vorderachse, hinteres Doppelachsaggregat (vom Lkw-Typ LF 380), Lenkung, Schubstangen, Stoßdämpfer und andere Kleinteile. Die Falttüren wurden von DUEWAG zugeliefert, die Motoren von Garbe-Lahmeyer und die elektrische Ausrüstung von Kiepe.

Die TS-Eigenbauten entstanden in erster Linie, weil in Deutschland nach 1962 keine serienmäßig produzierten Oberleitungsbusse erhältlich waren, die erste Solinger Obus-Generation aus den 1950er-Jahren aber gegen Ende der 1960er-Jahre dringend erneuert werden musste.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die TS hatten – je nach Variante – 28 Sitz- und 124 Stehplätze oder 35 Sitz- und 105 Stehplätze. Aufgrund des vergleichsweise hohen Stehplatzanteils, bei einer der beiden Versionen betrug die Stehplatzfläche zwölf Quadratmeter,[1] entsprach ihre Beförderungskapazität somit annähernd einem Gelenkwagen. Bei der Bestuhlung in 2+1-Anordnung fanden Kunstledersitze Verwendung.

Ihr Drehstrommotor leistet 105 kW beziehungsweise 136 PS. Eine Besonderheit der TS-Baureihe war ihr Doppelachsantrieb. Die doppelte Hinterachse, auch Tandemachse genannt, wurde dabei speziell im Hinblick auf die steigungsreichen Strecken in Solingen konzipiert. Zusätzlich besaßen die Fahrzeuge einen 30 PS starken Hilfsantrieb von Volkswagen, hierbei handelte es sich um einen Boxermotor. Der Typ TS war 12.000 Millimeter lang und 2500 Millimeter breit, die Höchstgeschwindigkeit betrug 60 km/h. Jeder Wagen wog 11.340 Kilogramm, das maximal zulässige Gesamtgewicht betrug 22.000 Kilogramm.

Die Produktion eines jeden Fahrzeugs kostete die SWS im Durchschnitt 165.000 Deutsche Mark. Damit waren die TS sogar günstiger als die seinerzeit angebotenen Dieselbusse. Ursächlich dafür war in erster Linie die Weiterverwendung von elektrischen Komponenten der Vorgängerbaureihe ÜHIIIs. Hierzu gehörten vor allem die Hauptmotoren und die Kompressoraggregate.[1]

Die TS-Wagen wurden in drei Baureihen unterteilt, diese unterschieden sich jedoch nur geringfügig voneinander. Unter anderem ließen sie sich bezüglich ihrer Front- beziehungsweise Heckgestaltung, der Höhe der beiden Fenster neben dem vorderen Einstieg, der Zahl der Sitzplätze und der jeweils verwendeten Türbauart differenzieren:

Untertyp Anzahl Inbetriebnahme Betriebsnummern
TS 1 14 1968 bis 1969 01 bis 14
TS 2 31 1970 bis 1972 15 bis 45
TS 3 35 1972 bis 1974 46 bis 80

Einsatz in Solingen

Der erste Planeinsatz eines TS erfolgte am 13. März 1968, nach und nach ersetzten die neuen Wagen die zusammen 79 Vorgängerfahrzeuge der Baureihen ÜHIIIs (67 Stück) und HS 160 OSL (sechs Stück) beziehungsweise OSL-G (sechs Stück). Jedoch konnten die TS anfangs nicht auf der Linie 3 nach Burg an der Wupper eingesetzt werden, so dass sich der vollständige Generationswechsel noch eine Weile hinzog. Erst als die dortige Drehscheibe Unterburg 1974 einen Verlängerungs-Aufsatz erhielt, waren sie freizügig im gesamten Liniennetz einsetzbar. Im Schnitt legten sie dabei 42.500 Kilometer jährlich zurück, zehn Jahre lang bestand der gesamte Obus-Wagenpark der SWS dabei ausschließlich aus der hier behandelten Baureihe.

Mitte der 1980er-Jahre wurde der Trolleybus Solingen dann seinerseits sukzessive durch die Nachfolgebaureihen MAN SG 200 HO (ab 1984) und MAN SL 172 HO (ab 1986) abgelöst, letzter Einsatztag eines TS war der 7. Juli 1988. Mit der Außerbetriebnahme der TS reduzierten die Stadtwerke zugleich ihren Obus-Bestand, die 80 Altbauwagen wurden durch nur 67 Neubauwagen ersetzt. Die Folge war ein fallweiser Dieselbuseinsatz auf Obus-Linien.

Als Besonderheit wurde TS 44 im Winter 1986/87 noch vorübergehend als Arbeitswagen für die Fahrleitungsenteisung eingesetzt. Hierbei trug er die Betriebsnummer 99.

Verkauf nach Argentinien

Die ehemals Solinger TS...
...fuhren bis 2010 in Mendoza

Zunächst gab es Pläne, die ausgemusterten TS nach Mexiko-Stadt oder in die Volksrepublik China abzugeben. Nachdem sich diese zerschlugen, wurden sie schließlich Ende 1988 an die argentinische Stadt Mendoza verkauft. Lediglich zwei TS gelangten nicht nach Argentinien. Wagen 8 diente bereits ab 1986 als Übungsobjekt für die Solinger Berufsfeuerwehr und wurde anschließend zerlegt. Wagen 1 landete bei einer Spedition im niederländischen Venlo, er wurde Ende 1988 ebenfalls verschrottet.

In Mendoza nahm die örtliche Verkehrsgesellschaft Empresa Provincial de Transportes 58 der 78 gekauften Wagen wieder in Betrieb. Die restlichen 20 Wagen – darunter alle zwölf vor Ort befindlichen TS 1 – nutzte man zunächst als Ersatzteilspender. Aufgrund einer Netzerweiterung reaktivierte man jedoch um 2005 herum nach Jahren der Abstellung auch ältere Wagen, somit kamen in Argentinien erstmals auch TS 1 zum Einsatz. Alle TS wurden in Mendoza mit neuen Nummern versehen, ab 1997 wurden sie zudem blau lackiert. Aufgrund ihrer Herkunft wurden die TS in Argentinien auch los alemanes (die Deutschen) genannt.

Eine Sonderstellung hatte Wagen 37, er wurde eine Zeit lang für touristische Stadtrundfahrten eingesetzt. Hierzu besaß er eine veränderte Inneneinrichtung und eine Sonderlackierung.[2]

Ab April 2009 wurden die Solinger Wagen in Argentinien sukzessive durch 80 gebrauchte New Flyer-Obusse vom kanadischen Oberleitungsbus Vancouver ersetzt, Anfang März 2010 waren nur noch elf TS im Einsatz. Am 1. Mai 2010 war schließlich der letzte Einsatztag dieser Baureihe.[3] Die Rückholung eines Trolleybus Solingen nach Deutschland ist beabsichtigt, er soll durch das Obus-Museum Solingen e. V. museal erhalten werden.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Jürgen Lehmann: Allgemeines über den Obus
  2. www.trolleymotion.org: Das Ende der ex-Solinger steht bevor
  3. www.trolleymotion.org: Das Ende der ehemaligen Solinger Dreiachser
  4. Obus-Museum Solingen: Projekt TS

Weblinks

Video:


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