- Wernerkapelle (Bacharach)
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Die Wernerkapelle ist ein rheinromantisches Wahrzeichen der Stadt Bacharach am Rhein und liegt auf dem Weg zur Burg Stahleck, von der Stadt aus. Sie ist die ausgebaute Kunibertkapelle, eine bis heute unvollendete gotische Ruine; der einst geplante Ausbau der Kapelle zu einer großen Kirche blieb unvollendet. Die Ruine ist mittlerweile baudenkmalgemäß gesichert und hat eine Gedenktafel zur Erinnerung an die unmenschlichen Verbrechen gegen die jüdischen Mitbürger, mit einem Gebetzitat Papst Johannes XXIII., in welchem um Sinnesänderung der Christen in ihrem Verhältnis zu den Juden gebeten wird.[1]
Die weitere dem Werner von Oberwesel geweihte Kapelle in der dem Rhein zugewandten Seite der Stadtmauer von Oberwesel wurde um 2001 renoviert und 2008 zur Mutter-Rosa-Kapelle umgeweiht.
Heinrich Heine verarbeitete die Legende in seiner fragmentarischen Erzählung Der Rabbi von Bacherach.[2]
Inhaltsverzeichnis
Hintergründe
Eine lateinische Chronik des 14. Jahrhunderts berichtet von einem angeblichen Hostienfrevel, Mitbürger aus jüdischen Gemeinden hätten Werner an den Füßen aufgehängt, um eine Hostie zu entwenden, die er zu schlucken im Begriff war. Anschließend hätten sie ihn in den Rhein geworfen. An der Stelle am Rheinufer von Bacharach, an der der Leichnam angeschwemmt worden sein soll, wurde die Wernerkapelle errichtet.
Nach der falschen Ritualmordlegende soll am Gründonnerstag 1287 der 16-jährige, aus armen Verhältnissen stammende christliche Taglöhner Werner von Juden ermordet worden sein, die sein Blut für das Passah-Fest verwendet hätten. Die Pogromwelle, die auf den angeblichen Ritualmord folgte, erschütterte nicht nur mittelrheinische Orte, sondern verbreitete sich auch an der Mosel und im niederrheinischen Raum. Die jüdischen Gemeinden wandten sich an König Rudolf I., der von der Grundlosigkeit der Beschuldigungen überzeugt war. Er legte den christlichen Gemeinden, die gemordet und jüdische Gemeinden zerstört oder ausgelöscht hatten, eine Geldbuße auf und befahl, die Leiche Werners von Oberwesel zu verbrennen, um einer Verehrung im Volkschristentum vorzubeugen.
Im Volkschristentum entstand der Wernerkult, der erst 1963 im Kalender der Diözese Trier gestrichen wurde. Doch noch immer taucht der „heilige Werner von Oberwesel“ in deutschen Heiligenverzeichnissen auf: „Werner von Oberwesel – Im Jahre 1287 wurde der Landarbeiter Werner ermordet. Er gilt als Märtyrer des Altarsakraments und wurde am Rhein und in der Freigrafschaft verehrt.“[3] auf.
Geschichte des Gebäudes
Die temporäre Kunstinstallation „DAS FENSTER – Wernerkapelle Bacharach“[4] des Künstlers Karl-Martin Hartmann machte die Ruine für drei Jahre zu einem Ort der Begegnung, um über Toleranz nachzudenken und sich auszutauschen. Auf dem weithin rot leuchtenden Glasfenster waren Ausschnitte aus Heinrich Heines Erzählung „Der Rabbi von Bacherach“ zu lesen. Die Installation wurde ohne Eingriffe in die Bausubstanz vorgenommen und bestand von Mai 2007 bis Mai 2010. Während dieser Zeit wurden in der Ruine regelmäßig Vorträge zum geschwisterlichen Umgang zwischen den Religionen und Toleranz abgehalten.
Vortragende waren u.a.: Leo Trepp, Necla Kelek, Ruth Lapide, Gerhart Baum und Heidemarie Wieczorek-Zeul. Auf der Abschlussveranstaltung nahm der Rabbiner Leo Trepp das erste Exemplar einer Dokumentation über Kunstprojekt und Vortragsreihe „mit der allergrößten Hoffnung, dass die Wernerkapelle ein Symbol der Liebe, Toleranz und Gleichberechtigung wird“[5] entgegen.
Literatur
- Friedrich Ludwig Wagner und Arnold Wolff: Die Wernerkapelle in Bacharach am Rhein. Neusser Druckerei u. Verl., Neuss 1983, ISBN 3-88094-428-8 (Rheinische Kunststätten; 276).
- Daniela Wolf: Ritualmordaffäre und Kultgenese: der ‚gute Werner von Oberwesel‘. Bauverein Wernerkapelle, Bacharach 2002, ISBN 3-00-009539-X.
- Toleranz vor Augen: Das Projekt von Karl-Martin Hartmann in der Wernerkapelle Bacharach in Zusammenarbeit mit dem Bauverein Wernerkapelle. Hrsg. vom Bauverein Wernerkapelle Bacharach e.V. Universitätsdruckerei H. Schmidt, Mainz 2010, ISBN 978-3-935647-49-6.
- Schwitzgebel, Frieder: Toleranz vor Augen: Die Installation von Karl-Martin Hartmann in der Wernerkapelle in Bacharach. In: Das Münster 62 (2009), Heft 1, ISSN 0027-299X, S. 17–20.
Weblinks
Commons: Wernerkapelle Bacharach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Werner-Kapelle auf regionalgeschichte.net
Einzelnachweise
- ↑ Gebet Papst Johannes XXIII. am 3. Juni 1963 beim 2. Vatikanisches Konzil: „Wir erkennen heute […] Denn wir wußten nicht, was wir taten.“ Eventuell geht der Text weiter, manche Quellen verwenden „ … am Ende … “
- ↑ Stadt Bacharach, Bauverein Wernerkapelle Bacharach e.V., Rhein-Nahe Touristik, Bacharach: Das Fenster – Wernerkapelle Bacharach; bacharach.de
- ↑ Ökumenisches Heiligenlexikon
- ↑ Karl-Martin Hartmann, Toleranz vor Augen – Wernerkapelle, Bacharach. Abgerufen am 10. Juni 2010.
- ↑ Ausrufezeichen abgebaut. In: Allgemeine Zeitung (Rheinland-Pfalz), 25. Mai 2010. Abgerufen am 10. Juni 2010.
50.0594722222227.7671111111111Koordinaten: 50° 3′ 34″ N, 7° 46′ 2″ OKategorien:- Kirchengebäude im Landkreis Mainz-Bingen
- Kirchenruine in Rheinland-Pfalz
- Kulturdenkmal im Landkreis Mainz-Bingen
- Bauwerk am Mittelrhein
- Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal
- Erbaut im 13. Jahrhundert
- Bacharach
- Werner-von-Oberwesel-Kirche
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